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Unionsparteien: CDU und CSU legen Streit um Obergrenze bei


Erste Details sickern durch
CDU und CSU legen Streit um Obergrenze bei

dpa, df

Aktualisiert am 08.10.2017Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel und Horst Seehofer rangen lange um eine gemeinsame Linie.Vergrößern des BildesAngela Merkel und Horst Seehofer rangen lange um eine gemeinsame Linie. (Quelle: Archivbild/Michaela Rehle/Reuters-bilder)
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Die Union hat sich nach jahrelangem Streit über eine Flüchtlings-Obergrenze beim Thema Zuwanderung geeinigt. Bei den Verhandlungen über einen gemeinsamen Kurs für die anstehenden Jamaika-Koalitionsgespräche erzielten CSU und CDU ein Kompromiss.

Von Teilnehmern der Runde um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin hieß es am frühen Abend, man arbeite bereits an einem endgültigen Text für die Einigung. Dafür habe man Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hinzugeholt.

Parteichefs sprechen unter vier Augen

Nach einstündigen getrennten Beratungen beider Seiten hatten sich Merkel und Seehofer am späten Nachmittag zu einem weiteren Gespräch unter vier Augen zurückgezogen. Auch das wurde in Teilnehmerkreisen als positives Zeichen für eine Einigung gewertet. Mit einem Kompromiss in der lange schwelenden Obergrenzen-Debatte wäre das wichtigste Hindernis für einen gemeinsamen Kurs der zerstrittenen Unionsschwestern in den anstehenden Jamaika-Verhandlungen mit FDP und Grünen beseitigt.

Zuvor hatte Merkel der CSU nach dpa-Informationen einen Kompromissvorschlag beim schwierigsten Streitthema Zuwanderung vorgelegt. In Teilnehmerkreisen hieß es, damit könne es Seehofer möglich sein, sein Versprechen einer Obergrenze von 200.000 Menschen einzuhalten, die in einem Jahr nach Deutschland kommen dürften.

Lösung soll Seehofer helfen, das Gesicht zu wahren

Der Kompromiss wird nach dpa-Informationen auch die Zahl 200.000 enthalten. Diese werde sich auf den humanitären Zuzug beziehen, also auf die Anzahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Arbeitsmigration oder die europäische Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt seien von der Regelung nicht betroffen. Damit hätte CSU-Chef Seehofer zumindest einen gesichtswahrenden Kompromiss erreicht.

Wichtiger Teil des Kompromisses sei es, dass auch künftig kein Asylsuchender an der deutschen Grenze abgewiesen werden solle. In Fällen, in denen Menschen an der Grenze Asyl beantragten, werde es auch künftig ein ordentliches Verfahren geben, hieß es weiter. Damit werde Merkels Zusage umgesetzt, dass das Grundrecht auf Asyl keine Obergrenze kenne.

Ausnahmeregel für zukünftige Krisen

Die Einigung soll auch eine Ausnahmeregelung vorsehen. Demnach sollen sich in Ausnahmesituationen - beispielsweise bei humanitären Krisen - Bundesregierung und Bundestag mit der Frage befassen, wie man mit einem möglichen neuen Flüchtlingsansturm auf Europa und Deutschland umgeht.

Verfahren für neu ankommende Asylbewerber sollen in "Entscheidungs- und Rückführungszentren" gebündelt werden. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg sowie im baden-württembergischen Heidelberg. Die Asylbewerber sollen demnach bis zur Entscheidung über ihren Antrag dort bleiben. Die notwendigen ausländerrechtlichen Entscheidungen sollen in diesen Einrichtungen getroffen werden. Falls Anträge abgelehnt werden, sollten die Betroffenen aus diesen Einrichtungen zurückgeführt werden.

Liste der sicheren Herkunftsländer soll wachsen

Im Entwurf für die Einigung wird zudem die Forderung untermauert, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern. Dies gelte mindestens für Marokko, Algerien und Tunesien.

Seehofer drang vor dem Treffen - auch angesichts der Wahlerfolge der AfD - auf eine konservative Rückbesinnung der Union. Die Union war bei der Wahl am 24. September zwar stärkste Kraft geworden, hatte aber starke Verluste erlitten und mit 32,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren. Nachdem sich die SPD auf eine Oppositionsrolle festgelegt hat, will Merkel mit FDP und Grünen über ein Bündnis verhandeln, wie sie erstmals offiziell am Samstag auf dem Bundestreffen der Jungen Union in Dresden ankündigte.

"Eine nicht ganz einfache Situation"

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte auf die Frage, ob die Schwesterparteien vor der schwierigsten Situation seit ihrem Kreuther Trennungsbeschluss von 1976 stünden, sagte er: "Es ist eine nicht ganz einfache Situation." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erweckte bei den wartenden Journalisten den Eindruck, die Gespräche könnten sich bis tief in die Nacht ziehen: "Habt Ihr Eure Schlafsäcke dabei?", fragte er.

Herrmann sagte, man habe eine gemeinsame Verantwortung, "eine möglichst stabile Regierung für die Deutschland zu bilden". Die CSU sei auch offen für Gespräche mit den Grünen. Zwischen den Wahlprogrammen gebe es aber "nur eine begrenzte Schnittmenge".

Seehofer brachte Zehn-Punkte-Plan mit

In einem Zehn-Punkte-Plan für das Unionstreffen forderte Seehofer eine Hinwendung zu klassisch konservativen Themen wie Leitkultur und Patriotismus, um die gesamte Union auf einen konservativeren Kurs zurückführen. In dem Papier war der umstrittene Begriff Obergrenze ohne Nennung einer konkreten Zahl in einer Art Überschrift enthalten. Im erklärenden Text wurde dann von "Begrenzung" gesprochen.

Der Plan war nach dpa-Informationen nicht mit dem CSU-Vorstand abgestimmt. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber kritisierte die Vorlage des Konzepts vor dem Treffen als "stillos und sinnlos": "Das ist eine Halbstarken-Methode, vorher noch die Muskeln spielen zu lassen. Wir haben große Verluste bei den Wählerstimmen, wir sollten mit mehr Demut in die Gespräche gehen", sagte er dem Bayerischen Rundfunk.

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FDP-Generalsekretärin Nicola Beer machte eine Jamaika-Koalition auch vom Klärungsprozess innerhalb von CDU und CSU abhängig. Die FDP könne kein "Stützrad" einer Politik mehr sein, in der es keine größeren Zukunftsvisionen abseits der Tagespolitik gebe, sagte Beer auf dem Bundeskongress der Jungen Liberalen in Jena. Sie verlangte "ein Projekt des Aufbruchs".

Die Grünen fordern von der Union ein baldiges Signal zur Aufnahme von Jamaika-Sondierungen. "Die Sondierungsgespräche, die schwer genug werden, müssen spätestens nach der Niedersachsenwahl beginnen", sagte Parteichef Cem Özdemir am Sonntag. Die drängenden Probleme würden nicht warten.

CDU-Chefin Merkel hatte am Samstag beim "Deutschlandtag" der Jungen Union erstmals offiziell Jamaika-Gespräche angekündigt. Man werde mit FDP und Grünen "um die richtigen Antworten ringen". Die SPD sei "auf Bundesebene auf absehbare Zeit nicht regierungsfähig". Deshalb sollten keine Gedanken an eine Neuauflage der großen Koalition verschwendet werden. Über einen Koalitionsvertrag werde ein Sonderparteitag der CDU entscheiden.

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