Immer mehr Leistungsempfänger Bundeskabinett beschließt höheren Pflegebeitrag

Die Gesellschaft wird älter – die Kosten für die Pflege steigen. Jetzt werden auch die Beiträge erhöht. Ab dem 1. Januar 2019 sollen Beitragszahler tiefer für die Pflegeversicherung in die Tasche greifen müssen.
Das Bundeskabinett hat die Anhebung des Pflegebeitrags um 0,5 Prozentpunkte beschlossen. Derzeit liegt er bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens, für Beitragszahler ab 23 Jahren ohne Kinder bei 2,8 Prozent. Der Pflegebeitrag erhöht sich somit bei einem Bruttolohn von 2.000 Euro im kommenden Jahr um 10 Euro, wobei Arbeitnehmer und -geber jeweils die Hälfte zahlen.
Steigende Zahl von Pflegebedürftigen
Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) durchläuft nach dem Kabinettsbeschluss noch das parlamentarische Verfahren. Geplant sind Mehreinnahmen von 7,6 Milliarden Euro pro Jahr, wie es in Regierungskreisen heißt.
Spahn sagt, es gebe immer mehr Pflegebedürftige, zugleich wolle man mehr und besser bezahlte Pflegekräfte. "Das heißt: Es braucht mehr Geld", erklärt er im Radiosender HR-Info. Eines der besten Gesundheitssysteme der Welt zu haben, koste jeden einen hohen Beitrag. "Mein Eindruck ist: Gesellschaftlich gibt es dafür aber auch eine hohe Unterstützung." Zugleich spricht sich Spahn für eine gesellschaftliche Debatte über die Finanzierung aus. Ein höherer Steuerzuschuss sei dabei nur eine der Optionen.
Parallel zur Erhöhung des Pflegebeitrags wird ebenfalls zum 1. Januar 2019 der Arbeitslosenbeitrag um 0,5 Punkte gesenkt, nämlich von 3 auf 2,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Das hatte das Kabinett bereits im September beschlossen.
Arbeitgeber fordern Beitragsbremse
Die Arbeitgeber warnen vor steigenden Belastungen durch die Sozialbeiträge. "Ich appelliere an die Bundesregierung, die langfristige Finanzierbarkeit der Sozialsysteme zu sichern", sagt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. "Die Sozialbeiträge werden sonst nicht unter 40 Prozent bleiben – und das wäre eine schwere Hypothek für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerb in Deutschland."
Hintergrund der Mahnung der Wirtschaft sind auch die Entwicklungen bei Rente und Krankenversicherung. Der Rentenbeitrag bleibt zwar vorerst bei 18,6 Prozent stabil. Nach der Einigung der Koalition auf ein milliardenschweres Rentenpaket geht die Deutsche Rentenversicherung aber davon aus, dass der Beitragssatz spätestens 2023 steigen wird. Eine Anhebung auf bis zu 19,3 Prozent hält sie für absehbar.
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Bei der Krankenversicherung gilt ein fester Satz von 14,6 Prozent, der jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird. Dazu kommt ein durchschnittlicher Krankenkassenzusatzbeitrag von 1,0 Prozent vom Einkommen. Nach Einschätzung der Kassen wird dieser 2019 nicht steigen. Ab 1. Januar 2019 soll der jetzt von den Kassenmitgliedern allein zu zahlende Zusatzbeitrag zur Hälfte von den Arbeitgebern getragen werden. Längerfristig gilt auch eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge als unvermeidlich, da die Menschen im Schnitt älter werden und der medizinische Fortschritt teuer ist.
"Gesamtkonzept in der Pflege fehlt"
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnt ein "schlüssiges Gesamtkonzept zur nachhaltigen Finanzierung der Pflege" an, wie Vorstand Eugen Brysch sagt. Auch FDP-Fraktionsvize Michael Theurer kritisiert in der "Rhein-Neckar-Zeitung": "Ein Gesamtkonzept in der Pflege fehlt." Brysch sagt, die Erhöhung solle den Beitrag der Pflegeversicherung bis 2022 stabil halten. "Das hatte die Bundesregierung aber schon bei der letzten Anhebung zum 1. Januar 2017 versprochen."
Die Ausgaben der Pflegebedürftigen und Beitragszahler würden steigen, ohne dass sie wüssten, wohin die Reise gehen solle, kritisiert Brysch. "Zukünftig sollte die Pflegeversicherung die gesamten Pflegekosten übernehmen." Spahn solle ein entsprechendes Konzept erarbeiten. Als Sofortmaßnahme sollten die Leistungen der Pflegeversicherung einmalig um 500 Euro erhöht werden, fordert Brysch. So könnten Kaufkraftverlust und Tarifsteigerungen abgefangen werden.
- dpa