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DIW-Konjunkturprognose: Bei Weitem nicht so schlecht wie die Stimmung


Konjunkturprognose für den Sommer
Der Mindestlohn sollte Wachstum fördern

Ein Gastbeitrag von Marcel Fratzscher & Geraldine Dany-Knedlik

Aktualisiert am 13.06.2025 - 10:13 UhrLesedauer: 3 Min.
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In der deutschen Wirtschaft ist laut dem DIW vorsichtiger Optimismus angebracht (Symbolfoto). (Quelle: Daniel Josling/dpa/dpa-bilder)
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Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt die Lage in Deutschland optimistischer ein als andere Einrichtungen. Woran das liegt, erklären Präsident Marcel Fratzscher und Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland könnte einen wichtigen Wendepunkt erreicht haben – erste Lichtblicke sind deutlich erkennbar. Insbesondere der Kurswechsel der Bundesregierung mit ihrer Ankündigung eines Investitionspakets von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre sowie einer Reform der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben könnte der entscheidende Impuls für den lang erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland sein.

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Die gegenwärtige Lage der deutschen Wirtschaft ist durchwachsen – aber bei Weitem nicht so schlecht wie die Stimmung. Viele Sektoren des verarbeitenden Gewerbes haben sich stabilisiert, allerdings trübte sich die Zuversicht gerade bei Dienstleistungssektoren zuletzt deutlich ein und auch die private Konsumnachfrage war und bleibt eine Achillesferse. Nach einem nur leichten Wachstum in diesem Jahr erwarten wir für 2026 eine starke Erholung mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Dieser Optimismus beruht auf drei zentralen Argumenten:

Zur Person

Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Daneben ist er unter anderem Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität in der Hauptstadt.
Geraldine Dany-Knedlik leitet am DIW den Bereich Prognose und Konjunkturpolitik in der Abteilung Makroökonomie.

Erstens: Das Investitionspaket der Bundesregierung von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre und die Mehrausgaben für Verteidigung dürften bereits 2026 einen wichtigen Impuls setzen. Die DIW-Prognose unterscheidet sich von anderen Prognosen vor allem durch die Annahme des sogenannten Multiplikatoren. Dieser könnte für öffentliche Investitionen bei zwei liegen – jeder Euro an staatlichen Investitionen löst demnach einen zusätzlichen Euro an Investitionen beziehungsweise Konsum aus. Für andere Verwendungszwecke der öffentlichen Mehrausgaben wie Konsum und Subventionen sind gerade in Zeiten der Unterauslastung Multiplikatoren von eins oder wenig mehr wahrscheinlich.

Ob eine so starke wirtschaftliche Erholung auch durch das Investitionspaket möglich sein wird, hängt von zentralen Voraussetzungen ab: Zum einen muss das Geld tatsächlich für zusätzliche Investitionen und nicht für Konsumausgaben verwendet werden. Zum anderen müssen öffentliche Institutionen – insbesondere die Kommunen – schnell und effektiv Kapazitäten schaffen, um die zusätzlichen Gelder sinnvoll für Investitionsprojekte einzusetzen

Es liegt an Bund, Ländern und Kommunen

Auch muss der Privatsektor, insbesondere die Bauwirtschaft, weitere Kapazitäten aufbauen, damit die öffentlichen Investitionen nicht primär zu Preissteigerungen, sondern zu zusätzlicher Aktivität und privaten Investitionen führen. Es liegt nun an Bund, Ländern und Kommunen, diese Chance zu nutzen.

Zweitens: Ab 2026 dürften sich die Finanzierungsbedingungen weiter verbessern – durch Zinssenkungen der EZB sowie durch verfügbare Kapazitäten in der Privatwirtschaft, da die deutsche Wirtschaft nach Jahren der Stagnation noch immer deutlich unter ihrem Potenzial produziert.

Höhere Löhne regen Konsum an

Und drittens: Die deutlichen Lohnerhöhungen der vergangenen Monate lassen eine ordentliche Erholung der privaten Konsumnachfrage erwarten. Besonders wenn sich die Bundesregierung auf eine Anhebung des Mindestlohns auf 14 oder 15 Euro einigen sollte, dürfte die Konsumnachfrage und damit das Wachstum in den kommenden Jahren deutlich zunehmen.

Denn ein höherer Mindestlohn wirkt stärker auf die Konsumnachfrage als Lohnerhöhungen bei Spitzenverdienerinnen und -verdienern, da Menschen in unteren Einkommensgruppen nahezu jeden zusätzlichen Euro ausgeben. Gleichzeitig zeigen die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre, dass ein höherer Mindestlohn weder die Arbeitslosigkeit noch die Inflation signifikant erhöht.

Trump bleibt ein Risiko

Auch wenn der Optimismus für 2026 und 2027 überwiegt, müssen wir uns der weiterhin erheblichen Risiken bewusst sein. Eine Eskalation im Handelskonflikt mit den USA zeichnet sich zunehmend ab. Dies könnte die ohnehin geschwächten deutschen Exportunternehmen empfindlich treffen und 2025 kurzfristig zu einem erneuten Schrumpfen der deutschen Wirtschaft führen.

Ein zweites Risiko ist die Unsicherheit über die Finanzstabilität und mögliche Turbulenzen auf den Finanzmärkten – ausgelöst durch die Steuer- und Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Seine Steuererleichterungen könnten die Staatsverschuldung in den USA gefährlich erhöhen und Turbulenzen an den globalen Kapitalmärkten auslösen.

Ein drittes Risiko ist eine erneute politische Blockade in Deutschland und Europa. Die neue Bundesregierung hat viele richtige Signale gesendet, muss nun aber dringend die Haushalte für 2025 und 2026 verabschieden und dabei nicht nur eine klare Zukunftsvision präsentieren, sondern auch interne Konflikte – vor allem bei Steuern und Sozialausgaben – lösen.

Hinweis: Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinungen der jeweiligen Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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