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Das ändert sich für Anleger: "Im kommenden Jahr ist Deutschland der Verlierer"


Wirtschaft auf Talfahrt
"Deutschland ist der Verlierer"


Aktualisiert am 03.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Stahlkocher bei der Arbeit in Salzgitter: Europa will sich gegen Trumps Protektionismus wehren.Vergrößern des Bildes
Ein Stahlkocher bei der Arbeit (Symbolbild): Die Industrie in Deutschland dürfte besonders unter der Rezession leiden. (Quelle: Holger Hollemann/dpa)

Für Börsianer war 2022 ein schwarzes Jahr. Das kommende Finanzmarkt-Jahr dürfte dagegen besser laufen – wenn Sie auf die richtigen Anlageklassen setzen.

Minus 9,4 Prozent beim Deutschen Aktienindex (Dax), Verluste von 14,9 und 27,6 Prozent bei den wichtigen US-Indizes S&P 500 und Nasdaq Composite: Seit Jahresbeginn ging es an der Börse fast ausschließlich bergab.

Der russische Überfall auf die Ukraine, die daraus folgende Rieseninflation und vor allem die deshalb gestiegenen Zinsen haben weltweit zu heftigen Kursverlusten bei Aktien geführt. Noch schlimmer traf es ältere Anleihen von Staaten und Unternehmen, die sich angesichts der Zinswende im Wert fast halbierten. Selbst Gold, das sonst als "sicherer Hafen" in Zeiten hoher Teuerung gilt, konnte die Inflation nicht ausgleichen.

Wird 2023 ähnlich schlimm? Oder geht es nun wieder bergauf, sodass Anleger für ihr Geld endlich auch wieder etwas bekommen?

Weiter steigende Zinsen erwartet

Eine, die sich mit diesen Fragen im Detail beschäftigt hat, ist Ann-Katrin Petersen vom weltweit größten Vermögensverwalter Blackrock. Ihr Credo: Ja, an den Börsen geht es derzeit wieder aufwärts, doch die Geldwelt wird anders aussehen, als Investoren und Anleger sie bislang kannten.

"Zunächst einmal aber müssen wir festhalten: 2022 war ein Jahr zum Vergessen", sagt sie im Gespräch mit t-online. Insgesamt habe kaum eine Anlageart den Wert des eigenen Geldes wenigstens erhalten. "Jetzt aber gibt es Hoffnung: 2023 dürfte ein Jahr der Wendepunkte werden. Allerdings müssen Anleger dabei gewisse Denkmuster überwinden." Konkret meint sie damit unter anderem:

  • Die hohe Inflation: Auch im kommenden Jahr werden sich die Verbraucherpreise weiter dynamisch entwickeln. In Deutschland und Europa werde der Höhepunkt der Teuerung erst in den kommenden Monaten erreicht. "Das Thema Inflation wird nicht gänzlich verschwinden. Erst ab 2024 werden wir vermutlich wieder eine Annäherung an das Notenbank-Ziel von rund zwei Prozent Inflation sehen", so Petersen.
  • Das Verhalten der Zentralbanken: : Anders als in den vergangenen Jahren werden die US-Notenbank Fed sowie die Europäische Zentralbank (EZB) ein Abwürgen der Wirtschaft durch höhere Zinsen in Kauf nehmen, um sich gegen die Inflationsrisiken zu stemmen. "Erst wenn sichtbar wird, welche Schäden die hohen Zinsen für die wirtschaftliche Situation der Unternehmen und privaten Haushalte hinterlassen, werden die Zentralbanken das Tempo bei der Zinswende herausnehmen", schätzt die Kapitalmarktexpertin. Das wiederum heißt: Die bis zuletzt stark angehobenen Zinsen werden noch eine Weile lang steigen – Unterstützung für die Konjunktur durch die Geldpolitik gibt's nicht. Petersen: "Das Jahr 2023 dürfte ein Jahr der zinspolitischen Verschnaufpause werden, nicht der Leitzinssenkungen."

Mit dieser Einschätzung sind Petersen und ihre Blackrock-Kollegen nicht allein. Die Dekabank, das Fondshaus der Sparkassen, kommt in ihrem Kapitalmarktausblick für 2023 zu einer ähnlichen Bewertung der Lage.

"Wir erwarten, dass sowohl die Kerninflation – also die Teuerung ohne Energie- und Lebensmittelpreise – als auch die gesamte Inflationsrate im Euroraum 2023 weit oberhalb von zwei Prozent liegen wird", sagte Deka-Chefökonom Ulrich Kater am Mittwoch.

Deutschland erwartet eine Rezession

Und Deutschland treffe das besonders hart. Denn: Anders als im Eurozonen-Schnitt rechnen die Deka-Volkswirte hierzulande damit, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr schrumpft. Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,7 Prozent zurückgehen.

Verkürzt gesagt lasse sich mit Blick auf die Konjunktur dies festhalten, so Kater: "Im kommenden Jahr ist Deutschland der Verlierer. Die Krise sorgt dafür, dass uns allen fünf Jahre beim Aufbau von Wohlstand fehlen."

Doch das Gute daran: Wer jetzt trotz steigender Lebenshaltungskosten noch etwas Geld anlegen kann, hat den Einschätzungen der Experten zufolge keine schlechten Chancen, wenigstens einen Teil des Wertverlusts wieder wettzumachen.

Unternehmensanleihen werden attraktiver

Denn so dramatisch die Lage für die Realwirtschaft aussehen mag – an den Kapitalmärkten zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab. Vor allem gelte das für den Handel mit Staats- und Firmenanleihen, sagt Blackrock-Expertin Petersen: "Der Zins ist zurück. Nach dem ausgeprägten Renditeanstieg am Anleihemarkt in diesem Jahr sind Rentenpapiere auch mit Blick auf 2023 wieder eine Konkurrenz zu Aktien."

Dabei müssten Anleger nicht einmal nach langen Laufzeiten suchen, die das Kapital länger binden und daher Gefahr laufen, von Zinsänderungen betroffen zu sein. Vielmehr sollten Investoren ihrer Einschätzung nach einen Blick auf kurzfristige Anleihen werfen, die eine Laufzeit von einem Jahr bis maximal drei Jahren haben.

"Unternehmen mit einer hohen Bonität, das heißt wetterfesteren Bilanzen, können interessant sein", sagt Petersen. "Sie liegen in den USA und im Euroraum über der Dividendenrendite von Aktien, bei um die fünf Prozent."

Diese Branchen sind jetzt attraktiv

Auch die Analysten der Dekabank um ihren Chefanlagestrategen Joachim Schallmayer halten Anleihen inzwischen für einen wichtigen Bestandteil eines jeden Depots. Mehr zu Anleihen und ihrer Funktion lesen Sie hier.

Das war nicht immer so: In den vergangenen zehn Jahren warfen Anleihen von Firmen kaum nennenswerte Zinsen ab, für manche Bundesanleihe zahlten die Käufer sogar Negativzinsen, weil der Einlage-Leitzins der EZB zum Teil im Minus lag.

"Für Anleger weitet sich das Anlageuniversum nun wieder deutlich aus", sagt Schallmayer. Das gelte auch für den Vergleich mit Aktien: Denn der Zins der Anleihe mache auch der Dividende von Unternehmensanteilen Konkurrenz.

Dennoch, so sehen es sowohl er als auch Ann-Katrin Petersen von Blackrock, dürfte es auch für Aktienbesitzer im kommenden Jahr besser laufen. "Fingerspitzengefühl ist gefragt. Die Sektoren Banken und Finanzwesen sowie Energie sind besonders interessant", sagt Petersen.

Banken profitierten von den steigenden Zinsen und der nun wachsenden Bedeutung des Kreditgeschäfts. Energieunternehmen helfe 2023 weiter, dass das weltweite Angebot an Gas durch die Sanktionen gegen Russland weiter knapp ist, Strom und Wärme entsprechend teuer und gewinnträchtig. Langfristig sei außerdem der Gesundheitssektor attraktiv. Die Gründe dafür: die alternde Gesellschaft in den Industrienationen sowie der medizinische Fortschritt.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Ann-Katrin Petersen, CFA Blackrock Investment Institute
  • Pressekonferenz der Dekabank
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