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Iran: US-Angriff möglich – ein Ziel könnte für Trump entscheidend sein


Möglicher US-Angriff auf den Iran
Sein Vermächtnis steht auf dem Spiel


Aktualisiert am 18.06.2025 - 09:14 UhrLesedauer: 6 Min.
US-Präsident Donald Trump vor dem Hubschrauber Marine One: In der politischen Zwickmühle.Vergrößern des Bildes
Donald Trump vor dem Hubschrauber Marine One: Der US-Präsident befindet sich in einer politischen Zwickmühle. (Quelle: Kevin Lamarque)
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Trump zögert zwischen Drohkulisse, möglichem Militärschlag gegen Iran und Kritik aus den eigenen Reihen. Doch im Hintergrund könnte es längst um viel mehr gehen. Trumps Entscheidung hat wohl auch mit Russland und China zu tun.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

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Die kommenden 24 bis 48 Stunden entscheiden über Krieg oder Frieden. Noch soll eine diplomatische Lösung für den Iran möglich sein. US-Präsident Trump kann einem Luftschlag gegen Nuklearanlagen dort immer mehr abgewinnen. So und ähnlich lauten die bruchstückhaften Meldungen, die an diesem sechsten Kriegstag zwischen Israel und dem Iran aus dem Weißen Haus dringen.

Aber bis tief in die amerikanische Nacht hinein ist noch immer unklar, was als Nächstes geschehen wird. Treten die Vereinigten Staaten unter Donald Trump in einen Krieg gegen den Iran ein? Bleibt es bei diesen nie dagewesenen Drohgebärden?

Der amerikanische Präsident warnt vor der "Tötung" des iranischen Führers Ali Chamenei, wenn dieser nicht "bedingungslos kapituliert". Trump behauptet einerseits, die USA würden den Himmel über dem Iran nun vollständig kontrollieren. Andererseits will er bis jetzt noch immer nicht an den Angriffen der Israelis beteiligt sein. Währenddessen schießen Israel und der Iran weiter mit Raketen aufeinander. Es gibt Tote auf beiden Seiten.

Die ganze Welt – allen voran die Menschen im Iran und in Israel – blickt gespannt auf die noch undurchsichtigen Vorgänge in Washington. So mächtig Donald Trump als US-Präsident ist, so unberechenbar erscheint er. Selbst Kriege kündigt er offenbar über Beiträge in seinem sozialen Netzwerk Truth Social an – oder eben nicht.

Trump zwischen Eskalation und Abwarten

Angesichts dieses Schlingerkurses helfen sich Analysten inzwischen mit Online-Wettbüros. Dort lauten die Fragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass die USA den Iran angreifen? Oder: Wird der iranische Führer Ali Chamenei am 30. Juni noch leben? Andere ergründen mit Verkehrsdaten bei Google Maps, ob die Amerikaner wohl angreifen. Als Belege gelten ungewöhnlich hohe Besucheraufkommen in Pizza- oder Donut-Läden in der Nähe des Pentagons und des Weißen Hauses. Gibt es Hinweise auf Überstunden und Nachtschichten?

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Nach anderthalb Stunden im sogenannten Situation Room hat Donald Trump am Dienstag keine neuen Schritte vollzogen. Der Terminkalender des US-Präsidenten für diesen Mittwoch wirkt unspektakulär: Geplant ist etwa eine Ernennungszeremonie für den neuen US-Botschafter in Frankreich und Monaco – den Vater seines Schwiegersohns Jared Kushner. Zum Mittagessen trifft Trump den Armeechef von Pakistan.

Doch es gibt auch klarere Anzeichen dafür, dass Donald Trump einen Militärschlag gegen die Nuklearanlagen des Iran zumindest in Erwägung zieht. Abzulesen sind sie an Äußerungen seiner wichtigsten Mitarbeiter. Darunter Senatoren wie Lindsey Graham. Der Republikaner ist schon lange ein großer Befürworter eines Militäreinsatzes gegen den Iran. Graham sagte, er habe mit Trump gesprochen und sei davon überzeugt, dass der Präsident Israel helfen wolle, "die Arbeit zu Ende zu bringen". Trump wolle das iranische Atomprogramm zerstören, inklusive der wichtigen Anlage in Fordo.

Aber auch JD Vance meldete sich zu Wort. Trumps Vizepräsident veröffentlichte am Dienstag einen langen Beitrag auf der Plattform X. Darin pries er unter anderem, wie konsistent Trumps Iran-Politik in den vergangenen zehn Jahren gewesen sei. "Er könnte entscheiden, dass er weitere Maßnahmen ergreifen muss, um die iranische Urananreicherung zu beenden. Diese Entscheidung liegt letztlich beim Präsidenten", so Vance.

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Widerstand aus den eigenen Reihen

Der Text von Vance liest sich wie eine Vorab-Argumentationshilfe für einen möglichen Militäreinsatz. Er richtet sich an die heftigen Kritiker aus den eigenen Reihen. Seit Tagen rumort es in der Wählerbasis. Der Trump-nahe, rechte Kommentator Tucker Carlson etwa hatte Trump in den vergangenen Tagen als "Komplizen einer Kriegshandlung" bezeichnet. Ein direktes Eingreifen der USA kommentierte er mit den Worten: "Ich glaube, dann werden wir das Ende des amerikanischen Imperiums erleben." Trump reagierte umgehend und bezeichnete Carlson als "verrückt".

Aber auch die rechte Kongressabgeordnete und Trump-Verbündete Marjorie Taylor Greene kritisierte die Folgen des Säbelrasselns. Die MAGA-Republikaner hätten "die Nase voll" von Kriegen im Ausland aller Art, schrieb sie auf der Plattform X. US-Soldaten sollten sich auf den Schutz der amerikanischen Grenzen konzentrieren, anstatt in Konflikten in Übersee zu kämpfen und zu sterben, die die USA Billionen Dollar kosteten, so Greene. Es sind Wortmeldungen wie diese, die belegen, wie zerbrechlich Trumps Bewegung in Wahrheit ist. Sie bereiten dem Präsidenten Kopfzerbrechen, weshalb selbst sein Sohn Eric Trump einspringt und beteuert, sein Vater könne im Zweifel eben nicht anders.

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Klar ist: Nicht nur der Iran, sondern auch Donald Trump steckt in einer politischen Zwickmühle. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb trotz aller Drohgebärden und Verlegungen von Kampfjets noch immer nichts geschehen ist.

Nur ein Viertel der Amerikaner befürwortet laut Umfragen eine Beteiligung der USA an einem Krieg gegen den Iran. Die eigenen Anhänger haben Trump gewählt, weil er versprach, keine Kriege zu führen, sondern sie zu beenden. Der Erfolg von Trumps MAGA-Bewegung in der Republikanischen Partei fußt entscheidend auf der Ablehnung der als Kriegstreiber beschimpften Neokonservativen aus der Zeit von Präsident George W. Bush. Soll ausgerechnet Trump nun einen neuen Krieg im Nahen Osten verantworten?

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Unabsehbare Folgen für die ganze Welt

Es sind nicht nur die innenpolitischen Risiken. Der US-Präsident steht vor der bislang wohl folgenschwersten Entscheidung seiner Präsidentschaft. Einmal begonnene Kriege lassen sich nur schwer kontrollieren. Selbst wenn den Amerikanern aus der Luft ein Präzisionsangriff auf die unterirdischen Nuklearanlagen des Iran gelingen sollte.

Selbst ein solcher Erfolg muss nicht bedeuten, dass sich das Regime in Teheran einfach ergibt. Es droht ein langer, brutaler und kostspieliger Krieg. Die mehr als 40.000 Soldaten in der Region sind schon jetzt in Alarmbereitschaft versetzt worden. Sie gelten als mögliche Angriffsziele des Iran. Auch wenn ein Einmarsch in den Iran mit Bodentruppen gar nicht zur Debatte steht, könnten die Streitkräfte am Boden plötzlich reagieren müssen.

Eine derartige Destabilisierung der Region könnte die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen. Die Warnungen aus Russland und China sind dafür die ersten deutlichen Zeichen. Trump muss bereit sein, dieses Risiko einzugehen. Dann aber muss er auch bereit sein, die unabsehbaren Folgen politisch zu verantworten. Vor allem, wenn er sich dafür entscheidet, die Militärschläge am Kongress vorbei anzuordnen.

Das lohnenswerte, übergeordnete Ziel für Trump

Doch es gibt etwas, das über den konkreten Krieg im Iran hinausgehen könnte: geopolitische Ziele, die in Washington zumindest hinter vorgehaltener Hand besprochen werden. Denn während die Welt auf die Kämpfe mit Hamas, Hisbollah und dem Iran blickt, vollzieht sich im Hintergrund eine strategisch weitaus bedeutendere Entwicklung: der schrittweise Rückzug Russlands aus dem Nahen Osten. Seit dem Arabischen Frühling 2011 hatte Moskau durch Allianzen mit Syrien, dem Iran und weiteren Stellvertretern seinen militärischen und politischen Einfluss in der Region aufgebaut.

Durch den Zerfall des Assad-Regimes, aber auch durch Israels Schläge gegen die Hisbollah und angesichts einer möglichen Implosion der iranischen Diktatur könnte nun gelingen, was in der Ukraine, aber auch in Bezug auf Taiwan unmöglich scheint: Die USA sehen die einmalige Chance, Russland und auch China in einer entscheidenden Weltregion militärisch und geopolitisch indirekt zu besiegen. Ein Sieg in dem Konflikt, der sich eben nur vermeintlich zwischen Israel und dem Iran abspielt, würde nicht nur Russlands Position schwächen. Auch Chinas hohe Investitionen in die Region könnten in Gefahr geraten.

Für Donald Trump ergibt sich daraus ein historisch lohnenswertes Ziel: Die Achse der Autokraten aus Russland, China, Nordkorea und dem Iran könnte empfindlich geschwächt werden. Amerikas Einfluss hingegen könnte sich nach mehr als zwei Jahrzehnten wieder stabilisieren. Vorausgesetzt, im Iran bricht nicht wie einst im Irak das Chaos nach einem erzwungenen Regimewechsel aus.

Noch scheint sich Trump nicht entschieden zu haben: Bleibt er der Anti-Kriegs-Präsident für die Mehrheit seiner MAGA-Basis oder wird er an der Seite Israels zum obersten Strategen einer Neuordnung des Nahen Ostens? Die Entscheidung darüber, ob die USA gegen den Iran ziehen, fällt wohl in den kommenden Stunden. Es geht um Krieg oder Frieden – und das Vermächtnis von Trumps Präsidentschaft.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen und Gespräche vor Ort
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