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Impfpflicht? Man lässt keinen Koch mit Hepatitis in die Kantine


Vierte Corona-Welle
Impfpflicht? Man lässt keinen Koch mit Hepatitis in die Kantine

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

16.11.2021Lesedauer: 3 Min.
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2G-Schild an einem Lokal (Symbolbild): Die vierte Corona-Welle rollt auf Deutschland zu – mit fatalen Folgen.Vergrößern des Bildes
2G-Schild an einem Lokal (Symbolbild): Die vierte Corona-Welle rollt auf Deutschland zu – mit fatalen Folgen. (Quelle: photosteinmaurer.com/imago-images-bilder)

Ungeimpfte werden in den kommenden Tagen ihren Bewegungsradius einschränken müssen. Das ist nur richtig – denn einen Lockdown für alle darf es nicht mehr geben.

Die Luft wird dünn, und sie wird noch dünner werden: Wenn die wahrscheinlich künftige Bundesregierung Ernst macht und den öffentlichen Nah- und Fernverkehr für Ungeimpfte tatsächlich schließt, ist das zwar keine Impfpflicht – für die Betroffenen aber ein persönlicher Lockdown (mit Homeoffice, wenn man Glück hat).

Für diesen Schritt spricht einiges:

1. In den kommenden Wochen wird es auf Deutschlands Intensivstationen eng. Daran kann keine Corona-Maßnahme, die heute beschlossen wird, noch etwas ändern. Denn die Personen, die in drei, vier Wochen schwerstkrank werden, sind jetzt schon infiziert, oder sie stecken sich gerade an. Im Kern geht es also jetzt gar nicht mehr nur um die öffentlich heiß diskutierte Frage, ob Ungeimpfte diejenigen gefährden, die sich brav haben immunisieren lassen. Wichtig ist auch der Blick in die andere Richtung.

Ungeimpfte müssen sich selbst vor einer Infektion in den kommenden vier Wochen schützen, wenn sie sicher sein wollen, im Fall eines Falles die beste medizinische Versorgung zu bekommen. Klar, hinter den möglichen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen steckt auch die Hoffnung, dass es sich viele doch noch einmal überlegen – doch indem ihnen das Ausgehen schwer gemacht wird, und sie nicht zur Arbeit kommen, sinkt auch ihr das Infektionsrisiko.

Auch wenn es inzwischen eine Binse ist: Ungeimpfte haben ein viel höheres Risiko, schwer zu erkranken. Wenn diejenigen, die sich in den nächsten Tagen infizieren, in zwei oder drei Wochen ein Intensivbett brauchen sollten, wird es wahrscheinlich schon belegt sein – nicht von einer Schlaganfallpatientin, sondern von einem anderen jungen Covid-19-Infizierten, der es möglicherweise noch wochenlang benötigen wird.

2. Bei Krankenhäusern und Pflegeheimen ist die Sache eigentlich klar. Hier endet die Freiheit der Angestellten, wo sie die Gesundheit und das Leben anderer offensichtlich in Gefahr bringt. Eine Impfpflicht müsste hier selbstverständlich sein – man lässt ja auch keinen Koch mit Hepatitis in einer Kantine arbeiten.

Die Angst der Gesundheitsunternehmen, dass Kranken- und Altenpflegerinnen die Brocken hinwerfen könnten, wenn sie zu einer Impfung gezwungen werden, ist zwar verständlich. Doch ein Blick auf Länder wie Frankreich und Österreich zeigt, dass die meisten Mitarbeiter sich immunisieren lassen und in ihrem Job bleiben.

Schulen und der Einzelhandel müssen offen bleiben

3. Auch wenn sich viele Ungeimpfte nun durchringen sollten, sich doch noch gegen Covid-19 zu schützen, werden die Infektionszahlen erst in der zweiten Dezemberhälfte deutlich sinken. Dann aber ist das Weihnachtsgeschäft in den Restaurants, auf den Weihnachtsmärkten und im Einzelhandel so gut wie gelaufen.

Damit die Geschäftsleute nicht das zweite Katastrophenjahr in Folge durchleiden müssen, ist es vernünftig, wenigstens diejenigen einkaufen und verreisen zu lassen, die wahrscheinlich nicht im Krankenhaus landen werden. Einen allgemeinen Lockdown darf es nicht wieder geben, weder für die Schulen, noch für den Einzelhandel. Das ist nicht nur für die Bildung der Kinder und das Wohlbefinden der Älteren wichtig, es betrifft außerdem die wirtschaftlichen Aussichten des Landes.

Auch die neue Corona-Welle wird sehr viel Geld kosten. Das muss irgendwann und irgendwo erwirtschaftet werden. Es darf sich niemand Illusionen machen – die Rechnung für die vierte Welle wird kommen.

4. Eine Rückkehr ins Homeoffice funktioniert für viele, aber nicht für alle. Arbeitgeber und Unternehmen müssen erfahren dürfen, ob ihre Mitarbeiter geimpft oder genesen sind. Nur so können sie vernünftige Test- und Präsenzstrategien entwickeln – und sinnvoll überlegen, wie die Produktion oder das Geschäft aufrechterhalten werden kann, wenn die Infektionszahlen noch ein paar Wochen lang hoch bleiben. Ohnehin ist es merkwürdig, dass zwar jeder Kellner das Vorzeigen des Impfpasses verlangen kann, die Vorgesetzten im Büro oder in der Fabrikhalle aber nicht.

Die neuen Corona-Regeln werden in dieser Woche wohl beschlossen. Zwei Monate nach der Bundestagswahl regt sich Leben im Fahrerhaus der Politik. Immerhin.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche.

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