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Ausblick auf 2018: Was kommt, was bleibt?


Ausblick auf 2018
Was kommt, was bleibt, was denkt sich die Geschichte aus?

MeinungKolumne von Gerhard Spörl

01.01.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Was bringt 2018? t-online.de-Kolumnist Gerhard Spörl über seine Erwartungen an das neue Jahr.Vergrößern des Bildes
Was bringt 2018? t-online.de-Kolumnist Gerhard Spörl über seine Erwartungen an das neue Jahr. (Quelle: Christoph Schmidt/dpa)

Trump fängt keinen Krieg mit Nordkorea an und Deutschland sollte es mit einer Minderheitsregierung versuchen. Und Fußballweltmeister werden wir auch!

Was bringt dieses neue Jahr? Für mich gibt es einige absehbare Ereignisse: Mein vierter Enkel kommt Anfang März zur Welt, unsere Tochter fängt ihr Studium an, ich schreibe ein Buch zu Ende. Ansonsten habe ich eine Wette laufen, dass Trump Ende 2018 nicht mehr Präsident sein wird. Schaun mer mal.

Und die anderen Dinge, mit denen sich diese Kolumne abmüht? Ich bin ein skeptischer Optimist, eine Haltung, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe. Mit Niedergang und Untergang und Apokalypse habe ich wenig im Sinn. Selbst Donald Trump kann mich nicht davon abbringen, auch wenn es mir manchmal schwer fällt, Fassung zu bewahren. Also, ich glaube nicht, dass er einen Atomkrieg mit Nordkorea anfängt. Wäre hirnrissig, davon würden ihn ein paar seiner Generäle abhalten.

Ich vermute eher das Gegenteil: Amerika könnte auf die Idee verfallen, diplomatische Verbindungen mit dem Raketenmann aufzunehmen. Ich stelle mir das herrlich vor: The Donald, offener Mantel, Wampe, toupiertes Haar, Schmollmund, geht auf Kim Jong-un zu, Pausbacken, Watschelgang, Joshua-Kimmich-Frisur. Er schüttelt ihm die Hand und sagt hinterher, dass er mit ihm das beste, klügste, interessanteste Gespräch geführt hat, dass je ein Präsident in der amerikanischen Geschichte mit einem Führer eines anderen Landes geführt hat. Er sei sich mit ihm absolut einig, dass jedes Land Atomwaffen haben dürfe, natürlich nur zur Abschreckung der Bösen, von denen die Welt voll sei, vor allem in Washington, Damaskus und Teheran.

Der Nahe Osten: Alles ist möglich und auch das Gegenteil davon. Immerhin hoffe ich darauf, dass der Krieg in und um Syrien wirklich abebbt. Schon mal aus Prinzip hoffe ich das, denn genau so wenig wie es immer und ewig bergauf geht, geht es immer und ewig bergab. Assad überlebt dank der Überlegung, dass dauerhafte Instabilität mit ihm besser ist als dauerhafte Instabilität ohne ihn. Ihn hält die seltsame Allianz aus Russland, Iran und der Türkei an der Macht. Sie dürfte 2018 erodieren, da jedes Land eigene Interessen verfolgt. Im Hintergrund steht die Weltmacht Amerika, die ein bisschen von dem Einfluss zurück gewinnen möchte, den sie verloren hat.

China ist Zukunft. China ist ein Labor

Was bleiben wird, ist die hegemoniale Rivalität zwischen Iran und Saudi-Arabien. Der junge Kronprinz in Riad ist der Unruhestifter. Er will zeigen, was er kann, was häufig schief geht. Iran behält seinen Januskopf: Die Regierung sucht Zugang zur Welt, die Revolutionären Garden würden gerne die Revolution exportieren. Für Israel ist die Lage im Nahen Osten momentan herrlich und unerfreulich zugleich: Keine akute Bedrohung von außen, die aber zum Lebenselixier der regierenden Rechten gehört, allen voran Benjamin Netanjahu. Solange Iran, Hamas und Hisbollah mit Syrien beschäftigt sind und Ägypten sich mit sich selbst beschäftigt, ist Israel fein heraus, objektiv gesehen, und die Regierung könnte ohne Paranoia auskommen. Könnte.

Was in China passiert oder nicht passiert, verfolge ich mit großen Augen und Ohren. China ist Zukunft. China ist ein Labor. Dieser historisch singuläre Dualismus aus Einparteiendiktatur und Kapitalismus kann sich systematisch weiter entfalten, aber irgendwann werden die Widersprüche aufbrechen und dann muss sich zeigen, wie geschmeidig die Leute um Xi Jinping oder deren Nachfolger reagieren. Nichts geht immer nur geradeaus. Immer denkt sich die Geschichte Überraschungen aus und lässt vor allem jene stolzen Herren schlecht aussehen, die felsenfest davon überzeugt sind, dass sie alles im Griff haben.

Europa, ach, Europa: kühler Kontinent. Renationalisierung im alten Osten. Ungeheuerlicher, absurder Auszug Großbritanniens. Nur einer traut sich, groß zu denken, Emmanuel Macron. Er wartet darauf, dass Deutschland ihm eine Antwort auf seine Kaskade an Vorschlägen gibt, mit denen er die Europäische Union reformieren will. Er setzt den Zynikern in Warschau und Budapest und dem Naseweis Sebastian Kurz in Wien etwas entgegen. Guter Mann. Ein Franzose, ein Europäer!

Womit wir bei uns selber angekommen wären. Deutschland geht es sensationell gut. Wachstum prima. Arbeitslosigkeit gering. Steueraufkommen: erstaunlich. Export: floriert wie immer. Die Binnenkonjunktur floriert auch. Deutschland ist eine Insel der Seligen in Europa. Eine Freude, so ein Land zu regieren, oder? Warum sollten wir es nicht mal mit einer Minderheitsregierung probieren? Natürlich nur auf Zeit. Dann Neuwahlen.

Ja, ich weiß schon, ich vertrete eine Minderheitenmeinung. Kluge Zeitgenossen wie mein t-online.de-Chefredakteur Florian Harms sind für eine Große Koalition. Verständlich. Ich könnte mich auch dafür erwärmen, wenn die SPD nicht in noch mehr Parteien als üblich zerfallen wäre, was dazu führt, dass sich allein die Entscheidung über Sondierungsgespräche quälend hinzieht. Wie lange will sie uns noch warten lassen? Und wie lange hält die Geduld der Union an? Die Wähler sind wenig amüsiert und lassen die SPD bei neuen Umfragen unter die zwanzig Prozent fallen. Höchststrafe. Nirwana.

Warum sollte Deutschland nicht Weltmeister werden?

Ich habe in meinem Leben oft die SPD gewählt. Aber die Gründe sind mir ausgegangen. Sigmar Gabriel ist ein großes, schlampiges Talent. Leitkultur und Heimat empfiehlt er seiner Partei seit neuestem: Na toll. Heute dies und morgen das: Trumpmäßig verhält er sich. Martin Schulz: Was noch mal will er, was schwebt ihm vor?

Wenn es nach mir ginge, würde die Kanzlerin sagen: Liebe SPD, genug gewartet, leg dich in die Ackerfurche oder regeneriere dich anderweitig, ich mach’ es ohne dich.

Dass eine Minderheit in Deutschland regiert, hat es in der Nachkriegsgeschichte noch nicht gegeben. Es ist ungewohnt, es ist auch bestimmt nicht einfach, wenn sich eine Kanzlerin Mehrheiten im Bundestag suchen muss. Aber es wäre besser als der Mehltau zweier Parteien, von denen die eine Partei sowohl Angst vorm Mitmachen hat als auch Angst vorm Nichtmitmachen und vor allem Angst davor, das Falsche zu tun. Ein Trauerspiel. Unwürdig.

Lassen Sie uns schnell das Thema wechseln. In diesem Jahr findet die Fußballweltmeisterschaft statt. Was haben Sie für ein Gefühl? Frankreich ist bärenstark, Spanien immer beachtenswert, Brasilien will sich rehabilitieren. Titelverteidigungen sind schwer. Aber warum sollte es die deutsche Mannschaft nicht noch einmal schaffen? Auf alle Fälle haben wir ein Anrecht auf grandiose Spiele mit spektakulären Toren. Zur Einstimmung sollten wir uns das 7:1 gegen Brasilien noch mal anschauen.

Was immer auch die Geschichte sich für 2018 ausgedacht haben mag: Ich wünsche Ihnen, dass das Gute richtig gut ausfällt und das Schlechte glimpflich.

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