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VW unterstreicht E-Strategie: "Diess setzt alles auf eine Karte"


E-Autos sollen Verbrenner überholen
VW unterstreicht E-Strategie – "Der Pionier Diess pokert hoch"

Von reuters, neb

23.07.2021Lesedauer: 4 Min.
VW-Konzernchef Diess: Bei der Hauptversammlung unterstrich er den Willen zur Transformation, von Experten gibt es dafür auch Kritik.Vergrößern des BildesBei der Hauptversammlung unterstrich er den Willen zur Transformation, von Experten gibt es dafür auch Kritik. (Quelle: Alexander Koerner/getty-images-bilder)
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VW blickt bei der Hauptversammlung in die Zukunft. Konzernchef Diess fokussiert die Kräfte auf die E-Mobilität. Das führt auch zu Kritik. Und: Auch alte Laster kommen erneut ans Tageslicht.

Volkswagen will mit dem Verkauf von E-Autos schon bald eine vergleichbare Rendite einfahren wie mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. "Wir gehen davon aus, dass unsere Margen in der E-Mobilität und im Verbrenner-Geschäft bereits in zwei bis drei Jahren auf demselben Niveau liegen werden", sagte Konzernchef Herbert Diess am Donnerstag auf der virtuellen Hauptversammlung.

Bis 2030 solle der weltweite Markt für batteriegetriebene Fahrzeuge die Verbrenner-Autos auch beim Absatz eingeholt haben. "E-Autos werden dann deutlich günstiger als Verbrenner sein", sagte Diess.

Der Fokus auf die E-Mobilität weckt nicht nur Zustimmung. "VW muss aufpassen, das operative Geschäft darf nicht zwischen den Diess’schen Visionen und der alten VW-Kultur aufgerieben werden. Nur in den Visionen der Zukunft zu schwelgen, beseitigt Qualitätsprobleme bei den bestehenden Modellen nicht", sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Unternehmensexperte bei Deka Investment. Für ihn beinhaltet Diess' ambitioniertes Transformationsprogramm auch Risiken: "Der Elektropionier Diess pokert hoch und setzt alles auf eine Karte."

Plattformstrategie soll Kosten bei E-Autos einsparen

Konkrete Pläne für seine Visionen hat Diess zumindest, wie er am Donnerstag bei der VW-Hauptversammlung bewies. Anschieben will Europas größter Autokonzern die Elektro-Offensive durch weitere Einsparungen, die Ausweitung der schon im traditionellen Autogeschäft erfolgreich eingeführten Plattformstrategie sowie digitale Mobilitätsdienste.

Bis zur Mitte des Jahrzehnts will Volkswagen nach bereits bekannten Plänen die nächste Generation einer rein elektrischen und digitalen Plattform (SSP) entwickeln, auf der dann alle Modelle aller Marken und Segmente gebaut werden sollen. "Bei VW ist es gute Tradition, dass alle fünf Jahre eine neue Plattformstrategie ausgerufen wird, die dann häufig enttäuscht. Bleibt abzuwarten, ob wir wirklich Erfolge sehen werden“, so Speich.

Auch vom Einbau einer sogenannten Einheitszelle in die Energiespeicher von E-Autos im Volumensegment verspricht sich der Konzern deutliche Kostensenkungen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll die Hälfte der Neuwagenflotte aus Elektroautos bestehen, um die schärferen Klimavorgaben zu erfüllen.

Kein Verkauf von Unternehmensteilen

Finanzieren will Volkswagen den Schwenk in die E-Mobilität aus eigener Kraft und rückt den Verkauf von Unternehmensteilen zur Finanzierung nicht in den Fokus. "Wir werden weiterhin hohe Cashflows erwirtschaften, um die Transformation zu finanzieren", sagte Diess den Aktionären.

Die Ertragskraft solle weiter steigen. Dazu werde auch eine tiefere Wertschöpfung in den neuen Geschäftsfeldern "Batterie und Laden" beitragen, kündigte er an. Die für 2025 in Aussicht gestellte Anhebung des operativen Renditeziels auf acht bis neun (bisher sieben bis acht) Prozent bekräftigte er.

Doch es gab auch Komplikationen: Wegen des Chipmangels konnte Volkswagen im ersten Halbjahr Hunderttausende Autos nicht bauen. Unter dem Engpass leide nahezu der gesamten Konzern, insbesondere China und fast alle Pkw-Marken, sagte Einkaufschef Murat Aksel.

Chipmangel dürfte sich im zweiten Halbjahr verschärfen

Das Management arbeite intensiv daran, die Versorgungslage zu verbessern und die Auswirkungen des Chipmangels zu mindern. "Dennoch konnten wir im ersten Halbjahr eine hohe sechsstellige Anzahl Fahrzeuge nicht wie geplant produzieren."

Davon hat sich der weltweit zweitgrößte Autobauer bisher aber nicht ausbremsen lassen und bereits veröffentlichten vorläufigen Zahlen zufolge in der ersten Jahreshälfte einen Betriebsgewinn von rund elf Milliarden Euro eingefahren.

In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Knappheit an Halbleitern allerdings stärker auswirken, da es wegen der Pandemie in Südostasien zu Produktionsstillständen bei wichtigen Lieferanten kommt.

Steigende Rohstoffpreise könnten zu Problemen führen

Experte Speich von der Deka sieht dagegen das Risiko einer sinkenden Profitabilität des VW-Konzerns – auch, aber nicht nur wegen des Chipmangels. "VW läuft in einen schwachen Modellzyklus bei stark steigenden Rohmaterialkosten für Stahl, Aluminium und Kupfer", so Speich.

Laut ihm habe dies der Konzern ausgeglichen, indem er die Kosten an die Kunden weitergegeben habe. Dies sei möglich gewesen, weil der Chipmangel die Zahl der produzierten Autos limitiert habe. Doch langfristig werde sich das ändern. "Die Konsequenz: Die Gefahr einer deutlich sinkenden Profitabilität steigt“, sagt Speich.

Weiteres Kapitel im Dieselskandal abgeschlossen

Neben der frischen Krise rund um den Chipmangel beschäftigten den Konzern aber auch alte Laster. Der Diesel-Skandal war am Donnerstag auf der Hauptversammlung noch immer Thema. Ein wichtiges Kapitel könnte nun aber von den Aktionären abgehakt sein.

Auf der Hauptversammlung stimmten je 99,9 Prozent der Aktionäre dem außergerichtlichen Vergleich mit dem ehemaligen Vorstandschef Winterkorn und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler über eine millionenschwere Entschädigungen für Versäumnisse in der Dieselaffäre zu. IG-Metall-Chef und VW-Aufsichtsratsvize Jörg Hofmann hatte zuvor für die Vereinbarung geworben. Er nannte den Vergleich angemessen, auch wenn die Strafprozesse gegen die beiden früheren Manager noch nicht abgeschlossen seien.

Zwar übersteige der durch die Abgasmanipulation entstandene Gesamtschaden von mehr als 32 Milliarden Euro die Zahlungen der Ex-Manager deutlich. Dieser sei aber nur zu einem vergleichsweise geringen Teil Winterkorn und Stadler zuzurechnen. Außerdem reiche die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Ex-Manager – auch unter Berücksichtigung der D&O-Versicherung – bei weitem nicht aus, um den entstandenen Schaden auszugleichen. Man habe sich daher entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen, sagte Hofmann.

Kritik von Kleinaktionären an der Regelung

Volkswagen hatte sich nach langwierigen Verhandlungen mit den Anwälten auf Details einer Entschädigung für den Dieselskandal verständigt. Winterkorn zahlt demnach 11,2 Millionen Euro, auf Stadler entfallen 4,1 Millionen. 270 Millionen Euro erhält Volkswagen von der Haftpflichtversicherung (D&O), die der Konzern für sein Top-Management abgeschlossen hat.

Der Vergleich war bei Kleinaktionären und Fondsgesellschaften im Vorfeld der Hauptversammlung kritisiert worden. Sie monierten, dass die Summe unter dem liegt, was Winterkorn zuletzt als Vorstandschef verdient hat und er keine weiteren Forderungen von VW fürchten muss. Die Macht der Kleinaktionäre ist aber bei VW sehr beschränkt, sie halten weniger als zehn Prozent der Anteile. Den Großteil der Aktien hält die Porsche Automobil Holding, das Land Niedersachsen und der Staat Katar.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement von Ingo Speich, Deka Investment
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