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Atomabkommen mit dem Iran: Jetzt will Donald Trump Ernst machen


Rede zu Atom-Abkommen
Jetzt will Donald Trump beim Iran-Deal Ernst machen

dpa, Maren Hennemuth und Martin Bialecki

Aktualisiert am 13.10.2017Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump tritt im Weißen Haus in Washington vor die Presse.Vergrößern des BildesDonald Trump tritt im Weißen Haus in Washington vor die Presse. (Quelle: Evan Vucci/ap-bilder)
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Ist eine Supermacht auf dem Rückzug noch eine Supermacht? Die sich vom Pariser Klimaabkommen verabschiedet und aus einem Handelsabkommen mit Asien, die den Freihandelspakt Nafta in Frage stellt, Zollschranken hochfahren will und der UN-Kulturorganisation Unesco den Rücken kehrt? Die nun vielleicht die internationale Gemeinschaft mit einem Platzen des Iran-Deals ein weiteres Mal brüskiert?

Um 12.45 Uhr Ortszeit (18.45 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) wird Donald Trump seine Haltung zum Atomabkommen mit Teheran klar machen. Jener Vereinbarung zwischen dem Iran, den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China, die die islamische Republik vom Bau einer Atombombe abhalten soll. Einer Übereinkunft, die vielen Konservativen in den USA nicht weit genug geht, die ihnen ein Dorn im Auge ist.

Frist für Trump läuft aus

Am Sonntag läuft eine Frist aus, innerhalb derer Trump dem US-Kongress sagen muss, ob die iranische Regierung die Auflagen der Vereinbarung erfüllt. Diese US-interne Selbstverpflichtung zur Zertifizierung ist nicht Bestandteil des Abkommens selbst. Sie beruht auf einem US-Gesetz, mit dem der demokratische Präsident Barack Obama dem Parlament ein Mitspracherecht einräumte. Der eigentliche Überwachungsmechanismus bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien läuft ohnehin separat.

Das Weiße Haus streut seit Tagen, der Präsident werde nicht nur zum Atom-Deal sprechen, sondern ein größeres Bild seiner Iran-Strategie umreißen. Selbst wenn es nun nicht zu einem sofortigen Rückzug der USA kommt - am Abkommen wird Trump kein gutes Haar lassen. Am Iran selbst sowieso nicht.

Trump könnte Abkommen in Frage stellen

Die US-Regierung könnte einen Mechanismus einleiten, der das Abkommen auf eine abschüssige Ebene setzt. Der womöglich eine zweite Ebene aufmacht, auf der der Iran nicht nur danach beurteilt wird, wie er es mit dem Atomthema hält.

Immer wieder hat Trump gegen das Abkommen gehetzt. Immer wieder hat er erklärt, es sei der schlechteste Deal, den sein Land je unterzeichnet habe. Seine Regierung stört sich an der Laufzeit der Vereinbarung. Sie beschuldigt die iranische Führung auch, deren "Geist" nicht gerecht zu werden.

Kritik am iranischen Einfluss in der Region

Wenn es um den "Geist" geht, verweist das Weiße Haus etwa auf die iranischen Raketentests sowie die Rolle Teherans in den Konflikten in Syrien, im Jemen und im Irak. In Syrien unterstützt der Iran die Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Im Jemen und im Irak fördert die schiitische Islamische Republik Schiitenmilizen - wie auch im Libanon die israelfeindliche Hisbollah.

Das alles sind Dimensionen, die im Atomabkommen gar nicht geregelt sind. Alle Beteiligten - auch die USA - bescheinigen dem Iran bisher, die Vereinbarung einzuhalten. Trump hat sie gegenüber dem Kongress bereits zweimal zertifiziert, wenn auch äußerst widerstrebend.

Gibt der Präsident den Ball weiter?

Der Republikaner könnte nun eine Doppelstrategie fahren. Der Präsident wird wahrscheinlich erklären, dass die Vereinbarung nicht im nationalen Sicherheitsinteresse der USA ist und er deswegen die Zertifizierung verweigert. Trumps Verteidigungsminister James Mattis suggerierte in der vergangenen Woche, dass dies noch nicht das Ende des Abkommens bedeuten müsse.

Trump will den Austritt der USA wohl nicht vollziehen. Der Präsident würde den Ball zum Kongress spielen, der innerhalb von 60 Tagen entscheiden müsste, ob er die ausgesetzten Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft setzt. Erst dieser Schritt wäre eine Verletzung des Abkommens seitens der USA; erst diese Maßnahme käme einem Ausstieg gleich. Womöglich setzen die USA auch auf andere Wege, um dem Iran so etwas wie ein anderes Paar großer Daumenschrauben anzulegen. Etwa: Verstößt Du gegen Auflagen, folgen Sanktionen. Das bedürfte aber neuer Regelungen und eines anderen oder erweiterten Gesetzes.

Empfehlung für Sanktionen unwahrscheinlich

Trump wird wohl keine klare Empfehlung für die Wiedereinführung der Sanktionen aussprechen wollen, wäre eine Mehrheit dafür im Senat doch ohnehin ungewiss. Eine weitere Niederlage bei einem so wichtigen Thema könnten sich die Republikaner nach der Blamage bei der Gesundheitsreform kaum erlauben.

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Trump hätte das Abkommen längst zu Fall bringen können, auch ohne den Kongress. Alle 120 Tage muss seine Regierung einen Erlass verlängern, durch den die Sanktionen gegen den Iran ausgesetzt bleiben. Sie hat dies jüngst im September getan. Indem er das Abkommen nun wohl nicht zertifiziert, brächte er damit auch offiziell seine Verachtung zum Ausdruck: ein weiteres Signal an seine Basis. Der ist der Deal ein verhasstes Überbleibsel aus der Obama-Ära.

Außerdem könnte Trump eine neue Drohkulisse gegenüber Teheran schaffen. Ein Ziel der Strategie sei, neue Verhandlungen über Punkte voranzutreiben, die nicht Teil des Abkommens sind, meint nicht nur die Denkfabrik Soufan Center. Gemeint sind etwa Irans Raketenprogramm oder die Rolle des Landes in den Konflikten im Nahen Osten.

Ziel: Neuordnung des Nahen Ostens?

Letztlich dürfte der US-Regierung eine Neuordnung der Nahost-Region vorschweben - und in einem solchen Design ist für die Hardliner das Atomabkommen mit dem Iran nicht ausreichend. Es muss weg oder ergänzt werden. Ein "weiter so" kann man ausschließen. Mit seiner strikt feindlichen Haltung gegenüber Teheran weiß sich Trump auch an der Seite Israels.

Die iranische Regierung hat indes deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an neuen Verhandlungen hat; auch in Europa ist der entsprechende Drang nicht sehr groß. Stattdessen könnten sich die Spannungen zwischen dem Iran und den USA verschärfen. Wahrscheinlich sei, dass Trumps Entscheidung die Hardliner im Iranstärke, sagt Barbara Slavin vom Atlantic Council. Präsident Hassan Ruhani hat in den vergangenen zwei Jahren stark auf das Abkommen gesetzt, er könnte unter Druck geraten.

In der Bundesregierung und bei den anderen Unterzeichnern wuchsen in den vergangenen Wochen die Sorgen, Trump könnte den Deal zum Platzen bringen. Auch die deutsche Wirtschaft reagierte alarmiert. Sie hat sich Milliardengeschäfte von der Einigung mit dem Iran erhofft. Wie das alles ausgeht, hängt stark, aber nicht alleine von Trump ab. Sondern von einer kleinteiligen und komplizierten Entwicklung der kommenden Monate. Neben Nordkorea ist der Nahe Osten das zweite, große Gravitationszentrum einer Krise dieser Ära.

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