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Lobbyregister: Das zahlen Dax-Konzerne für Lobbyarbeit


VW, Siemens und Co.
So viele Millionen stecken die Dax-Konzerne in die Lobbyarbeit

Von Frederike Holewik

03.03.2022Lesedauer: 5 Min.
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Geldscheine (Symbolbild): Mit dem Lobbyregister soll mehr Transparenz darüber geschaffen werden, welche Interessenvertreter sich an Politiker wenden.Vergrößern des Bildes
Geldscheine (Symbolbild): Mit dem Lobbyregister soll mehr Transparenz darüber geschaffen werden, welche Interessenvertreter sich an Politiker wenden. (Quelle: Rene Traut/imago-images-bilder)

Seit dieser Woche müssen Deutschlands Unternehmen angeben, wie viel Geld sie für Lobbyarbeit im Bundestag ausgeben – sonst droht eine Strafe.

Die Glaskuppel am Reichstagsgebäude ist ein Symbol für Transparenz. Doch welche Interessenvertreter bei den Abgeordneten ein und aus gehen, darüber war lange kaum etwas bekannt. Seit Anfang der Woche müssen diese nun im neuen Lobbyregister des Bundestages gelistet sein. Auf diese Weise soll unter anderem klar werden, welches Unternehmen, wie viel Geld für Lobbyarbeit ausgibt – auch wenn das System vor allem auf freiwilliger Selbstauskunft beruht.

Der Verein Lobbycontrol setzt sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Interessenvertretung ein. Über das neue Gesetz jedoch kann sich Lobbycontrol nicht nur freuen. "Zunächst einmal ist es gut, dass es endlich ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland gibt", sagt Sprecher Timo Lange t-online.

Das Problem liege aber in der Ausgestaltung. "Man merkt dem Gesetz an, dass es unter Druck und mit Kompromissen entstanden ist. Etwa bei der recht kurzen Registrierungsfrist für die Interessenvertreterinnen", so Lange weiter. Diese Frist ist in der Nacht von Montag auf Dienstag dieser Woche abgelaufen. Zeit sich anzuschauen, welche Unternehmen sich registriert haben – und was es über die Lobbyausgaben der deutschen Wirtschaft verrät.

Was ist das Lobbyregister?

Im Lobbyregister sind professionelle Interessenvertreter aufgelistet. Sie müssen dafür selbst Angaben darüber machen, wer ihre Auftraggeber sind, wie hoch ihre finanziellen und personellen Aufwendungen ausfallen und zu welchen Themen sie arbeiten. In der Nacht zum Dienstag ist die Registrierungspflicht abgelaufen.

Lobbyisten sind nun zudem verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten. Wenn sie gegen die Regeln verstoßen, droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Doch das Regelwerk ist kompliziert und führt bei Verbänden und Unternehmen zu Verwirrung. So muss etwa geschätzt werden, welchen Anteil Lobbyarbeit an der Arbeitszeit bei den einzelnen Mitarbeitern einnimmt, um dann das anteilige Gehalt zu berechnen.

Eingeführt wurde das Lobbyregister zum 1. Januar 2022. Die Maskenaffäre in der Corona-Krise und die Verwicklungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor hatte damals die Stimmung in der CDU/CSU-Fraktion verändert, sodass der Gesetzesvorstoß 2021 verabschiedet wurde.

Wer hat sich alles eingetragen?

Mittlerweile gibt es mehr als 2.600 Einträge, darunter sind Unternehmen, Verbände, Organisationen und Netzwerke, aber auch Einzelpersonen. Das reicht von kleinen Verbänden für Partikularinteressen bis zu Dax-Konzernen. Insgesamt sind so nun mehr als 18.000 Personen für die Interessenvertretung registriert. Als der "Spiegel" jüngst nachrechnete, kamen auf einen Bundestagsabgeordneten 11 Lobbyisten. Mittlerweile liegt das Verhältnis bei 1 zu 24.

Dennoch bleibt die Zahl der Lobbyisten noch weit hinter den Erwartungen der Bundestagsverwaltung zurück. Diese hatte mit einer Größenordnung von 6.000 bis 8.000 Registrierungen gerechnet, statt mit nur 2.600 Einträgen.

Und es könnten sogar noch mehr sein. "Bisher sind Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen und Kirchen noch nicht zur Meldung verpflichtet", erklärt Lange von Lobbycontrol diesen Umstand. "Die Ampelregierung hat bereits angekündigt, das ändern zu wollen. Das halten wir für sehr sinnvoll."

Lobbycontrol rechnet damit, dass es noch viele Nachtragungen geben wird. Zudem müsse die Bundestagsverwaltung auch Hinweisen auf nicht-registrierte Akteure nachgehen.

Wer gibt am meisten für Lobbyarbeit aus?

Die Interessenvertreter geben ihre finanziellen Aufwendungen in Zehntausender-Schritten an. Deutlich an der Spitze bei Lobbyausgaben steht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mit rund 15 Millionen Euro.

Bei den Konzernen liegt Autobauer VW mit einem Lobby-Etat in Höhe von rund 6,5 Millionen Euro im Jahr 2021 vorne. Die Tochterfirmen Audi und Porsche gaben zudem nochmals rund 2,6 Millionen und eine Million Euro aus.

Manche Unternehmen wie etwa die Robert Bosch GmbH oder die Roche Pharma AG verweigerten diese Angaben. Das ist zwar laut Gesetz ausdrücklich erlaubt, allerdings hat es Folgen: Solche Unternehmen werden nicht zu öffentlichen Anhörungen im Parlament zugelassen und können sich nicht an Gesetzgebungsverfahren beteiligen.

Auch Lobbycontrol hat sich mit den Ursachen befasst, warum Konzerne bisher nicht angemeldet sind. Sprecher Timo Lange: "Es gibt verschiedene Gründe, warum Unternehmen sich nicht registriert haben. Zum einen sind die Regelungen durchaus kompliziert, anderen war vielleicht nicht bewusst, dass sie sich auch eintragen müssen, wenn sie eine Agentur beauftragt haben, und dann gibt es sicher auch all jene, die ihre Lobbyausgaben lieber nicht öffentlich machen wollen."

Für letztere gibt es allerdings bereits die Möglichkeit die Angabe zu den finanziellen Ausgaben zu verweigern – ganz legal.

Wie schneiden die Dax-Konzerne ab?

Von den 40 Konzernen, die im deutschen Leitindex Dax gelistet sind, sind bislang 33 im Lobbyregister aufgeführt. Folgende Tabelle zeigt, welche das sind, wie viel sie pro Jahr für Lobbyarbeit ausgeben und wie viele Lobbyisten sie beschäftigen.

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Spitzenreiter ist mit deutlichem Abstand der Volkswagen-Konzern, der besagte 6,5 Millionen Euro als Lobbybudget angegeben hat. Doch auch einige anderen Konzerne investierten im vergangenen Jahr mehrere Millionen in Lobbyarbeit.

Auf Platz zwei liegt mit rund vier Millionen Euro ein weiterer Autobauer: Mercedes-Benz. Mehr als drei Millionen Euro gaben sowohl BASF (3,8 Millionen Euro), die Deutsche Bank und SAP (jeweils 3,5 Millionen Euro) und E.on (drei Millionen Euro) aus.

Diese Konzerne fehlen in der Liste

Aber es fehlen auch einige Dax-Konzerne im Lobbyregister, darunter etwa Zalando und der Nivea-Produzent Beiersdorf. t-online hat nachgefragt, warum sie sich nicht gemeldet haben:

Zalando teilt mit, dass sie ihre Unterlagen bereits eingereicht haben und damit rechnen, dass ihr Eintrag in den nächsten Tagen auffindbar sein wird. "Unsere finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung im Sinne des Lobbyregisters betrugen im vergangenen Jahr 130.001 bis 140.000 Euro", so ein Sprecher.

HelloFresh ist zwar im Register vertreten, aber bislang gibt das Unternehmen an, für ihre Interessenvertretung null Euro auszugeben. Das Unternehmen erklärt dies damit, dass es sich bei ihren Angaben noch um das Jahr davor handelt, in dem die entsprechende Stelle unbesetzt geblieben sei. Die Daten zum Jahr 2021 lägen erst seit dieser Woche vor und würden nun nachgetragen.

Symrise und Beiersdorf bestätigen auf Nachfrage, dass sie aktuell keine Lobbyausgaben haben und sich deshalb nicht registriert haben. Puma war auf t-online-Anfrage bislang nicht zu einer Stellungnahme bereit. Brenntag ließ die Anfrage unbeantwortet. Qiagen war bisher nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Welche Kritik gibt es an dem Register?

Kritikern geht das Lobbyregister nicht weit genug. Die Ampelregierung deshalb hat bereits angekündigt, das Gesetz nachbessern zu wollen. "Als Grüne haben wir immer betont, dass das Lobbyregister in seiner bisherigen Ausgestaltung nur ein erster Schritt sein kann", sagte Vizefraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz.

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Unser Ziel bleibt der "legislative Fußabdruck", so Notz. Ein solcher "Fußabdruck" bedeutet, dass unter jedem Gesetz steht, welche Interessenvertreter daran mitgewirkt haben.

Lobbycontrol hätte dafür gleich eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen. Zum einen fordern sie, dass klarer benannt wird, worauf genau die jeweilige Lobbyarbeit abzielt. Zudem wollen sie, dass Dienstleister wie etwa PR-Agenturen die Lobbyaufträge ihrer Kunden nach Auftragsvolumen und Ziel aufschlüsseln müssen. Auch die Möglichkeit zur Angabenverweigerung ist dem Verein ein Dorn im Auge.

Verwendete Quellen
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