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Christine Lagarde: Wechsel an der EZB-Spitze – wie Draghi, nur in nett?


Wechsel an der EZB-Spitze
Christine Lagarde: Wie Draghi – nur in nett?


Aktualisiert am 29.10.2019Lesedauer: 3 Min.
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Zeremonie mit Draghi-Abschied und Lagarde-Übernahme im Video: Das sind die Vor- und Nachteile der EZB-Politik. (Quelle: reuters)

Christine Lagarde tritt in dieser Woche ihr Amt als Notenbankpräsidentin der Eurozone an. Wird sie die Wende in der aktuellen Geldpolitik der EZB einleiten? Oder setzt Lagarde die Maßnahmen und Ziele des Ex-Präsidenten Draghi fort?

Die Hoffnungen sind groß. Wenn Christine Lagarde Ende der Woche die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) wird, könnten endlich wieder Maß und Vernunft in der Geldpolitik einkehren, hoffen viele Sparer und Geldanleger. Sie täuschen sich. Die frühere französische Finanzministerin und Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF wird ziemlich dasselbe tun wie ihr Vorgänger. Nur netter.

EZB schaut entwaffnet in die Zukunft

Das Problem der Europäischen Zentralbank ist ebenso einfach wie dramatisch: Sie hat ihr Pulver verschossen. Gegen einen neuen Schock – wie etwa eine Finanzkrise, oder einen offenen Handelskrieg – hat sie keine Waffen mehr. Nicht einmal einem konjunkturellen Abschwung kann sie noch mit den üblichen Instrumenten einer Notenbank erfolgreich begegnen. Anders als die US-Notenbank Fed oder die britische Bank of England hat die EZB nämlich in den vergangenen Jahren des Aufschwungs die Zinsen nicht angehoben. Deshalb kann sie im Abschwung nun auch die Zinsen nicht weiter senken. Der bisherige Zentralbankchef Mario Draghi hat in seiner letzten Amtshandlung vor wenigen Wochen verkündet, die EZB werde ihr Anleihekaufprogramm wieder anlaufen lassen – gegen den Widerstand der nationalen Notenbanker aus Deutschland, Frankreich und Österreich.

Sparer werden bestraft, Kreditnehmer belohnt

Christine Lagarde erbt dieses Dilemma. Diejenigen, die Geld fürs Alter sparen, Kapitallebensversicherungen oder Bausparverträge abgeschlossen haben, zahlen die Rechnung der Finanzkrise. Die anderen, die Geld leihen wollen oder müssen, werden belohnt. Nicht nur Staaten profitieren von dieser Situation. Auch Unternehmen pumpen sich derzeit mit preiswerten Krediten voll, der europäische Immobilienmarkt wird immer stärker von dem billigen Geld befeuert, die Aktienmärkte ebenso. Das wird so weiter gehen, bis die Blase platzt.

Wahrscheinlich wird Lagarde den Sparern und Anlegern tatsächlich besser als ihr Vorgänger erklären können, was die EZB tut. Doch sie wird den Kurs nicht ändern. Man muss sich nur die Entwicklung des Zinsverlaufs der 30-jährigen Bundesanleihen anschauen, um zu ahnen, wie lange die Niedrigzinsphase vermutlich dauern wird. Im August rutschten selbst die langfristigen Verschuldungstitel in den negativen Bereich. Sie tauchten erst im Oktober wieder auf und dümpeln seitdem knapp über der Nullzinsmarke herum. Das zeigt, wie pessimistisch selbst sehr langfristig orientierte Anleger für die Entwicklung der Zinsen sind.

Mario Draghi hatte sich mit aller Gewalt gegen die drohende Deflation gestemmt. Der Erfolg der Maßnahmen blieb überschaubar. Im September sank die Geldentwertung in der Eurozone wieder auf weniger als ein Prozent. Zieht sich die Konjunkturflaute noch durch den ganzen Winter, dürfte die Geldentwertung ebenfalls weiter zurückgehen – und der Handlungsdruck auf die Europäische Zentralbank würde steigen.

Lagardes Maßnahmen benötigen Finanzspritze der Regierung

Christine Lagarde will die Staats- und Regierungschefs in Europa dazu bringen, mehr Geld auszugeben. Sie – vor allem Deutschland – könnten sich derzeit konkurrenzlos günstig verschulden. Sie könnten endlich die Schulen und Straßen in Ordnung bringen, ausreichend Breitband für fahrerlose Autos an die Straßen legen, in Klimaschutzprogramme auf Pump oder in kreditfinanzierte Alterssicherungen für ihre Bürger investieren.

Doch daran hat sich schon Mario Draghi die Zähne ausgebissen: Diejenigen, die Spielraum für mehr Schulden haben, haben sich gegenüber ihren Bürgern zu einer soliden Haushaltsführung verpflichtet. Die anderen liegen immer noch über der durch die Maastricht-Verträge erlaubten Schuldengrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Sie würden sofort abgemahnt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Christine Lagarde kann nur hoffen, dass es nicht so schlimm kommt mit der Rezession. Sparer und Anleger sollten mit ihr hoffen – auch wenn ihnen das Wohlstand, Geduld und Selbstverleugnung abverlangt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Sie moderiert zudem den neuen Podcast "Tonspur Wissen" von t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft. Wenn es Sie interessiert – klicken Sie hier.

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