Frag t-online Darf ich meinen Handyvertrag im Shop rückgängig machen?

Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute geht es um Mobilfunkverträge.
Eine t-online-Leserin hat gefragt, ob sie ihren frisch abgeschlossenen Handyvertrag widerrufen kann – sie hatte ihn direkt in einem Mobilfunk-Shop unterschrieben. Tatsächlich ist die Enttäuschung oft groß, wenn sich kurze Zeit später herausstellt, dass der gewählte Tarif doch nicht zum Bedarf passt oder woanders ein besseres Angebot wartet.
Doch im Gegensatz zu Onlineverträgen greift das gesetzliche Widerrufsrecht in solchen Fällen meist nicht. Warum das so ist – und welche Möglichkeiten Sie dennoch haben.
Verträge gelten – das Widerrufsrecht ist die Ausnahme
Wer einen Vertrag abschließt, ist daran grundsätzlich gebunden. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht nur in ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen – etwa bei sogenannten Fernabsatzverträgen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312 g BGB in Verbindung mit § 355 BGB). Ein allgemeines Rücktrittsrecht sieht das deutsche Vertragsrecht hingegen nicht vor.
Handyvertrag im Shop: kein Widerrufsrecht
Schließen Sie einen Handyvertrag direkt im Geschäft ab – etwa in einem Shop von Telekom, Vodafone oder O2 –, handelt es sich nicht um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c BGB. Denn dieser liegt nur vor, wenn der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie Internet, Telefon oder E-Mail abgeschlossen wird.
In Verbindung mit § 312 g Absatz 2 Nr. 1 BGB ergibt sich daraus: Ein Widerrufsrecht besteht nicht, wenn der Vertrag unter persönlicher Anwesenheit beider Seiten in Geschäftsräumen geschlossen wurde. Das gilt auch dann, wenn es sich um ein Kombiangebot aus Mobilfunkvertrag und Gerät handelt.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Verbraucher im Shop umfassend informiert werden können, durch qualifiziertes Personal eine persönliche Beratung erhalten und sich vor Ort mit dem Vertragsinhalt auseinandersetzen können. Ein zusätzlicher gesetzlicher Rücktrittschutz ist daher in diesen Fällen nicht vorgesehen.
Handyvertrag online oder am Telefon: Widerruf möglich
Bei Handyverträgen, die online, telefonisch oder über eine App abgeschlossen werden, ist es anders: Hierbei handelt es sich sehr wohl um einen Fernabsatzvertrag. In diesen Fällen steht Ihnen ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen ganz ohne Angabe von Gründen zu. Die Frist beginnt mit Vertragsschluss, bei Kombiverträgen mit Gerät spätestens mit dem Erhalt der Ware.
Voraussetzung ist, dass der Anbieter über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt hat. Fehlt diese Belehrung oder ist sie fehlerhaft, verlängert sich die Widerrufsfrist automatisch um bis zu zwölf Monate (§ 356 Abs. 3 BGB). Ein Widerruf ist formlos möglich, sollte aber aus Nachweisgründen am besten schriftlich oder per E-Mail erfolgen.
Warum für Versicherungsverträge andere Regeln gelten
Wenn Sie sich gefragt haben, warum beim Abschluss von Versicherungsverträgen in einem Geschäft andere Regeln gelten als beim Abo eines Mobilfunkvertrags, dann wirkt das auf den ersten Blick paradox – aber es hat einen einfachen rechtlichen Grund. Versicherungen unterliegen dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und nicht dem allgemeinen Vertragsrecht wie ein Handyvertrag.
Dort ist in § 8 VVG geregelt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei vielen Versicherungsverträgen ein Widerrufsrecht von 14 Tagen haben – unabhängig davon, ob sie den Vertrag online oder persönlich vor Ort in einer Filiale abgeschlossen haben. Bei Lebensversicherungen gilt sogar eine Frist von 30 Tagen (§ 152 VVG).
- Schutz vor Risiken: Fünf Versicherungen, die jeder haben sollte
Von dieser Regelung können Sie im Übrigen auch beim Abschluss eines neuen Handyvertrags profitieren, falls Sie zusätzlich eine Geräteversicherung für Ihr Smartphone abgeschlossen haben, etwa gegen Displaybruch, Diebstahl oder Wasserschäden. Dann handelt es sich in der Regel um einen Versicherungsvertrag im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes. Ob eine Handyversicherung generell sinnvoll ist, lesen Sie hier.
Hintergrund: Der Gesetzgeber räumt dieses besondere Widerrufsrecht ein, weil es sich bei Versicherungen meist um langfristige, komplexe und finanziell weitreichende Verträge handelt. Verbraucher sollen genügend Bedenkzeit haben, um ihre Entscheidung zu überdenken – auch dann, wenn sie im persönlichen Gespräch getroffen wurde.
Was Sie tun können, wenn der Vertrag schon unterschrieben ist
Auch wenn Sie einen Mobilfunkvertrag im Geschäft abgeschlossen haben und kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, heißt das nicht, dass Sie völlig chancenlos sind. In vielen Fällen lohnt es sich, direkt beim Anbieter nachzufragen – einige Mobilfunkunternehmen zeigen sich innerhalb weniger Tage nach Vertragsschluss kulant und stornieren den Vertrag freiwillig, vor allem, wenn noch keine Leistungen genutzt wurden.
War die Beratung unvollständig oder irreführend, kann auch eine Anfechtung wegen Irrtums oder Täuschung (§ 119, § 123 BGB) in Betracht kommen – allerdings sollten Sie sich in diesem Fall rechtlich beraten lassen.
Wer den Vertrag nicht sofort loswird, hat zumindest die Möglichkeit, ihn zum nächstmöglichen Termin ordentlich zu kündigen, in der Regel nach 24 Monaten Laufzeit. In Ausnahmefällen, etwa bei dauerhaften Netzproblemen oder unzulässigen Preiserhöhungen, greift das Sonderkündigungsrecht.
Ob sich eine dieser Möglichkeiten durchsetzen lässt, hängt immer vom Einzelfall ab. Wichtig ist: Handeln Sie schnell, dokumentieren Sie alle Vorgänge – und lassen Sie sich im Zweifel von der Verbraucherzentrale oder einer Rechtsberatung unterstützen.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 312c Fernabsatzverträge