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Koalitionspartner SPD? Warum eine GroKo auch der CDU Bauchschmerzen macht


Strategische Bedenken
Große Koalition macht auch CDU Bauchschmerzen

Von reuters
Aktualisiert am 27.11.2017Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim CDU-Landesparteitag von Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende: Starke Bedenken wegen einer großen Koalition hat nicht nur die SPD.Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Angela Merkel beim CDU-Landesparteitag von Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende: Starke Bedenken wegen einer großen Koalition hat nicht nur die SPD. (Quelle: imago-images-bilder)
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Für die Union scheint die SPD inzwischen der natürliche Koalitionspartner zu sein. Doch bei der CDU hält sich die Begeisterung über eine große Koalition in Grenzen. Und das hat Gründe.

Vier Stunden lang brütete die CDU-Spitze am Sonntagabend darüber, wie sie nach dem FDP-Aus für die Jamaika-Sondierungen weiter verfahren soll. Das Ergebnis war ein klares Plädoyer für eine große Koalition – weil es auch aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel derzeit die einzige Option zu sein scheint, die Deutschland eine stabile Regierung bescheren könnte.

CDU-Spitzenpolitiker wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther oder Unions-Fraktionschef Volker Kauder sprechen sich deshalb dafür aus – und bezeichneten weitere Varianten wie Minderheitsregierungen oder Neuwahlen als klar schlechtere Optionen. "Die Bildung einer stabilen Regierung ist aus meiner Sicht ein Wert an sich für ein Land", mahnte Merkel am Montag.

Von einer GroKo profitiert vor allem die CSU

Doch in Wahrheit, so heißt es in der CDU-Spitze, sei die Begeisterung weniger groß als dies nach außen wirke. Denn eine Neuauflage der großen Koalition wäre für die Union neben einigen Vorteilen auch mit enormen Risiken behaftet.

Ein Gewinner der Entwicklung sitzt in München – die CSU. Nach der Bundestagswahl hatten etliche CSU-Spitzenpolitiker sehr schnell darauf gesetzt, dass die SPD trotz ihres Neins zur Fortsetzung der großen Koalition umfallen würde und sollte. Vor allem dem Jamaika-Kritiker und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt war lange unterstellt worden, er arbeite mit seiner harten Dauerkritik an den Grünen geradezu an einem Scheitern der Jamaika-Sondierungen.

In der Außenpolitik ist die SPD am verlässlichsten

Der Hintergrund: CSU-Strategen sehen ein Bündnis mit der SPD im Bund als beste Ausgangslage für einen erfolgreichen eigenen Wahlkampf bei den bayerischen Landtagswahlen im Herbst 2018. Ein Bündnis mit den jahrelang bekämpften Grünen, so hatten CSU-Politiker lange argumentiert, wäre Wählern viel schwerer zu erklären gewesen – gerade mit Blick auf die in Bayern bei der Bundestagswahl starke AfD.

Zumindest in der Europa- und Außenpolitik gilt die SPD aber auch aus Sicht der CDU als der beste verfügbare politische Partner. Zwar gibt es Differenzen etwa bei der Erhöhung der Bundeswehrausgaben. Aber sowohl bei den Auslandseinsätzen als auch den großen Linien der Europapolitik gab es in den vergangenen Jahren breite Übereinstimmung.

In der Europa-Politik gibt es Differenzen

Die Mehrheit von Union und SPD wäre im Bundestag zwar lange nicht mehr so groß wie in der letzten Legislaturperiode. Aber Merkel könnte in Brüssel relativ entschlossen auftreten. "Viele europäische Dinge, die jetzt zur Entscheidung anstehen – die kann eine große Koalition gut lösen", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).

Allerdings gibt es auch Differenzen: So steht die SPD den Vorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Reform der Euro-Zone weit positiver gegenüber als die Union – und auch Grüne und FDP. Merkel mahnte deshalb in der CDU-Präsidiumssitzung, dass die Union sich deshalb eine klare Verhandlungsposition festlegen müsse. Je nachdem wie hart die SPD in der Europapolitik bei Sondierungen pokern will, könnte hier eine Hürde für die Bildung einer große Koalition entstehen.

Inhaltliche Fragen erscheinen lösbar

Weitere könnten in der Renten-, Gesundheits- und Steuerpolitik bestehen, wenn die SPD etwa auf einem Rentenniveau von 50 Prozent des letzten Lohns, einer Bürgerversicherung oder Steuererhöhungen für Besserverdienende bestehen sollte.

Während die inhaltlichen Fragen in der CDU-Spitze aber derzeit noch als lösbar gelten, gibt es grundsätzliche strategische Bedenken. So hatten es führende Christdemokraten nach der Wahl durchaus positiv gesehen, dass die SPD größte Oppositionspartei werden könnte.

Strategische Bedenken wegen AfD und FDP

Denn zum einen wurde mit einem Jamaika-Bündnis die ungewöhnliche Chance gesehen, gegen die Polarisierung in der Gesellschaft anzugehen. Zum anderen hätte die SPD als Oppositionsführer auch verhindert, dass die AfD diese Rolle spielen kann. Bei einer Neuauflage der großen Koalition würden die Rechtspopulisten in dieser Rolle nachrücken.

Das größere strategische Problem wird in der Union aber darin gesehen, dass die Neuauflage der großen Koalition bei künftigen Wahlen sowohl der SPD als auch der Union Probleme bereiten könnte. Denn bisher profitierten stets die politischen Ränder von Bündnissen der Volksparteien in Deutschland.

"Sozialdemokratisierung" der Union?

Nun könnte auch das Kalkül der FDP aufgehen, Union und SPD durch die Verweigerung eigener Regierungsverantwortung erneut in ein solches Bündnis zu zwingen. "Eine große Koalition ist der einzige Ausweg aus dieser Situation", sagte etwa der FDP-Vize Wolfgang Kubicki in der "Neuen Zürcher Zeitung".

Die Liberalen, so der Verdacht in der CDU-Spitze, rechnen fest damit, dass die Union der SPD schmerzhafte Zugeständnisse etwa in der Sozialpolitik machen müsse: Spätestens bei den nächsten regulär anstehenden Bundestagswahlen 2021 wolle sich die FDP dann als einzig verbliebene "bürgerliche" Partei präsentieren und erneut auf die angebliche "Sozialdemokratisierung" der CDU verweisen.

Große Koalition nicht um jeden Preis

Die CDU hat sich auch mit Blick auf diese Gefahr deshalb bereits vorgenommen, nicht um jeden Preis eine große Koalition einzugehen. "Es wäre schön, wenn Deutschland eine stabile Regierung hat", sagte CDU-Chefin Merkel am Samstag. "Aber Deutschland muss auch eine Regierung haben, die das Land voranbringt."

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Debatte bei der CDU
Von Sara Sievert



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