Neue Geldpolitik Europäische Zentralbank unterbricht Zinsserie

Nach sieben Lockerungen in Folge pausiert die Europäische Zentralbank. Die Inflation und Donald Trumps Zölle beeinflussen die Geldpolitik des Gremiums.
Die Europäische Zentralbank hat erstmals seit einem Jahr keine weiteren Zinssenkungen beschlossen. Der EZB-Rat beließ den für Banken und Sparer wichtigen Einlagenzins bei 2,0 Prozent, wie die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt am Main mitteilte. Auch die anderen beiden Leitzinsen (Hauptrefinanzierungssatz und Spitzenrefinanzierungssatz) blieben unverändert. Beobachter hatten mit einer Zinspause gerechnet, nachdem die EZB zuvor siebenmal in Folge und insgesamt achtmal binnen eines Jahres gelockert hatte. Hintergrund sind vor allem die zunehmenden Unsicherheiten im internationalen Handel.
Die EZB hatte infolge der Energiekrise und des Ukraine-Kriegs mit einer Serie von Zinserhöhungen auf die Rekordinflation reagiert. Seit Juni 2024 hatte die EZB dann angesichts nachlassender Inflation die Zinsen schrittweise gesenkt. Nun stellt sie ihre Serie vorerst ein.
Wie es geldpolitisch weitergeht, ist unklar. "Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest", erklärte das Gremium. Stattdessen wolle man abhängig von der Datenlage entscheiden. Die nächste Zinsentscheidung ist für September angekündigt.
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Unsicherheiten durch Trumps Zollpläne
Maßgeblich für die neue Zurückhaltung der Währungshüter sind die eskalierenden Handelskonflikte mit den USA. US-Präsident Donald Trump will ab dem 1. August Einfuhrzölle auf EU-Produkte von 30 Prozent verhängen. Ein entsprechender Basiszoll war bereits im April eingeführt worden. Die EU hofft weiter auf eine diplomatische Lösung. Experten fürchten jedoch Auswirkungen auf Konjunktur und Inflation.
Die EZB begründete ihren Kurs mit einem "nach wie vor außergewöhnlich unsicheren" Umfeld. Zwar habe sich die Wirtschaft im Euroraum bislang robust gezeigt, allerdings seien die langfristigen Effekte von Handelskonflikten schwer kalkulierbar.
Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW, erklärte, eine mögliche weitere Zinssenkung hänge maßgeblich vom Ausgang des Handelskonflikts mit den USA ab: "Auf der nächsten Sitzung im September wird die EZB aller Voraussicht nach ein genaueres Bild haben."
Inflation auf Zielwert, aber Risiken bleiben
Die Inflation hat sich derweil deutlich entspannt. Im Juni lag die Teuerungsrate im Euroraum bei genau 2,0 Prozent und damit auf dem mittelfristigen Zielwert der EZB. Die Zentralbank erklärte, die aktuellen Daten entsprächen "weitgehend der bisherigen Einschätzung des EZB-Rats zu den Inflationsaussichten". Der Preisdruck lasse weiter nach, auch die Löhne stiegen langsamer. Ein wesentlicher Grund für den Rückgang sei die deutliche Aufwertung des Euro, die Importe verbilligt und den Preisdruck mindert.
Gleichzeitig warnt die EZB vor einem zu starken Rückgang der Inflation: Sollte die Teuerung unter das Ziel fallen, wären weitere geldpolitische Schritte notwendig. Für 2026 rechnet die Notenbank mit einer Inflationsrate von nur noch 1,6 Prozent.
Verbraucher spüren die Entwicklung
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, begrüßte die Entscheidung der EZB. "Das Festhalten am aktuellen Zinsniveau sendet ein wichtiges Signal für Stabilität und Flexibilität in einem nach wie vor fragilen Umfeld", sagte der frühere EZB-Direktor.
Die Zinspolitik der Notenbank wirkt sich auch auf die Finanzlage von Haushalten aus. Während sinkende Leitzinsen Kredite verbilligen, führen sie in der Regel auch zu geringeren Sparzinsen. Laut dem Vergleichsportal Verivox brachten Tagesgelder zuletzt durchschnittlich nur noch 1,17 Prozent, zweijährige Festgelder lagen bei 1,94 Prozent.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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