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EZB-Zinsentscheid: Das bedeutet die Zinserhöhung für Sparer und Anleger


EZB-Entscheid
Das bedeutet die Zinserhöhung für Sparer


Aktualisiert am 02.02.2023Lesedauer: 6 Min.
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Gute Nachricht für Verbraucher: Steigende Zinsen könnten die Inflation weiter dämpfen und Dinge des täglichen Bedarfs damit billiger machen.Vergrößern des Bildes
Gute Nachricht für Verbraucher: Steigende Zinsen könnten die Inflation weiter dämpfen und Dinge des täglichen Bedarfs damit billiger machen. (Quelle: Florian Gaertner/photothek.de via www.imago-images.de)

Zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen angehoben. Wir erklären, welche Auswirkungen das auf Ihr Konto hat.

Christine Lagarde bleibt ihrem Kurs treu: Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) verkündete am Donnerstag den nächsten deutlichen Zinsschritt, um die Inflation einzudämmen.

Wie schon im Dezember sollen die Leitzinsen in der Eurozone erneut um 0,5 Prozentpunkte steigen (mehr dazu hier). Es ist der fünfte Zinsschritt in Folge nach der langen Nullzinsphase bis Juli 2022. t-online erklärt, was das für Sparguthaben und Kredite bedeutet.

Was sind überhaupt die Leitzinsen?

Die Leitzinsen der EZB bestimmen, zu welchen Bedingungen sich Geschäftsbanken bei den Noten- und Zentralbanken entweder Geld beschaffen oder als Guthaben anlegen können. Und das wiederum entscheidet darüber, wie hoch die Zinsen für Sparer und Kreditnehmer in der Eurozone ausfallen.

Drei Zinssätze sind dabei wichtig: der Hauptrefinanzierungszins, der Einlagenzins und der Spitzenrefinanzierungszins. Spricht man von "dem Leitzins" ist in der Regel der Hauptrefinanzierungszinssatz gemeint, zu dem sich Kreditinstitute Geld von der Zentralbank leihen. Steigt er, wird es für die Banken teurer, an Geld zu kommen, und damit auch für Schuldner, die einen Kredit bei den Geschäftsbanken aufnehmen.

Jahrelang verharrte dieser Leitzins im Euroraum bei null Prozent, 2022 kam dann die Zinswende. So stieg der Hauptrefinanzierungszins zuletzt Mitte Dezember auf 2,5 Prozent, künftig liegt er dann um 0,5 Prozentpunkte höher bei 3 Prozent.

Ebenso wichtig ist der Einlagenzinssatz, zu dem Banken und Sparkassen überschüssiges Geld über Nacht bei der Notenbank parken können, also kurzfristig anlegen. Steigt er, bekommen die Banken dafür mehr Geld.

Anders als der Hauptrefinanzierungszins lag der Einlagenzins bis vor wenigen Monaten nicht nur bei null, sondern war sogar negativ. Statt Zinsen für ihr Guthaben bei der Zentralbank zu bekommen, mussten Geschäftsbanken dafür Gebühren zahlen. Seit September 2022 ist damit Schluss: Der Einlagenzins stieg damals auf 0,75 Prozent, nach dem jetzigen EZB-Entscheid liegt er bald bei 2,5 Prozent.

Gut zu wissen

Der dritte wichtige Leitzins, der Spitzenrefinanzierungszins, gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken kurzfristig über Nacht Geld bei der Zentralbank besorgen können. Mehr zu den verschiedenen Leitzinsen lesen Sie hier.

Was bedeutet die Zinserhöhung für mein Sparguthaben?

Für Sparer sind steigende Leitzinsen eine gute Nachricht. Schon seit dem ersten drastischen Zinssprung im September 2022 stiegen die Guthabenzinsen für Erspartes auf breiter Front, Negativzinsen fielen weg. Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen.

Da Banken und Sparkassen nun noch höhere Zinsen dafür bekommen, dass sie ihr Geld bei der Zentralbank parken, können sie diesen gestiegenen Prozentsatz an ihre Privat- und Geschäftskunden in Form von Sparzinsen weiterreichen. Aber auch der Wettbewerb wird schärfer.

So bekamen klassische Banken zuletzt Druck von ungewohnter Stelle: Neobroker wie Trade Republic und Scalable Capital überboten sich in den vergangenen Wochen mit bis zu 2,3 Prozent Zinsen auf dem Verrechnungskonto. Allerdings sollten Sparer sich die Konditionen genau anschauen.

"Teilweise erhalten Sparer die hohen Zinsen nur, wenn sie zugleich ein kostenpflichtiges Depot eröffnen. Oder es gibt Einschränkungen bei den möglichen Ein- und Auszahlungen", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer des Vergleichsportals Verivox. "Ein gutes Tagesgeldkonto ist für Bankkunden kostenfrei und Sparer können jederzeit in beliebiger Höhe über das Guthaben verfügen."

Möchten Sie Ihr Geld etwas länger sicher anlegen, funktioniert das mit Festgeld. Dabei stehen Ihnen inzwischen wieder Bestzinsen von 3,4 Prozent für eine zweijährige Laufzeit zur Verfügung. Wichtig: Binden Sie sich bei Festgeld nicht zu lange, wenn Sie davon ausgehen, dass die Zinsen noch weiter steigen. Sonst steckt ein Teil Ihres Vermögens in langfristigen Anlagen mit niedrigeren Zinsen fest. Lesen Sie hier, welche Banken aktuell die höchsten Zinsen auf Tages- und Festgeld bieten.

Ein großer Wermutstropfen bleibt aber: Auch wenn die Zinsen auf Sparguthaben steigen, verliert Ihr Geld weiter an Kaufkraft. Schließlich lag die Inflationsrate im Dezember 2022 bei 8,6 Prozent, also mehrere Prozentpunkte höher. Der höhere Leitzins verringert den Kaufkraftverlust daher nur ein wenig. Wie sich die Preise in Deutschland im Januar 2023 entwickelten, ist noch unklar. Wegen eines technischen Problems plant das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung erst in der kommenden Woche.

Tipp

Können Sie es sich leisten, etwas mehr ins Risiko zu gehen, und benötigen Sie einen Teil Ihres Geldes längerfristig nicht, können Sie es an der Börse anlegen. Empfehlenswert sind dafür zum Beispiel weltweit gestreute ETFs. Lesen Sie hier, wie Sie am besten vorgehen.

Werden Kredite jetzt teurer?

Ja. Das ist die Kehrseite der Zinserhöhung. Kreditnehmer müssen sich auf steigende Kosten gefasst machen, da sich die Banken das Geld, das sie selbst für ihre Kredite bei der Zentralbank zahlen, von ihren Kunden zurückholen.

Bereits in den vergangenen Monaten ist die Finanzierung teurer geworden. So zeigt die Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, dass die durchschnittlichen Zinssätze von Konsumentenkrediten seit April 2022 kontinuierlich gestiegen sind – auf zuletzt 6,81 Prozent im November.

Allerdings deuten Ergebnisse einer Banken-Umfrage des Kreditvergleichsportals Smava darauf hin, dass die Zinsen in den kommenden drei Monaten weniger stark steigen und die Unterschiede zwischen den Angeboten der Institute größer werden könnten.

"50 Prozent der befragten Banken gehen davon aus, dass der Zinssatz ihrer Konsumentenkredite in den nächsten drei Monaten im Schnitt konstant bleibt, 7 Prozent halten sogar einen sinkenden Zinssatz für möglich“, sagt Smava-Geschäftsführer Alexander Artopé. 43 Prozent gingen davon aus, dass die Kreditzinsen bei ihnen steigen werden.

Es empfiehlt sich daher, die Angebote möglichst vieler Banken zu vergleichen. Je nach Bonität lassen sich so mitunter noch Zinssätze um die 5 Prozent finden, da Banken die Zinsen unterschiedlich oft und stark anpassen.

Was sollten Bauherren beachten?

Eine Besonderheit bilden die Zinsen für Baukredite. Diese waren bereits vor den Entscheidungen der EZB deutlich gestiegen, zogen dann aufgrund der strafferen Geldpolitik weiter an, um zuletzt von Ende Dezember 2022 bis Mitte Januar 2023 kurzfristig wieder etwas zu sinken. Laut dem Finanzdienstleister Interhyp liegen die Zinsen Anfang Februar für zehnjährige Darlehen im Schnitt bei 3,6 Prozent. Damit lässt sich bei einer Monatsrate von 1.000 Euro ein Kredit über 214.000 Euro aufnehmen.

"Die EZB hält an ihrem Kurs fest und führt die Geldpolitik konsequent aus der Welt der Niedrigzinsen. Für angehende Immobilienkäuferinnen und Immobilienkäufer bedeutet das eine Welt von stark gestiegenen Bauzinsen – gleichzeitig aber auch einen Immobilienmarkt, der eine neue Balance findet und somit neue Chancen bietet", sagt Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft der Interhyp AG. Sie rechnet damit, dass sich die Bauzinsen in einem Korridor zwischen 3 und 4 Prozent bewegen werden.

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Auch Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender und Zinsexperte des Baufinanzierungsvermittlers Dr. Klein, erwartet bis Sommer 2023 weitere Zinsanstiege. Das Zinsniveau dürfte dann mehr als 4 Prozent erreichen. Aber auch stärkere Ausschläge nach unten und oben, in Richtung 3 bis 5 Prozent, seien zeitweise denkbar.

Helfen höhere Zinsen wirklich gegen Inflation?

Zumindest besagt es so die volkswirtschaftliche Theorie. Denn wenn Verbraucher und Unternehmen weniger Geld ausgeben, weil der Kredit teuer und Sparen lohnender wird, sinkt die Nachfrage nach Waren. Das wiederum führt laut Lehrbuch dazu, dass Preiserhöhungen schwieriger durchzusetzen sind und die Inflationsrate fällt.

Tatsächlich tat sie das auch. Im Euroraum legten die Verbraucherpreise im Januar nach einer ersten Schätzung des Statistikamts Eurostat "nur" noch um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. So niedrig war die Inflationsrate seit Mai 2022 nicht mehr. Fraglich ist aber, welchen Anteil die EZB daran hatte.

So twitterte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, die Inflation im Euroraum sei nur deshalb gefallen, weil die Energiepreise auch wegen staatlicher Eingriffe langsamer zugelegten hätten. "Die Kerninflation blieb bei 5,2 Prozent, sie sollte in den kommenden Monaten hartnäckig hochbleiben", so Krämer. "Es gibt noch keine Entwarnung für die EZB." Bei der Kerninflation werden die schwankungsanfälligen Energie-, Lebensmittel-, Alkohol- und Tabakpreise herausgerechnet. Sie zeigt, inwieweit Firmen die Teuerung an ihre Kunden weiterreichen.

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Ähnlich sieht es ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. "Der EZB-Rat tappt derzeit im Dunkeln, wann mit einem nennenswerten Rückgang der Kerninflation zu rechnen ist", so der Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim. "Es ist daher nur folgerichtig, dass die derzeitige Mehrheit im EZB-Rat erst einen substanziellen Rückgang in der Kernrate sehen will, bevor die Zinserhöhungen zum Ende kommen."

Mit einer straffen Geldpolitik wächst zudem das Risiko, dass die Zentralbank die Wirtschaft so stark ausbremst, dass die Konjunktur abgewürgt wird. Gleichzeitig wollen die Währungshüter weiter entschlossen auftreten, um bei Verbrauchern Zweifel auszuräumen. Denn solange diese erwarten, dass die Preise hoch bleiben, droht die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale: Arbeitnehmer fordern höhere Löhne, was wiederum die Preise ankurbelt. Es bleibt eine Gratwanderung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressemitteilung von Verivox, liegt vor
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