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Schlecker kann nach Insolvenz Tarifverträge kündigen


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Insolvenzexperte: Schlecker kann Tarifverträge kündigen

dpa, dpa

Aktualisiert am 22.01.2012Lesedauer: 3 Min.
Größte Drogeriekette in Deutschland ist insolvent Vergrößern des BildesGrößte Drogeriekette in Deutschland ist insolvent (Quelle: imago-images-bilder)
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Die 47.000 Schlecker-Mitarbeiter müssen nach der angekündigten Insolvenz ihres Arbeitgebers mit Bangen in die neue Woche starten. Offen ist mit der Zukunft von Deutschlands größter Drogeriekette auch ihr Schicksal. Derweil gingen die Spekulationen über das schwäbische Familienunternehmen am Wochenende weiter.

Die Insolvenz kann Schlecker nach Einschätzung eines Rechtsexperten auch dazu dienen, die teuren Tarifverträge mit der Gewerkschaft Ver.di zu kündigen. "Der größte Vorteil ist, dass Schlecker nicht zerschlagen wird", sagte der Bremer Insolvenz-Anwalt Klaus Klöker dem "Spiegel" (Montag). "Das Unternehmen bleibt als Rechtsträger erhalten und kann sich von allen nicht lukrativen Geschäften trennen, die lukrativen aber kann es behalten."

Zukunft ungewiss

Der Insolvenzverwalter kann laut "Spiegel" helfen, im Planverfahren das Unternehmen von allen langfristigen Verträgen durch Sonderkündigungsrechte zu entlasten. Dazu gehören demnach neben Miet-, Pacht-, Leasing- und Lieferverträgen insbesondere auch die Arbeits- und Tarifverträge. "Gerade hier liegen die Vorteile gegenüber eine außergerichtlichen Unternehmenssanierung", so Klöker. Die bei Ver.di für Schlecker zuständige Ansprechpartnerin war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. In Deutschland beschäftigt das Unternehmen 30.000 Menschen.

Unklar ist auch die Zukunft der gut 17.000 Mitarbeiter im Ausland. "Das ist noch nicht abschließend besprochen", sagte ein Sprecher am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. Schlecker hat in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal rund 3000 Filialen.

Konzern geht in Planinsolvenz

Das Familienunternehmen aus Ehingen hatte am Freitag mitgeteilt, zahlungsunfähig zu sein, und eine sogenannte Planinsolvenz angekündigt. Damit will sich Schlecker in Eigenregie selbst sanieren und möglichst große Teile des schrumpfenden Filialnetzes erhalten - und damit auch viele Jobs. Ob das gelingt ist offen, zumal sich Schlecker bisher nicht zu konkreten Plänen geäußert hat. Der Insolvenzantrag werde "kurzfristig" eingereicht. Das könne Montag oder Dienstag sein, sagte der Unternehmenssprecher der dpa.

Konkurrent Rossmann hat nur an 50 bis 80 Schlecker-Märkten Interesse. Das sagte Unternehmenschef Dirk Roßmann dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Ich wage die Prophezeiung, dass der Insolvenzverwalter nicht viele Läden weiter betreiben wird können", sagte Roßmann weiter. Die allermeisten der noch rund 7000 Märkte in Deutschland müssten schließen, weil sie nicht mehr zeitgemäß seien. Roßmann sagte: "Die Wettbewerber Rossmann, dm und Müller sind dieser Kette schon vor Jahren meilenweit enteilt."

Imagewerte im Keller

Das bestätigen auch Umfragen bei Verbrauchern: Demnach ist Schlecker seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Aktuell lägen die Imagewerte von Schlecker mit minus 37,8 Punkten "dramatisch unter" den äußerst beliebten Marken Rossmann (plus 79,4) und dm (88,3), heißt es in einer Markenstudie des Meinungsforschungsinstituts YouGov. "Auch die neue Strategie des Unternehmens hat nicht zu einer Trendwende geführt - die Lage ist aus Markensicht seit längerer Zeit ernst", so YouGov. Seit 2008 sei Schleckers Image-Wert rückläufig.

Das gleiche Bild zeichnet eine Marktuntersuchung des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI, derzufolge Schlecker noch 2006 den Drogeriemarkt mit weitem Abstand dominiert hat, binnen weniger Jahre aber die Konkurrenten dm und Rossmann mit Riesenschritten aufgeholt haben. Am deutlichsten zeigen sich die Verhältnisse beim Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche, der sogenannten Flächenproduktivität. Diese betrug EHI zufolge 2010 bei dm 6500 Euro, bei Rossmann 5000 Euro, bei Schlecker dagegen nur 2200 Euro.

Offenbar Zwischenfinanzierung geplatzt

Als Grund für die Schieflage gab das Unternehmen eine geplatzte Zwischenfinanzierung an, ohne ins Detail zu gehen. Ausschlaggebend war nach Informationen der "Südwest Presse" eine Rückstufung Schleckers: Ein großer deutscher Rückversicherer, über den der Einkaufsverband Markant seine Bestellungen absichert, habe wohl das Schlecker zugestandene Volumen drastisch reduziert. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, Schlecker habe am Freitag einen fälligen Betrag zwischen 20 und 30 Millionen Euro nicht mehr bezahlen können. "Weil die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Branchenkreisen bekannt waren, war die Zahlung in bar oder als Bundesbankscheck eingefordert worden." Ähnliche Informationen hat auch die dpa.

Laut "FAZ" soll der nächste Termin für eine ähnliche Zahlung an die Einkaufsgemeinschaft Markant, der auch andere Firmen wie Edeka angehören, dem Vernehmen nach schon in der nächsten Woche anstehen. Der Schlecker-Sprecher wollte die Berichte am Samstag nicht kommentieren. "Wir werden keine Aussagen zu unseren Gläubigern machen." Wie viele das sind, ließ er offen.

Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen Euro auf 6,55 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen.

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