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Pekings Rolle im Ukraine-Krieg: Chinas Albtraum? Der Sturz Putins


Pekings Rolle im Ukraine-Krieg
Chinas Albtraum? Der Sturz Putins

Von afp, dpa, t-online, sje

Aktualisiert am 15.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Wladimir Putin und Xi Jingping: Anlässlich der olympischen Spiele in Peking trafen die zwei Präsidenten im Februar aufeinander.Vergrößern des BildesWladimir Putin und Xi Jingping: Anlässlich der olympischen Spiele in Peking trafen die zwei Präsidenten im Februar aufeinander. (Quelle: SNA)
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China halte sich aus dem Ukraine-Krieg heraus, betont Peking. Doch im Konflikt zwischen Russland und dem Westen steht das Land klar auf der Seite des Kremls. Dabei fürchtet Staatschef Xi Jinping vor allem zwei Dinge.

Wie steht die Regierung des größten Landes und der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zum russischen Angriff auf die Ukraine? Folgt man den offiziellen Einlassungen der chinesischen Regierung, kann diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden – nach außen hin stellt sich Peking als neutral dar.

Klar ist: Die chinesische Führung hat den russischen Einmarsch weder offen unterstützt, noch klar verurteilt. Im UN-Sicherheitsrat enthielt sich China bei der entsprechenden Abstimmung. Dem durchaus wichtigen Handelspartner Ukraine sprach die Regierung von Präsident Xi Jinping ihr "Bedauern" aus und zeigte sich besorgt um zivile Opfer.

Zugleich bekräftige das Land seine Kritik an den USA, der Osterweiterung der Nato und sein Verständnis für russische "Sicherheitsbedenken".

Verwirrung um den "strategischen Partner"

Erst im Februar war Russlands Präsident Wladimir Putin anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele nach Peking gereist, um mit Xi den sicherheitspolitischen Schulterschluss zu zelebrieren: Xi versicherte Putin seine Unterstützung bei dessen Streben nach "Sicherheitsgarantien" gegenüber der Nato. Im Gegenzug positionierte Russland sich klar auf Chinas Seite im Ringen mit den USA um Einfluss im Indopazifik.

Doch der Einmarsch in die Ukraine stellt dieses neue Band wenig später schon auf die Probe. Vom russischen Angriff, dem erbitterten ukrainischen Widerstand und dem Ausmaß der internationalen Kritik und Sanktionspolitik gegenüber Russland scheint Peking überrascht worden zu sein. "Man konnte die Verwirrung in den ersten Erklärungen sehen", sagt Sergey Radchenko, Professor an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies, der Nachrichtenagentur AFP.

China: "Die USA verbreiten ständig Falschinformationen"

Peking verweist bei seinen eigenen Grenzstreitigkeiten mit Nachbarstaaten gerne darauf, dass die territoriale Integrität gewahrt werden müsse – im Fall der Ukraine führt dies jedoch zu rhetorischen Verrenkungen: Denn dort ist es der strategische Partner Russland, der die Integrität seines ukrainischen Nachbarn verletzt.

Auch will die chinesische Regierung keinesfalls als Handlanger Putins wahrgenommen werden. Einen Bericht der "New York Times", wonach Russland China um militärische Hilfe und Unterstützung bei der Umgehung westlicher Sanktionen gebeten habe, wies Peking verärgert zurück: "In letzter Zeit verbreiten die USA ständig Falschmeldungen über China", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington hatte zuvor bereits gesagt, er habe von besagtem russischen Hilfeersuchen "noch nie gehört".

Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte, dass Russland China um militärische Hilfe gebeten habe. Russland verfüge über genug "eigenes Potenzial", um den Krieg in der Ukraine fortzusetzen.

Bloß keine Sanktionen

Ein Grund für die chinesische Verärgerung über den US-Bericht: Die Regierung will auf keinen Fall westliche Handelspartner provozieren. Nach einem Telefonat mit seinem spanischen Kollegen José Manuel Albares sagte Außenminister Wang Yi laut Berichten der chinesischen Staatsmedien am Dienstag: "China ist keine Konfliktpartei und möchte umso weniger von den Sanktionen betroffen sein".

Dass diese durchaus auch sein Land treffen könnten, zeigt ein Treffen des Chefdiplomaten der Kommunistischen Partei Chinas, Yang Jiechi, mit dem nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Montag in Rom. Washington sei in "schwerwiegender Besorgnis" aufgrund der chinesischen "Annäherung" an Moskau, zitierte eine hohe Vertreterin der US-Regierung im Gespräch mit Journalisten aus dem Treffen.

Auch Biden-Sprecherin Jen Psaki sagte, Sullivan habe der chinesischen Seite bei dem Treffen deutlich gemacht, "dass es erhebliche Konsequenzen geben wird, sollten sie militärische oder andere Hilfe leisten, die natürlich gegen Sanktionen verstoßen oder die Kriegsanstrengungen unterstützen". Zu konkreten Maßnahmen wollte sich Psaki nicht äußern.

Die chinesische Vertretung betonte daher in Rom, man sei schon immer dagegen gewesen, "Sanktionen zu nutzen, um Probleme zu lösen". Jiechi appellierte, die historischen Probleme der Ukraine-Frage sollten gelöst werden. Ziel müsse eine ausgewogene Sicherheitsarchitektur in Europa sein.

"Felsenfeste" Freundschaft

Das dürfte auch an die USA gerichtet gewesen sein. Die Vereinigten Staaten werden in China als Hauptverursacher der Krise dargestellt. Die Freundschaft mit Moskau dagegen sei "felsenfest". Mehrfach hatte China die Osterweiterung der Nato kritisiert, die von Russland als einer der Gründe für den Einmarsch angeführt wird. So folgt die chinesische Führung dem russischen Narrativ.

Im Einklang mit russischen Sprachregelungen weisen chinesische Regierungsbeamte etwa den Begriff "Invasion" zurück und sprechen lieber von "Militäroperation". Auch florieren in den chinesischen Staatsmedien antiwestliche Verschwörungsmythen und Berichte über angebliche Neonazis in der ukrainischen Armee und politischen Führung.

"In Wirklichkeit steht China auf der Seite Russlands"

"Nach außen hin ist (die chinesische Regierung) neutral, aber in Wirklichkeit steht sie auf der Seite Russlands", sagte Steve Tsang, Direktor des China-Instituts an der Londoner School of Oriental and African Studies, der AFP. Denn das schlimmste Szenario für Peking wäre, wenn Sanktionen oder ein militärisches Scheitern Russlands zu einem Aufstand und dem Sturz Putins führten – und möglicherweise zu einer prowestlichen Regierung in Moskau.

Er bezweifle, dass der chinesische Staatschef Xi Jinping den Krieg in der Ukraine weiter eskalieren sehen wolle, so Tsang. "Stattdessen möchte er, dass Putin ohne große Kollateralschäden bekommt, was er will." Im britischen "Telegraph" schrieb er: "Wenn Xi Jinping zulassen würde, dass Putin scheitert und seine Macht verliert, würde das nicht seine Feinde in China oder in der Kommunistischen Partei auf Ideen bringen?"

Eine Demütigung Putins durch die USA und den Westen würde Xi Jinpings eigene Stellung untergraben, glaubt Tsang. Das wäre wohl auch das Ende des Ziels, mit der Eroberung Taiwans das eigene Territorium zu erweitern.

Erst die Ukraine, dann Taiwan?

Die russische Invasion in die Ukraine hatte international Besorgnis ausgelöst, dass China in Taiwan dem Beispiel Russlands folgen könnte. Der chinesische Außenminister Wang Yi wies derartige Parallelen vehement zurück: "Die Taiwan-Frage ist völlig anders", sagte er in der vergangenen Woche. Taiwan sei ein "untrennbarer Teil Chinas" und eine "rein interne Angelegenheit". Die Ukraine-Frage hingegen sei ein Streit zwischen zwei Ländern, Russland und Ukraine.

"Einige Leute" betonten die Souveränität in der Ukraine-Frage und setzten "unverhohlen zweierlei Maß" an, indem sie bei Taiwan die Souveränität und territoriale Integrität Chinas untergrüben, sagte er. Die Ursache der Spannungen seien die Behörden in Taiwan, die versuchten, den Status quo zu verändern und die Insel von China abzutrennen, was keine Zukunft habe.

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China betrachtet die freiheitliche Inselrepublik Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht seit Jahren mit einer Eroberung. Zuletzt hatte Peking auch aufgrund der Spannungen um Taiwan den Militäretat des Landes erhöht. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet und liefern Waffen. Frühere US-Regierungen haben offengelassen, ob sie der Insel im Falle eines chinesischen Angriffs auch militärisch zu Hilfe kommen würden – Präsident Joe Biden sagte jedoch im Oktober, die USA hätten die "Verpflichtung", dies zu tun.

Letztlich geht es China somit vor allem um eigene Interessen und nicht um die Ukraine. Wie ernst vor diesem Hintergrund die vor internationalem Publikum mehrfach betonten Bemühungen um Vermittlung und eine friedliche, diplomatische Lösung wirklich zu nehmen sind, bleibt somit mehr als fraglich.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa
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