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Tagesanbruch: Rennt die SPD gut gelaunt in die Scheidung?


Was heute wichtig ist
Rennt die SPD gut gelaunt in die Scheidung?

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 11.02.2019Lesedauer: 7 Min.
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Die SPD-Spitze: Olaf Scholz (v. l.), Andrea Nahles, Thorsten Schäfer-Gümbel, Lars Klingbeil, Malu Dreyer, Ralf Stegner und Manuela Schwesig.Vergrößern des Bildes
Die SPD-Spitze: Olaf Scholz (v. l.), Andrea Nahles, Thorsten Schäfer-Gümbel, Lars Klingbeil, Malu Dreyer, Ralf Stegner und Manuela Schwesig. (Quelle: Gregor Fischer/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages – heute von mir als Stellvertreter von Florian Harms:

WAS WAR?

Zwei Gespenster gehen um in Deutschlandso formulierte es mein Kollege Jonas Schaible gestern im Vorfeld der Klausur des SPD-Vorstands und des "Werkstattgespräches Migration, Integration und Sicherheit" der CDU. Zwei Parteien, zwei Veranstaltungen von Sonntag bis Montag, und zwei Ziele: Schluss machen mit der Vergangenheit. Mit Gespenstern sind Hartz IV bei der SPD und die Flüchtlingspolitik von Merkel bei der CDU gemeint. Die Themen verfolgen die beiden Parteien seit Jahren.

Aber ist das wirklich alles? Die Spitzen beider Parteien haben zuletzt öffentlich die große Koalition infrage gestellt.

Allein die SPD riskiere die Zusammenarbeit mit dem Beschluss des Konzepts für einen "neuen Sozialstaat" von gestern Abend, schreiben einige Kommentatoren – dazu gehöre auch die Idee der "Respektrente" von Arbeitsminister Hubertus Heil, von der der Koalitionspartner nur aus der Zeitung erfuhr. Klar ist: Über allem steht das Ziel, den Niedergang der Partei zu stoppen. Und genau das ist in einer großen Koalition bis 2021 schwierig bis unmöglich. Für den Herbst haben beide Parteien eine Revisionsklausel für den Koalitionsvertrag vereinbart.

Bei der Klausur des Parteivorstands konnte man das Gefühl bekommen, dass die gut gelaunte SPD-Spitze neuen Mut geschöpft hat. So einig und kampflustig wirkte sie lange nicht. Provoziert die SPD nun ein Ende der großen Koalition, wie es einige Medien berichten? Rennt sie womöglich lachend in die Scheidung? Dafür spricht, dass die SPD nun zumindest mit dem neuen Programm endlich etwas in der Hand hat, um an einer Profilschärfung zu arbeiten. Und damit die Voraussetzungen, beim Szenario möglicher Neuwahlen nicht komplett unterzugehen. Dagegen spricht, dass Parteichefin Andrea Nahles und Vize-Kanzler Olaf Scholz nach wie vor kein Interesse am Platzen einer Koalition haben.

Dabei wären Neuwahlen nicht zwangsläufig die Folge. Ob eine Minderheitsregierung der CDU oder ein neuer Jamaika-Anlauf ohne eine Kanzlerin Merkel – Optionen gibt es durchaus.

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Ohne Kanzlerin Merkel, dafür unter der Leitung von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann von der Schwesterpartei CSU, finden im Konrad-Adenauer-Haus die Workshops zum Thema Migration statt. Um Merkel soll es dabei nicht gehen, versicherte Generalsekretär Paul Ziemiak. Eigentlich ...


Paul Ziemiak steht nicht nur beim "Werkstattgespräch" im Fokus. Am Wochenende war es der CDU-Generalsekretär, der bewiesen hat, dass Politiker und soziale Netzwerke leider immer noch überhaupt nicht zusammen gehen, indem er mit einem Tweet für Ärger sorgte. Über die mittlerweile weltbekannte schwedische Aktivistin, die jeden Freitag für den Klimaschutz protestiert und nicht zur Schule geht, schrieb er: "Greta Thunberg findet den deutschen Kohlekompromiss 'absurd' – Oh, man ... kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie. Arme Greta!" Dazu das Emoji, bei dem sich ein Affe die Augen zuhält.

Die Konsequenz? Ziemiak bekommt auf einen Post normalerweise nicht mehr als 50 Antworten – diesmal waren es 2.500 nach nur einem Tag. Unverständnis, Kritik und Hohn von allen Seiten. Tenor: Wie kann man von einer 16-Jährigen verlangen, in erster Linie an Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu denken? Beispielsweise Renate Künast konterte: "Sie werfen einer 16-Jährigen vor, dass sie auch mal an die Zukunft ihrer Generation denkt angesichts der Probleme, die sie erben? Das ist sowas von gefühlskalt + unchristlich!"

Das Problem ist dabei nicht der Inhalt des Tweets von Ziemiak, sondern die ungeschickte Ausdrucksweise. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn formulierte zuletzt unglücklich und musste sich entschuldigen. Grünen-Parteichef Robert Habeck meldete sich sogar ab, weil er Twitter als "spaltend und polarisierend" empfindet. Er hatte sich dort zuvor gleich zweimal vergaloppiert. Auffällig: Ziemiak ist 33 Jahre jung, Spahn 38 – und Habeck 49. Es sind also nicht mal die Älteren, die mit den sozialen Netzwerken über Kreuz liegen.

Vier Thesen, woran das liegen könnte:

1. Einige Politiker zeigen in sozialen Netzwerken ihr wahres Gesicht. Während sie bei öffentlichen Auftritten jede Äußerung vorher genau abgewogen haben, sind die 280 Zeichen bei Twitter schnell rausgehauen.

2. Sie denken, sie müssen sich dem teilweise rauen Ton auf Twitter anpassen – und schießen dann über ihr Ziel hinaus. "Arme Greta" – so hätte es Ziemiak vermutlich in keiner Talkshow gesagt.

3. Sie sind offensichtlich nicht gut im Umgang mit Netzwerken geschult und beraten. Eine Strategie ist nur selten zu erkennen. Stattdessen veröffentlichen sie mal vorgestanzte Phrasen – um dann plötzlich zu provozieren.

4. Sie kennen die Klientel in sozialen Netzwerken nicht. Gerade bei Twitter befindet sich eben nur ein bestimmter Teil der Bundesbevölkerung, der gerne kritisiert und diskutiert.

So droht die Kluft zwischen Politikern und Usern weiter auseinander zu gehen.


Ganz anderes Thema: Die gute, alte Samstagabendshow im TV gibt es schon lange nicht mehr. "Wetten, dass..?", "Traumhochzeit" oder zuletzt "Schlag den Raab" sind Geschichte. Den Sendern laufen die Zuschauer weg. Wer allerdings an diesem Wochenende zufällig "Schlag den Star" mit Star-Koch Tim Mälzer und Musiker Sasha gesehen hat, fühlte sich womöglich erinnert an die guten, alten Zeiten. Tim Mälzer verlor diverse Spiele und das Duell, empfahl sich aber mit einer Raab-gleichen genialen Mischung aus überhöhtem Selbstbewusstsein ("Wenn ich einen Durchmarsch mache, wann sind wir dann fertig?"), seiner Selbstironie ("Meine Selbstwahrnehmung ist sowas von schlecht, das ist fast schon krank") und seinem Kampfgeist für Höheres. "Schlag den Mälzer" könnte das Comeback der Samstagabendshow einleiten. Pro Sieben sollte darüber nachdenken.

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In Los Angeles sind zum 61. Mal die Grammys vergeben worden: Ausgezeichnet wurden unter anderem Childish Gambino und Lady Gaga. Für einen besonderen Auftritt sorgte Michelle Obama. Kurz nach Beginn des Spektakels erschien die Ehefrau von Ex-Präsident Barack Obama unangekündigt auf der Bühne und wurde mit großem Jubel begrüßt.


WAS STEHT AN?

In Teheran findet heute die offizielle Feier zum Jubiläum 40 Jahre "Islamische Revolution" statt. Am 11. Februar 1979 wurde im Iran das Ende der Monarchie und die Gründung der islamischen Republik verkündet. Ein Grund zum Feiern? Nein. Unsere Kolumnistin Lamya Kaddor bezeichnet den Tag vielmehr als "den Zeitpunkt, an dem sich das Leben gläubiger Muslime weltweit zum Schlechteren gewendet hat." Warum? Weil damals die Religion gekapert wurde, um politische Gegner auszuschalten – und diese Politisierung des Islams anschließend international Schule machte. Darunter würden heute bis zu 1,5 Milliarden Muslime leiden. Das Urteil unserer Kolumnistin: "Al-Islam LAYSA huwa al-hall" Was das bedeutet, lesen Sie hier.


Was ist heute noch wichtig?

Die Staats- und Regierungschefs Afrikas befinden sich beim jährlichen Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba. Die Hauptthemen der zweitägigen Beratung sollen Flüchtlinge und die Suche nach Lösungen für die Verdrängung von Menschen auf dem Kontinent sein. Auch UN-Generalsekretär António Guterres und Bill Gates sollen an dem Gipfel teilnehmen.

Angela Merkel wird erneut mit den Ministerpräsidenten der vom geplanten Kohleausstieg betroffenen Länder sprechen. Teilnehmen sollen auch die zuständigen Bundesminister, Koalitionsabgeordnete aus den betroffenen Ländern und Vertreter der Regierungskommission zum Kohleausstieg.

Die Vietnamesin Kim Phuc Phan Thi wurde 1972 durch ein Kriegsfoto als "Napalm-Mädchen" bekannt. Heute erhält sie den 10. Internationalen Friedenspreis, den "Dresden-Preis". Überreicht wird er von dem Kriegsfotografen James Nachtwey.

Feuerwehren in ganz Deutschland twittern zwölf Stunden von ihren Notfalleinsätzen – anlässlich des Europäischen Tages des Notrufs. Der findet passend zur Notrufnummer 112 am 11.2. statt.

Nach dem Tod einer elfjährigen Grundschülerin in Berlin-Reinickendorf beginnt die Schule nach den Ferien wieder. Der Tod des Mädchens hatte auch eine Debatte über Mobbing an Schulen ausgelöst. Die Todesumstände sind weiter unklar.


WAS LESEN?

In den vergangenen Tagen sorgte ein Vorschlag des Integrationsbeauftragten Tayfun Keltek in NRW für Aufregung und Schlagzeilen. "Türkisch statt Englisch in Grundschulen", schrieb "Bild". Dazu wird ein Bildungsexperte zitiert mit den Worten: "Die Forderung ist eine gefährliche und dumme Provokation. Sie führt zu einer völlig sinnlosen Aufregung, schürt Ängste in der Bevölkerung und spielt damit Leuten in die Hände, die mit solchen Ängsten Politik machen."

Was leider in diversen Berichten zu dem Thema nicht klar wird, ist die Idee dahinter. Deshalb hat sich Jonas Mueller-Töwe die Mühe gemacht, die Berichterstattung und auch die Idee zu hinterfragen. Und siehe da: Keltek möchte nicht verhindern, dass Kinder Englisch lernen. Und er stellt auch keine Forderung, sondern er macht einen Vorschlag, der es zumindest Wert ist, dass man konstruktiv darüber diskutiert.


WAS BEGEISTERT MICH?

Vor fünf Jahren schoss Mario Götze das entscheidende Tor im WM-Finale, nachdem ihm Bundestrainer Joachim Löw bei der Einwechslung gesagt hatte: "Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi". Weltmeister. Doch danach folgte der Absturz. Ein Tiefpunkt nach dem anderen. Aufgrund einer Stoffwechselerkrankung fiel er Monate aus. Vor der WM 2018 strich Löw Götze aus dem Kader, anschließend verbannte sogar Vereinstrainer Favre den Dortmunder auf die Tribüne. Kritik gab es von allen Seiten. Eine Zukunft beim BVB? Noch Ende September schien das ausgeschlossen.

Fünf Monate später ist alles anders. Götze hat sich nicht nur zurück in die Mannschaft gekämpft, er blüht auf seiner neuen Position im Sturmzentrum auf und erzielte am Wochenende seinen 50. Bundesligatreffer. Im "Zweikampf der Woche" haben Heiko Ostendorp und ich uns deshalb mit der Frage beschäftigt, ob Götze in dieser Form zurück in die Nationalmannschaft gehört. Ich sage Ja. Warum und auf welcher Position, lesen Sie hier. Kaum jemand hat das so verdient wie Götze.

Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Start in die Woche. Morgen schreibt wie gewohnt Florian Harms für Sie.

Ihr Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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