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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Gewinneinbruch bei Porsche "Wir erleben einen heftigen Sturm"

Gewinneinbruch, Kurseinbruch, Stimmungseinbruch. Deutschlands edelste Automarke ist in der Krise. Die Kritik am Chef wird lauter. Zu Recht?
Zwei Hauptversammlungen, ein Problem: Oliver Blume führt als CEO den VW-Konzern und zugleich den Sportwagen-Hersteller Porsche. Das gefällt vielen Aktionären nicht. Bei den Aktionärstreffen hieß es, er müsse sich entscheiden – für einen Job: Porsche oder VW. Und diesem dann seine ganze Aufmerksamkeit widmen.
Probleme, das weiß auch Blume, gibt es tatsächlich genug. Man erlebe keinen "massiven Gegenwind" mehr, sondern einen "heftigen Sturm", sagte er auf der Porsche-Hauptversammlung.

Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u.a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Einiges ist hausgemacht
Die Herausforderungen reichen dabei von hausgemacht bis extern: Da wäre der Handelskonflikt mit den USA, der Porsche mit voller Wucht trifft. Denn während der Mutterkonzern VW eigene Werke in den USA für die USA hat, fertigt Porsche für den US-Markt in Europa und ist so vom Zollhammer betroffen. Und zwar so wie kein anderer deutscher Hersteller.
Dazu bricht der chinesische Markt in einer Geschwindigkeit weg, die die meisten Marktteilnehmer so nicht erwartet hatten. Und die Elektro-Modelle von Porsche kommen nicht alle wie erhofft bei allen Kundengruppen an, siehe das Modell Taycan. Lesen Sie hier mehr dazu. Derzeit fährt Porsche eine Rendite von 14 Prozent ein – vier Prozentpunkte weniger als im vergangenen Jahr.
Einbruch von Gewinn – und Aktienkurs
Die Spuren all dessen sind abzulesen in Porsches Bilanz. Im vergangenen Jahr brach der Gewinn um 30 Prozent ein, im ersten Quartal um über 40 Prozent. Und das war noch weitgehend vor den Autozöllen der US-Regierung. In Europa gehen derweil die Neuzulassungen von Porsche zurück. Der europäische Verband der Automobilhersteller ACEA ermittelte ein Minus von 23,3 Prozent.
Eine Besserung scheint nicht in Sicht. Im Gegenteil: Porsche musste für 2025 vor weiterhin schwierigen Zeiten warnen. Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich auch am Aktienkurs. Im Wissen, dass an der Börse in die Zukunft geschaut wird, muss man da Sorge haben: Die Aktie ist noch halb so viel wert wie zum Börsengang im September 2022. In diesem Jahr allein büßte sie gut 25 Prozent ein.
Zurück zum Verbrenner
Unterm Strich bleibt also weniger Gewinn in der Kasse. Kein Markt läuft richtig gut. Und so führt Porsche einige Verbrenner-Modelle wieder ein. Beispiel Macan: Die Neuauflage des kleineren SUVs aus dem Hause Porsche sollte ursprünglich ausschließlich als Elektroauto auf den Markt kommen. Kam sie auch – mit zwei Jahren Verspätung, aber immerhin mit gutem Start in den Markt. Dennoch soll der Macan demnächst auch wieder als Verbrenner zurückkehren. Lesen Sie hier mehr dazu.
Aktionäre ohne Geduld
Aktionäre verlieren aber die Geduld mit Porsche. Und so gerät der Chef selbst immer mehr in die Kritik. Eine Person, zwei Führungsrollen bei verwandten Unternehmen – ist das das Hauptproblem? Klar ist: Nach den Regeln guter Unternehmensführung, ESG genannt, geht das nicht. Denn es kann Interessenkonflikte geben.
Man könnte fragen: Entscheidet der oberste Konzernchef wirklich immer objektiv im Sinne des jeweiligen Autokonzerns? Porsche rangiert im Corporate-Government-Index, dem Index guter Unternehmensführung von Union Investment, gemeinsam mit der Porsche Automobil Holding und VW auf den hintersten Rängen.
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Jeder der beiden CEO-Jobs ist ein Vollzeitjob. Oliver Blume ist mittendrin, den Großkonzern VW zu sanieren. Er genießt in der Branche viel Vertrauen. Und einen guten Ruf. Doch Porsche ist derzeit kein Selbstläufer, der in guten Zeiten vielleicht "nebenbei" funktioniert, sondern ein weiteres Sorgenkind, das die volle Aufmerksamkeit braucht.
Es geht zudem nicht nur um Köpfe. Die Frage, mit welcher Strategie Porsche auf die vielfältigen Hürden reagiert, wird lauter und drängender. Bisher ist sowohl das China-Problem als auch das Zoll-Problem ungelöst. Beides kann nicht länger warten.
Klare Ansage nötig
Nach den Hauptversammlungen blieb erst einmal alles wie gehabt. Denn Porsche wird kontrolliert von VW sowie den VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch. Sie halten die meisten Porsche-Anteile und haben somit das Sagen. Eine Veränderung hier wäre ein erster Schritt.
Dann bräuchte es eine klare Ansage, wann der Doppel-Job, der laut Oliver Blume „nicht auf die Ewigkeit angelegt“ ist, endet. Damit sind die strategischen Fragen zwar nicht vom Tisch. Denn es reicht nicht, ein paar Verbrenner wiederzubeleben. Aber Unternehmen und Aktionäre hätten Planungssicherheit und Perspektive. Und der Chef könnte 100 Prozent geben. Ob Blume oder ein anderer. Nicht auszudenken, wenn dann auch noch die Aktie wieder in Fahrt käme.
- Eigene Recherche