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EuGH-Urteil zur Lebensversicherung: Kündigungswelle droht


Wichtiges Urteil zur Lebensversicherung
Kündigungswelle in Milliardenhöhe droht

Von dpa, afp, t-online
Aktualisiert am 19.12.2013Lesedauer: 3 Min.
Versicherern könnte nach dem Urteil des EuGH ein Klagewelle in Milliardenhöhe drohenVergrößern des BildesVersicherern könnte nach dem Urteil des EuGH ein Klagewelle in Milliardenhöhe drohen (Quelle: dpa-bilder)
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte der Kunden von Lebensversicherungen gestärkt. Wenn ein Verbraucher nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt worden sei, dürfe dieses nicht ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlöschen, urteilten die Richter in Luxemburg. Das Urteil betrifft nach Angaben des Gerichts nur Altverträge, die vor 2008 abgeschlossen worden waren. Danach wurden die Gesetze geändert. Nach Schätzungen eines Versicherungsunternehmens könnten über 100 Millionen Verträge davon betroffen sein.

Versicherter wollte zehn Jahre später kündigen

Die Entscheidung betrifft das sogenannte Policen-Modell bei Lebensversicherungen. Die Richter befassten sich zum einen mit dem darin verankerten Recht des Versicherungsnehmers, dem Vertragsschluss zu widersprechen. Außerdem ging es um die Klärung der Frage, in welchem Umfang der Kunde vor Vertragsschluss über die Rechten und Pflichten, die der jeweilige Vertrag mit sich bringt, aufgeklärt werden muss.

Im konkreten Fall hatte ein Mann gegen den Versicherungskonzern Allianz geklagt. Der Kunde hatte 1998 eine Lebensversicherung abgeschlossen und wollte fast zehn Jahre später kündigen.

Lebensversicherern könnte Kündigungswelle drohen

Der Versicherungskonzern schätzt, dass in dem Zeitraum 108 Millionen Verträge abgeschlossen wurden, und dass aufgrund dieser Verträge Prämien in Höhe von über 400 Milliarden Euro gezahlt worden seien. Allein bei der Allianz selbst seien es neun Millionen Verträge mit einem Beitragsvolumen von 62 Milliarden Euro.

Das zwanzig Jahre alte Vertragsmodell sah vor, dass ein Vertrag zwischen der Versicherung und dem Versicherungsnehmer geschlossen werden kann, ohne dass der Kunde zuvor alle Versicherungsbedingungen vorgelegt bekam. Somit unterschrieb er einen Vertrag ohne die genauen Vertragsbedingungen zu kennen.

Entscheidung dauerte fast zwanzig Jahre

Um dem Versicherungsnehmer trotzdem eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob er an dem schon geschlossenen Vertrag festhalten will, räumte der Gesetzgeber zwar eine Widerspruchsmöglichkeit ein, deren Frist erst nach Erhalt aller Unterlagen begann. Diese Frist für Lebensversicherungsverträge betrug zunächst 14, dann 30 Tage. Das Recht zum Widerspruch galt jedoch maximal für das erste Jahr nach Beginn der Prämienzahlung. Sollten in diesem Fall dem Kunden also noch immer nicht alle Unterlagen zugegangen sein, dann war er trotzdem an den Vertrag gebunden.

Warum es fast zwanzig Jahre dauerte bis über die Rechtslage entschieden wird, liegt laut "Focus" daran, dass immer dann, wenn ein Versicherungsnehmer in einem derartigen Fall klagte und ein deutsches Gericht die Rechtsfrage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen wollte, die Versicherer sämtliche geltend gemachten Ansprüche zahlten. Dadurch wurden einzelne Verfahren ohne rechtsverbindliches Urteil beendet.

Fall geht zurück nach Deutschland

Nun muss der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entscheiden, was dies für betroffene Verträge bedeutet. Der BGH neigt laut seinem Vorlagebeschluss an den EuGH offenbar zu der Auffassung, dass der Vertrag nun komplett unwirksam ist. Dies würde bedeuten, dass der Kläger sämtliche gezahlte Beiträge zurückverlangen kann.

Am 5. November 2002 wurden die entsprechenden EU-Richtlinien durch eine Neuregelung abgelöst. Über die Neuregelung hatte der EuGH aber nicht zu entscheiden. Zum Jahresbeginn 2008 wurde die strittige Klausel aus dem Versicherungsvertragsgesetz gestrichen. Daher ist offen, ob das Luxemburger Urteil auch für Verträge zwischen 2002 und 2007 gilt. Die Allianz war davon offenbar ausgegangen.

Allerdings hatte die Allianz nicht vorgetragen, bei wie vielen der insgesamt 108 Millionen und bei der Allianz selbst neun Millionen Verträge die Versicherungsnehmer nicht über ihr Rücktrittsrecht informiert wurden. Der EuGH lehnte es daher ab, die zeitliche Rückwirkung seines Urteils wegen großer wirtschaftlicher Folgen zu begrenzen. Denn die Allianz habe keine Angaben über die tatsächlichen Folgen gemacht.

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