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Pollenflug: Warum er in Städten besonders aggressiv ist


Kann jeder eine Pollenallergie bekommen?


Aktualisiert am 14.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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Pollenallergie: Besonders in den Städten werden die Pollen aggressiver. Ein Grund ist die Luftverschmutzung.Vergrößern des Bildes
Pollenallergie: Besonders in den Städten werden die Pollen aggressiver. Ein Grund ist die Luftverschmutzung. (Quelle: Jevtic/getty-images-bilder)

Zwölf Millionen Deutsche haben Heuschnupfen. Für sie wird die Leidenszeit immer länger. Denn der Klimawandel schlägt auch bei Pollen und Gräsern zu.

Volkskrankheit Allergie: Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) leiden etwa 15 Prozent der erwachsenen Deutschen und elf Prozent der Kinder mindestens einmal im Leben an einer Pollenallergie. Für sie wird der Aufenthalt im Freien zunehmend ganzjährig zur Belastung. Denn der Klimawandel wirkt sich sowohl auf die Flugdauer der Pollen als auch auf deren Zusammensetzung aus. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Pollenallergie.

Kann jeder eine Allergie bekommen?

Dr. Tosten Zuberbier, Direktor des Instituts für Allergieforschung an der Charité und Vorsitzender der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF, stellt klar: "Ja, das kann jedem passieren, und zwar auch noch in späteren Lebensjahren. Nicht immer ist ganz klar, ob es sich dabei um eine neu auftretende Allergie handelt oder ob die Symptome in den Jahren davor übersehen wurden oder nicht so stark auftraten." Doch die gute Nachricht lautet: Man kann diese Allergien inzwischen gut behandeln. Zuberbier: "Es gibt Nasensprays, die Cortison-Abkömmlinge enthalten (was stark entzündungshemmend wirkt), die keine Blutspiegel mehr verursachen."

Welche Symptome zeigt eine Pollenallergie?

Professor Karl-Christian Bergmann, Vorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst und Leiter des Zentrums Schweres Asthma an der Charité Berlin, erklärt: "Klassisches Symptom ist das Jucken der Nase und der Augen. Das unterscheidet eine allergische Pollen- oder Gräser-Reaktion am deutlichsten von einer Erkältung oder einer Corona-Infektion zum Beispiel."

Wie lässt sich eine Pollenallergie behandeln?

Gegen die klassischen Allergiesymptome wie tränende, juckende Augen, geschwollene Nasenschleimhäute, Niesreiz, verstopfte und/oder laufende Nase helfen sogenannte Antihistaminika. Sie blockieren im Körper die Rezeptoren für den Botenstoff Histamin, der die allergische Reaktion hervorruft, und lindern so die Zeichen für die Überempfindlichkeit des Immunsystems.

Inzwischen stehen zahlreiche Mittel und Therapien zur Verfügung. Bei der sogenannten topischen Therapie werden lokal wirksame Medikamente verwendet, etwa ein Nasenspray oder Augentropfen. Bei der systemischen Therapie wird der ganze Körper antiallergisch behandelt. Meist kommen dabei Tabletten oder Spritzen zum Einsatz.

Mittlerweile werden hierfür Antihistaminika der sogenannten zweiten Generation verwendet. Ihr Vorteil: Sie machen nicht so müde. Denn diese Wirkstoffe dringen nicht mehr ins Gehirn vor, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht oder nur schwer überwinden können, und verursachen so auch weniger Müdigkeit. Beispiele dafür sind Levocetirizin, Desloratadin, Fexofenadin oder Bilastin.

Was ist eine Hyposensibilisierung?

Um eine Allergie langfristig zu behandeln, kommt nach wie vor die Hyposensibilisierung zum Einsatz. Dabei wird versucht, den Irrtum des Immunsystems zu korrigieren, indem das Allergen der Abwehr immer wieder präsentiert wird. Dies kann in Form von Spritzen inzwischen auch über die orale Therapie passieren. Dabei wird die Menge des Allergens langsam gesteigert, um eine Tolerierung des Eiweißes durch die Abwehr zu erreichen.

Welche Gefahren drohen, wenn eine Allergie nicht behandelt wird, erläutert Zuberbier: "Besonders eindringlich ist hier eine Zahl: Ein Schulkind hat bei einer nicht therapierten Allergie eine 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, eine Note schlechter abzuschneiden, als wenn der Heuschnupfen behandelt wird." Die Allergie hat also weitreichende Folgen für die Konzentrationsfähigkeit und das Wohlbefinden.

Darüber hinaus kann es zu Kreuzallergien kommen. Zum Verständnis: Dann reagiert das Immunsystem auch auf Eiweißbausteine aller Pflanzen oder sogar Früchte, die dem Allergen ähnlich sind. Typisch für eine Kreuzallergie ist zum Beispiel eine Unverträglichkeit von Birkenpollen und Äpfeln.

Und noch etwas kann eine unbehandelte Allergie nach sich ziehen: ein allergisches Asthma. Dabei handelt es sich um eine chronische Entzündung der unteren Atemwege, die mit Luftnot einhergeht. Daher ist es wichtig, eine Allergie in jedem Fall von einem Arzt untersuchen und sich medikamentös beraten und einstellen zu lassen.

Welche Rolle spielt der Klimawandel für Allergiker?

Eine große, erklärt Dr. Bergmann. "Im Wesentlichen spielen hier die folgenden Faktoren eine Rolle: Durch die höheren Temperaturen setzt der Pollenflug immer früher ein und dauert immer länger an. Teilweise fliegen Haselnusspollen schon Ende Dezember, sodass die Zeiten, in denen gar keine Pollen fliegen, immer kürzer werden."

Meist Ende Mai/Anfang Juni endet die Pollenblüte und es beginnt nahezu nahtlos die Saison der Gräserpollen. Darüber hinaus beobachten Forscher noch ein anderes Phänomen: In den Städten haben die Menschen immer mehr Antikörper gegen Pollen. Das heißt nicht, dass sie zwangsläufig auch allergisch reagieren müssen. Studien zufolge brauchen sie allerdings deutlich häufiger als Landbewohner Hilfsmittel, obwohl die Pollenbelastung gleich ist.

"Das deutet auf eine höhere Sensibilisierung der Menschen hin", so Bergmann. Dazu kommt: Die Kombination aus Stickoxiden und Feinstaub scheint die Pollen in den Städten aggressiver zu machen. Bergmann: "Offenbar verändert diese Luftverschmutzung die Zusammensetzung der Allergene in den Pollen. Abgesehen davon hat sie selbst auch Auswirkungen auf die Empfindlichkeit der Schleimhäute."

Was zeigt der neue Pollenflugkalender?

Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst erstellt jeweils in einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren einen neuen Pollenflugkalender, der die Verschiebung des Flugstarts und der Dauer des Pollenflugs abbildet. Besonders betroffen von der Verschiebung der Flugzeiten in den letzten fünf Jahren sind demnach Hasel- und Erlenpollen-Allergiker. Diese Pollen passen sich anscheinend besser den höheren Temperaturen an und fliegen nun schon auffällig früher. Auch Birkenpollen kursieren früher im Jahr.

Deutlich wird: Es gibt kaum noch Monate ohne Pollenflug, bis auf Randzeiten im November.

Was empfehlen die Experten über die gründliche Behandlung einer Allergie hinaus?

Sowohl Zuberbier als auch Bergmann empfehlen Pollen-Apps wie etwa "Husteblume" und "Pollenapp 5-0". In ihnen wird das jeweilige Allergierisiko am Tag ermittelt. Und wer aus Corona-Zeiten noch Masken im Schrank findet: Sie können an Tagen mit starker Belastung Schutz bieten.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Torsten Zuberbier
  • Interview mit Karl-Christian Bergmann
  • Eigene Recherche
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