Hier drohen der Menschheit neue Seuchen
Seit einigen Tagen melden immer mehr LĂ€nder FĂ€lle von Affenpocken. In den USA und China tauchten Infektionen mit Vogelgrippe auf. Kommt nach Corona die nĂ€chste groĂe Seuche auf uns zu?
InfektionsfĂ€lle mit dem eigentlich seltenen Affenpockenvirus, das ursprĂŒnglich in Afrika auftrat, werden in immer mehr LĂ€ndern nachgewiesen. Auch das Robert Koch-Institut sensibilisiert die Ărzte hierzulande, bei pockenĂ€hnlichen HautverĂ€nderungen den RĂŒckschluss auf Affenpocken zu ziehen.
Die Pocken selbst gelten seit Ende der 1970er-Jahre dank Massenimpfungen als ausgerottet. Doch Tierpocken (wie Affen- oder Kuhpocken) können auch den Menschen infizieren. Zoonosen werden Infektionskrankheiten genannt, die von Tieren auf Menschen ĂŒbertragen wurden. Zu ihnen zĂ€hlt auch Corona, das Virus bescherte uns eine Pandemie mit ĂŒber sechs Millionen Toten weltweit.
Drohen also neue Gefahren? Stehen wir nach der groĂen Seuche vor der nĂ€chsten Plage? "Das nĂ€chste Riesen-Ding wird kommen, das ist klar", prophezeit Philipp Kohlhöfer. Er ist Autor des Buches "Pandemien. Wie Viren die Welt verĂ€ndern" (S. Fischer Verlag, 25 Euro). "Das ist nur eine Frage der Zeit. Die Affenpocken werden es aber ganz sicher nicht sein."
Klimawandel produziert neue Viren-Bedrohung
Auch nach Corona bleibt die Pandemie-Gefahr also weiter unvermindert hoch. Warum ist das so? "Das verschulden wir selbst", erklĂ€rt Kohlhöfer. "Wenn wir RegenwĂ€lder abholzen, dringen wir in Welten vor, die der Mensch vorher vielleicht noch nie betreten hat. Dort lauern auch Viren, zu denen wir noch nie Kontakt hatten. Und wenn wir dann aus dem Rodungsgebiet eine WeideflĂ€che machen, springt das Virus auf die Kuh. Und letztlich kann es dann auch auf uns ĂŒberspringen. Wir stellen schlieĂlich eine Art Lebensraum fĂŒr ein Virus dar."
Durch das Vordringen in die LebensrĂ€ume von Wildtieren hat sich die Zahl der Infektionskrankheiten in den zurĂŒckliegenden 50 Jahren bereits vervierfacht. Und das wird in den nĂ€chsten 50 Jahren nicht besser sein â eher sogar schlimmer, so die Erkenntnis einer Studie von Wissenschaftlern der Georgetown University.
Tiere begegnen unbekannten Tieren und Menschen
Sie untersuchten die Folgen der globalen ErderwĂ€rmung fĂŒr 3.870 SĂ€ugetierarten gemessen am Jahr 2070. Ihre Erkenntnis: Mindestens 10.000 Virusarten, die derzeit unter Wildtieren grassieren, könnten zur Gefahr fĂŒr den Menschen werden. Sie haben das Potenzial, auf den Menschen ĂŒberzuspringen.
AuĂerdem: Die Zerstörung der LebensrĂ€ume der Tiere zwingt diese, neue Areale zu erschlieĂen, und dies fĂŒhrt zu mehr Durchmischung der Arten. Im Zuge des Klimawandels werden viele Wildtiere darĂŒber hinaus zum Schutz vor der Hitze in kĂŒhlere oder höhere Gebiete ziehen, um ihr Ăberleben zu sichern. Dort kommen sie mit Arten in Kontakt, die es bisher in ihrem Umfeld nicht gab. Und: Es werden so auch mehr Interaktionen von Mensch und Tier entstehen â beste Bedingungen also fĂŒr Viren, sich neue Wirte zu erschlieĂen.
4.500 VirussprĂŒnge wahrscheinlich
Die US-Forscher ermittelten: Steigt die Temperatur der Erde um zwei Grad, werden 300.000 Erstkontakte zwischen Wildtierarten entstehen, die sich vorher nicht begegnet waren. Die Folge: Mindestens 4.500 neue VirussprĂŒnge sind möglich.
"Diese Arbeit liefert einen weiteren unwiderlegbaren Beweis dafĂŒr, dass die kommenden Jahrzehnte nicht nur heiĂer, sondern auch krĂ€nker werden", erklĂ€rt Gregory Albery, Mitautor der Studie. Besonders betroffen sollen LĂ€nder in Asien und Afrika sein. Allerdings â wie Corona gezeigt hat â sind diese Viren schnell global verbreitet.
Studienleiter Colin Carlson fordert, die Gesundheitssysteme in den am stĂ€rksten gefĂ€hrdeten Gebieten auszubauen, um auf das Risiko vorbereitet zu sein. Zudem mĂŒssten Arzneimittel entwickelt werden, aber auch vorbeugende MaĂnahmen wie die Erhaltung von LebensrĂ€umen und die Regulierung des Handels mit Wildtieren mĂŒssten getroffen werden.
Corona wird also nicht die letzte groĂe Seuche gewesen sein.