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Tagesanbruch: 10 Jahre US-Finanzkrise, Nations League & Merkel trifft Macron


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 07.09.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Sitz der Börse in New York.Vergrößern des Bildes
Sitz der Börse in New York. (Quelle: Andrew Gombert EPA/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Was kommt dabei heraus, wenn elf Türsteher Schulter an Schulter zu verhindern versuchen, dass sich irgendjemand an ihnen vorbeischleicht? Die neue deutsche Nationalelf. So defensiv wie gestern Abend ist schon lange kein DFB-Team mehr aufgetreten. Irgendwie verständlich: Nach den überheblichen WM-Auftritten und dem Scheitern des Mottos “wir kommen eh an jedem vorbei“ konnte sich Bundestrainer Löw nun um Gottes Willen keinen Fehler mehr erlauben. Also stellte er ein Team von Türstehern auf. Und die taten in erster Linie, was Türsteher eben tun: Sie ließen keinen rein. Am Ende reichte es für ein 0:0. Merke: Wer sich kleine Ziele setzt, kommt schneller zum Erfolg. Aber auf Dauer werden kleine Erfolge den deutschen Fußballfans nicht reichen. Unser Reporter Luis Reiß, der gestern im Stadion saß, vergibt in seiner Einzelkritik der DFB-Spieler sogar einmal die Note 5. Ausgerechnet an…

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WAS STEHT AN?

Türkei, Russland und Iran treffen sich zum Syrien-Gipfel, anschließend könnte die Großoffensive gegen die letzte Rebellenhochburg Idlib beginnen. Bundeskanzlerin Merkel trifft Frankreichs Staatspräsidenten Macron, um über Flüchtlingspolitik, den Brexit und die Reform der Eurozone zu sprechen. Der BER-Untersuchungsausschuss versucht, das Planungsdesaster um den Hauptstadtflughafen aufklären. Und Horst Seehofer sorgt wieder mal für die Mutter aller Schlagzeilen. Keine Frage: An Nachrichten herrscht heute kein Mangel.

Ich möchte Ihnen heute Morgen trotzdem ein anderes Thema nahebringen. Es liegt schon eine Weile zurück, ziemlich genau zehn Jahre, und viele Menschen sprechen darüber wie über eine längst im Nebel der Historie versunkene Erinnerung. Wenn sie überhaupt noch darüber sprechen. Dabei gibt es wenige Ereignisse, die unser Leben so stark beeinflusst haben wie dieses. Nicht nur unseres, auch das von Millionen anderen Menschen.

Massenentlassungen, Insolvenzen und Obdachlosigkeit in den USA. Armut, Elend und Hungerkrisen in Afrika. Landflucht, Brot-Revolten und Aufstände, die in Kriege und Flüchtlingsströme mündeten, in Arabien. Schuldendrama, Nullzinsen für Sparer und die jahrelange Beschäftigung des Politikbetriebs (wodurch andere drängende Probleme in den Hintergrund gerieten) in Europa. Diese und viele weitere gravierende Entwicklungen rund um den Globus: Alle wurden sie ausgelöst oder verschärft durch die amerikanische Finanzkrise, die vor zehn Jahren ihren ersten Höhepunkt erreichte. Am 7. September 2008 übernahm die US-Regierung die Kontrolle über die eingebrochenen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, am 15. September 2008 kollabierte die Investmentbank Lehman Brothers.

Das Drama hatte als Immobilienkrise begonnen, fraß sich als Banken- und Börsenkrise in die Wirtschaft, mündete in eine gigantische Staatsschuldenkrise – und stürzte Millionen Menschen ins Unglück. Hausbesitzer in Amerika ebenso wie Bauern in Ägypten, Arbeitnehmer in Spanien ebenso wie Hirten in Syrien. Sicher: Nicht immer war die US-Finanzkrise der Auslöser für die folgenden Eruptionen – aber sie war der Brandbeschleuniger, der aus glimmenden Problemen einen Feuersturm machte. Beispielhaft möchte ich Ihnen nur eine einzige Zahl nennen: Laut den Vereinten Nationen stieg die Zahl hungernder Menschen damals binnen eines Jahres um 100 Millionen. Einhundert Millionen.

Angesichts der in Deutschland und in Amerika nun wieder brummenden Konjunktur vergessen wir manchmal, dass viele Probleme, mit denen wir in Europa sowie in vielen Länder Afrikas und des Vorderen Orients bis heute konfrontiert sind, zu einem wesentlichen Teil auf diese globale Erschütterung vor zehn Jahren zurückgehen. Auch die permanent diskutierte Migration wurzelt teilweise in der Finanzkrise. Nichts ist gefährlicher, als die Lehren der Geschichte zu vergessen. Wir müssen uns immer wieder den Hergang der Ereignisse vergegenwärtigen: Immobilienkäufer, die sich immer weiter verschuldeten, eine permanente Niedrigzinspolitik, zu wenig staatliche Regulierung von Banken und Ratingagenturen standen am Anfang der Krise. “Die Jagd nach Höchstrenditen, unverantwortliches Managerverhalten, leichtfertige Vergabe von Krediten, extreme Aufblähung des Kreditvolumens, Auslagerung von Kreditrisiken aus Bankbilanzen, undurchsichtige Umwandlung von Kreditrisiken in breit gestreute Wertpapiere sowie aggressives Investorenverhalten wirkten in der Krisenentstehung ineinander“, schrieb die Hans Böckler Stiftung 2009 in einer Analyse. Ich denke, man kann es in einem Wort zusammenfassen: Gier. Gier nach mehr Eigentum, mehr Rendite, mehr Macht, mehr Boni, mehr Geld.

So. Und nun warten Sie natürlich auf die Pointe dieser Geschichte. Sie bekommen sie, aber sie fällt leider nicht positiv aus. Wurden die Hauptschuldigen der Krise bestraft? Nein. Strafrechtlich kamen die Pleite-Banker weitgehend davon. Werden Banken heute strikt reguliert? In Europa ja – aber in den USA nicht wirklich. Die republikanische Kongressmehrheit hat die Kontrolle der Institute kürzlich wieder gelockert. Die Lehren der Geschichte scheinen in Vergessenheit zu geraten. Nichts ist gefährlicher.

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ZITAT DES TAGES:

"Man kann nicht gleichzeitig Merkel und Orban unterstützen.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Kandidatur des CSU-Politikers Manfred Weber für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. ______________________________

WAS LESEN?

Wer Fehler macht, sollte dazu stehen und sich entschuldigen. So halten wir es in der t-online.de-Redaktion. In unserer Berichterstattung zu den Protesten in Chemnitz war uns ein Fehler unterlaufen. Das haben wir bedauert und transparent korrigiert – und damit eine kontroverse Debatte unter unseren Leserinnen und Lesern entfacht. Meine Kollegin Charlotte Janus dokumentiert Auszüge daraus.

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Es gibt Geschäftsideen, die Geschichten sind. Ermutigende Geschichten. Tragische Geschichten. Heute möchte ich Ihnen von Mohamed Mahamoud Sheikh erzählen, einem Jungunternehmer, risikofreudig, optimistisch. Seine Geschäftsidee: eine Reinigung aufmachen. Nicht irgendwo, sondern in Mogadischu. Ihm war aufgefallen, dass Politiker und Geschäftsleute aus Somalia den Flieger in ein Nachbarland stets mit viel Gepäck bestiegen: Schmutzwäsche, Anzüge, Hemden. Die ließen sie dann während Konferenzbesuchen in Äthiopien reinigen. Was sollten sie auch machen, schon seit mehr als 20 Jahren hatte es in Mogadischu keine Reinigung mehr gegeben. Also nahm Mohamed Mahamoud Sheikh Abschied vom komfortablen Leben in Dubai, kehrte in seine von Gewalt gebeutelte Heimat zurück – und eröffnete in der Hauptstadt eine, genau: Reinigung.

Niemand weiß, wer die beiden Typen waren, die am helllichten Tag in einer besonders gesicherten Zone der Stadt auftauchten und den jungen Mann in seinem Auto erschossen. Jeder weiß, dass es zahllose Waffen und zahlreiche Anlässe gibt, um in Mogadischu zu töten. Die Islamisten von Al-Shabab. Ein Politiker, dem eine Äußerung missfiel. Ein Geschäftskonkurrent. Gewöhnliche Kriminelle. Eine Verwechslung. Ein Versehen.

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Nach dem Mord an Mohamed Mahamoud Sheikh demonstrierten junge Leute in der Stadt – mit einer einfachen Forderung: Stoppt das Töten junger Leute! Sie verlangten Aufklärung und Rechenschaft. Ein Wunsch, so fern, dass er von großem, bewundernswertem Optimismus zeugt. Von Veränderungswillen. Als würde man in einem Kriegsgebiet eine Reinigung aufmachen.

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"Papa, wenn ich groß bin, will ich YouTuber werden." Bei diesem Satz rollen sich den meisten Eltern wahrscheinlich die Zehennägel hoch. YouTube – ist das nicht die Heimat der drolligen Katzenvideos und Beauty-Tutorials? Kann man davon überhaupt leben? Und ob. Die Videoplattform hat eine neue Generation von Jungunternehmern und Superstars hervorgebracht, die mit ihren Filmchen ein Millionenpublikum unterhalten. Das sieht oft leicht aus, ist aber harte Arbeit. Wie viel Einsatz wirklich dahinter steckt und wie sehr eine steile Internet-Karriere das Leben eines jungen Menschen auf den Kopf stellen kann, haben die beiden YouTube-Stars Jonas Ems und Julia Beautx meiner Kollegin Laura Stresing verraten.

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WAS AMÜSIERT MICH?

Ich sage es mal so: Das handwerkliche Geschick variiert. Manche Leute schreinern im Keller ihre Möbel selbst, andere können keinen Hammer in die Hand nehmen, ohne sich kräftig auf die Finger zu hauen. Gehören Sie dazu? Dann habe ich heute Bilder des Trostes für Sie. Von einem Hammer. Mit einem Nagel. Die Rettung ist nahe!

Ich wünsche Ihnen stets ein sicheres Händchen. Und ab morgen ein schönes Wochenende – wenn Sie mögen mit der neuen Audio-Ausgabe des Tagesanbruchs: ab Samstagmorgen hier.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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