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Fachkräftemangel: VW will nicht länger auf die Politik warten


Strategie für Fachkräfte
Volkswagen will nicht länger auf die Politik warten

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 03.04.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ein E-Auto von Volkswagen (Symbolbild): Der Wolfsburger Konzern will auch in Zukunft Autos fertigen – dafür braucht er das richtige Personal. (Quelle: IMAGO/Sylvio Dittrich)

Die deutsche Industrie steht vor einem Problem: volle Auftragsbücher, aber immer weniger Bewerber auf offene Stellen. VW will das Problem nun vor Ort angehen.

Lange galt Deutschland als Wirtschaftsstandort der gut ausgebildeten Facharbeiter, "Made in Germany" hing immer auch damit zusammen, dass es genügend Menschen gibt, die hochqualitative Produkte produzieren können. Doch das Qualitätslabel wackelt: Viele Unternehmen finden kaum noch Nachwuchs.

Die Bundesregierung diskutiert deshalb zurzeit über neue Regelungen für Zuwanderung. Aber eine Maßnahme allein wird das Problem kaum lösen, wie man auch bei Deutschlands größtem Autobauer Volkswagen weiß. "Das Dilemma Fachkräftemangel kann unsere gesamte Wirtschaft lähmen", sagt VW-Personalvorstand Gunnar Kilian t-online. "Der rapide Wandel vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt, den wir gerade erfahren, belegt dieses paralysierende Szenario."

Es bestehe daher akuter Handlungsbedarf in der Politik, aber auch bei den Unternehmen selbst. Die neueste Maßnahme in Wolfsburg: Der Volkswagen-Konzern fördert den europaweit ersten IT-Automotive-Studiengang an der Programmierschule 42 Wolfsburg. Gemeinsam mit der koreanischen Kookmin Universität soll der Studiengang mit dem Titel "SEA:ME" speziell Softwareentwicklung für den Automotive- und Mobilitätsbereich vermitteln. Darüber hinaus lässt sich der Konzern die Weiterbildung der Belegschaft und die Ausbildung neuer Fachkräfte mehrere Hundert Millionen Euro kosten.

Deutschland fehlen Hunderttausende Fachkräfte

Insgesamt fehlen in Deutschland derzeit rund 550.000 Fachkräfte. Drei von vier Unternehmen meldeten zuletzt der Bundesagentur für Arbeit, dass sie aktiv versuchten, freie Stellen zu besetzen.

Dem gegenüber stehen 1,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren ohne Berufsausbildung in Deutschland. VW sieht darin ungenutztes Potenzial und die Chance, dieses mit den richtigen Angeboten für sich zu nutzen.

Die Anbindung eines Studiengangs an ein Unternehmen ist beliebt, wie etwa das Duale Studium zeigt. 2022 studierten so mehr als 122.000 Menschen in Deutschland. Und das Interesse wächst: Zwischen 2004 und 2019 hat sich die Anzahl der Studierenden in dieser Studienform vervierfacht.

Situation am Arbeitsmarkt hat sich geändert

Dass Volkswagen die Gruppe junger Menschen ohne Ausbildung besonders in den Blick nimmt, liegt auch an der veränderten Situation auf dem Arbeitsmarkt. Nach eigenen Angaben hat der Konzern zwar derzeit kein Bewerberproblem. "Noch sind Global Player wie Volkswagen nicht direkt betroffen. Aber der Mittelstand. Das Rückgrat unserer Wirtschaft", schreibt Kilian etwa in einem Beitrag auf der Karriereplattform LinkedIn. Weltmarktführer VW sei "noch" nicht tangiert.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch große Konzerne den Fachkräftemangel deutlicher spüren. Auch sie müssten sich dann anders aufstellen – je gefragter qualifizierte Kräfte auf dem Arbeitsmarkt werden, desto günstiger wird die Situation für Arbeitnehmer. Damit Deutschland, aber auch VW selbst, dabei nicht die "wirtschaftliche Puste ausgeht", investiert das Unternehmen auch in die bestehende Belegschaft.

Insgesamt steckt VW 200 Millionen Euro in die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Der Fokus dabei liegt auf den Bereichen, die besonders von Veränderungen betroffen sind. Und das ist dringend nötig, denn der Konzern hat sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 70 Prozent des Absatzes in Europa mit reinen Elektroautos zu machen. Das bedeutet auch: Viele Arbeiter, die bisher an Verbrennerautos gearbeitet haben, erwartet schon bald eine gänzlich neue Tätigkeit.

Kilian: VW ist Top-Arbeitgeber

Volkswagen ist dabei keinesfalls allein mit der Sorge, schon in naher Zukunft zu wenig qualifizierte Fachkräfte zu finden. Der Standort des neuen Studiengangs, "42 Wolfsburg", besteht seit einer früheren Kooperation mit der gemeinnützigen IT-Schule École 42. Ebenfalls beteiligt daran sind Partnerunternehmen wie Microsoft und Bosch.

Seit 2021 in Wolfsburg und seit 2022 in Berlin können Interessierte sich gebührenfrei im Bereich Softwareentwicklung weiterbilden. Anders als beim neuen Studiengang ist diese Ausbildung grundsätzlich für alle offen und nicht an Schul- oder Hochschulabschluss gekoppelt. Auf diesem Weg sollen bis 2024 insgesamt 950 Softwareentwickler ausgebildet werden.

Personalvorstand Kilian hofft, die VW-Mitarbeiter so auch weiterhin eng an den Konzern zu binden. "Volkswagen ist für IT-Talente ein Top-Arbeitgeber, denn aus den Gesprächen mit unseren Software-Entwicklern weiß ich, es gibt nichts Bewegenderes, als die Mobilität der Zukunft selbst zu gestalten."

Um junge Talente anzuwerben, brauche es innovative Bildungskonzepte. Der neue Studiengang ist da ein Schritt in diese Richtung, aber zunächst im kleinen Rahmen: Im Juli startet der erste Jahrgang mit 30 Studierenden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement Gunnar Kilian
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