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Bayern klagt gegen Erbschaftsteuer: Was Söders Klage bewirken könnte


Wegen Erbschaftsteuer
Söder klagt in Karlsruhe – wird Häuser erben bald wieder billiger?


18.06.2023Lesedauer: 5 Min.
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Alles nur Taktik? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zieht gegen die Erbschaftsteuer vors Bundesverfassungsgericht.Vergrößern des Bildes
Alles nur Taktik? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zieht gegen die Erbschaftsteuer vors Bundesverfassungsgericht. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)

Wer heute ein Haus erbt, muss dafür mitunter mehr Steuern zahlen als noch im vergangenen Jahr. Das Thema beschäftigt nun das Verfassungsgericht.

Lange hatte Bayern gedroht, jetzt ist es passiert: Die Landesregierung hat Verfassungsklage gegen die Erbschaftsteuer eingereicht. Hintergrund ist, dass seit dem 1. Januar 2023 Grundbesitz wie Häuser und Wohnungen steuerlich neu bewertet wird, ohne dass gleichzeitig die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer mitgewachsen sind. Das macht das Erben von Immobilien mitunter deutlich teurer – manchmal so teuer, dass das Haus verkauft werden muss (mehr dazu hier).

Kann Bayerns Alleingang das wieder ändern? Worum geht es dem Freistaat bei seiner Klage genau? Und ab welchem Immobilienwert wird überhaupt Erbschaftsteuer fällig? Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Erbschaftsteuer: Was will Bayern mit der Klage erreichen?

Offiziell lässt die bayerische Staatsregierung das Gesetz zur Erbschaftsteuer vom Verfassungsgericht prüfen, um den Weg für höhere Freibeträge zu ebnen. "Ab jetzt liegt es in den Händen des Gerichts, die auseinandergehende Schere zwischen seit 14 Jahren stagnierenden Freibeträgen und drastisch steigenden Immobilienpreisen zu bewerten und hoffentlich wieder zu schließen", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU).

Zudem soll die Verfassungsklage dazu führen, dass die Steuersätze sinken und die Erbschaftsteuer regionalisiert wird – also jedes Bundesland selbst entscheiden kann, wie hoch die Steuer innerhalb der Landesgrenzen ausfällt. Gerade Erben in Bayern sind laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Nachteil, da sich Grundstücke im Süden Deutschlands stärker verteuert hätten als andernorts. Das führe zu einer höheren Steuerlast für bayerische Erben. Söder zufolge hat "eine Gartenlaube in Miesbach" mittlerweile den gleichen Wert "wie manche Villa in Greifswald".

Hinter der Klage dürfte aber noch ein weiterer Grund stecken: taktisches Kalkül mit Blick auf die Landtagswahlen im Oktober. So zumindest sehen es Vertreter anderer Parteien. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) warf Söder bereits Falschinformationen vor, nachdem dieser behauptet hatte, die Ampelkoalition widersetze sich einer Anhebung der Freibeträge.

"Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn Wahlkampf ist, sollte man bei der Wahrheit bleiben", sagte Lindner der "Münchner Abendzeitung". SPD, Grüne und FDP hätten sich bereits im Dezember bereit erklärt, die Freibeträge anzuheben. Davor seien jedoch die Länder gefragt. "Da die Länder die Einnahmen erhalten und im Bundesrat zustimmen müssten, sollte die Initiative von dort kommen. Wir haben den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt – verwandeln müssen ihn aber die Länder", sagte Lindner.

Doch von dort gibt es wenig Unterstützung für Bayern. So hatte der Freistaat schon vor der Gesetzesänderung im vergangenen Jahr versucht, die Novelle der Erbschaftsteuer zu stoppen und stattdessen die Steuer zu regionalisieren. Dazu beantragte Bayern, zur Abstimmung darüber den Vermittlungsausschuss anzurufen. Aber: Nur der Freistaat selbst stimmte damals mit Ja, alle anderen Bundesländer lehnten den Antrag ab.

Wie viel kann ich steuerfrei erben?

Jeder Erbe muss erst dann Steuern zahlen, wenn der Wert der Erbschaft über dem persönlichen Freibetrag liegt. Das soll verhindern, dass sich Menschen verschulden müssen, um ein Erbe anzutreten. Dabei gilt: Je enger Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto höher ist Ihr Freibetrag. Auch die Höhe des Steuersatzes, der auf den Betrag fällig wird, der den Freibetrag übersteigt, richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis.

Während Ehepartner und eingetragene Lebenspartner bis zu 500.000 Euro steuerfrei erhalten können, sind es bei den Kindern 400.000 Euro je Elternteil. Großeltern können ihren Enkelkindern 200.000 Euro überlassen, ohne dass der Fiskus zugreift. Sollten die Kinder der Großeltern bereits tot sein, gilt für die Enkelkinder ebenfalls ein Freibetrag von 400.000 Euro.

Für Urenkel und Eltern, die von ihren Kindern erben, liegt der Freibetrag bei 100.000 Euro. Für alle übrigen Erben sind nur noch 20.000 Euro steuerfrei. Das gilt sowohl für Geschwister, Nichten und Neffen als auch für Menschen ohne Verwandtschaftsverhältnis wie Lebensgefährten, Freunde, Nachbarn oder Kollegen.

Was nach Abzug des jeweiligen Freibetrags bleibt, müssen Sie versteuern. Dafür gibt es drei Steuerklassen. Zudem spielt die Höhe des Erbes eine Rolle. Die folgende Tabelle zeigt, wie hoch Ihr Steuersatz je nach Wert des Nachlasses ausfällt:

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Steuerklasse 1: Der günstigste Steuersatz gilt für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner, eheliche und nicht eheliche Kinder sowie Stiefkinder und deren direkte Nachkommen – also Enkel und Urenkel. Bei "Erwerb von Todes wegen" fallen darunter auch Eltern und Großeltern (nicht jedoch bei Schenkungen).

Steuerklasse 2: Sie gilt für Geschwister, deren Kinder, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und Stiefeltern sowie geschiedene Ehe- und Lebenspartner. Bei einer Schenkung fallen unter diese Steuerklasse auch Eltern und Großeltern.

Steuerklasse 3: Diese umfasst alle übrigen Personen.

Gut zu wissen

Es ist möglich, hohe Erbschaftsteuern auf Immobilien zu umgehen (mehr dazu hier). So kann man etwa schon zu Lebzeiten ein Haus oder eine Eigentumswohnung auf seine Kinder oder Enkel übertragen. Anders als bei der Erbschaftsteuer lassen sich die Freibeträge dabei alle zehn Jahre neu ausschöpfen. Und: Erben Ehepartner oder Kinder eine Immobilie und nutzen sie diese anschließend zehn Jahre lang selbst, zahlen sie überhaupt keine Erbschaftsteuer. Voraussetzung ist, dass die Wohnfläche nicht größer als 200 Quadratmeter ist.

Wie hoch müssten die Freibeträge eigentlich sein?

Die Freibeträge und die Vermögensstufen, ab denen die verschiedenen Steuersätze gelten, sind seit 2009 unverändert. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

"Um die ursprünglich beabsichtige Steuerlast der Bürger wiederherzustellen, sollte der Staat die Freibeträge und die Vermögensgrenzen für die Steuersätze um mindestens 25 Prozent erhöhen und in Zukunft fest an die allgemeine Preisentwicklung koppeln", fordern die Ökonomen Martin Beznoska, Tobias Hentze und Björn Kauder vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Sie haben ausgerechnet, wie hoch die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer je nach Verwandtschaftsgrad ausfallen müssten, wenn sie ab 2010 an den Verbraucher- und Häuserpreisindex gekoppelt worden wären:

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Die IW-Experten rechnen zudem vor, was für einen Unterschied es für die Steuerlast macht, dass sich die Freibeträge seit 2009 nicht verändert haben. In ihrem Beispiel vererbt ein Elternteil dem eigenen Kind zunächst 2009 ein Haus im Wert von 450.000 Euro. Da der Freibetrag bei 400.000 Euro liegt, fällt die Erbschaftsteuer nur auf die darüberliegenden 50.000 Euro an. Da das Kind zur Steuerklasse 1 zählt, liegt der Steuersatz bei 7 Prozent – es müsste also 3.500 Euro Erbschaftsteuer zahlen.

2023 sehe die Rechnung so aus: Angenommen wird, dass aufgrund der Preissteigerung dieselbe Immobilie inzwischen 562.000 Euro wert ist. Da sich der Freibetrag nicht erhöht hat, wird die Erbschaftsteuer auf 162.500 Euro fällig. Die höhere Summe führt zudem zu einem höheren Steuerbetrag. Statt 7 Prozent muss das Kind 11 Prozent Erbschaftsteuer zahlen. Das macht 17.875 Euro ans Finanzamt – und damit rund fünfmal so viel wie 2009.

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In der Praxis gibt es aber legale Möglichkeiten, die Erbschaftsteuer zu umgehen oder zumindest zu verringern (siehe Infobox oben).

Steigen die Freibeträge bald?

Bald mit Sicherheit nicht. Schließlich würde das Verfassungsgericht selbst bei einem Urteil im Sinne der bayerischen Landesregierung keine konkreten neuen Freibeträge festsetzen. Das wäre im Anschluss Aufgabe der Politik. Und wie lange das mitunter dauert, zeigt die Reform der Grundsteuer, die das Verfassungsgericht bereits 2018 angemahnt hatte und die noch nicht abschließend umgesetzt ist. Doch wie realistisch ist ein Erfolg der Verfassungsklage überhaupt?

Bayern verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995. Damals hätten die Karlsruher Richter den Bundesgesetzgeber verpflichtet, sich bei den Freibeträgen der Steuerklasse 1 – diese betreffen die engsten Familienangehörigen – an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser zu orientieren. Diese Vorgabe sei jedoch seit der Erbschaftsteuerreform 2008 nicht mehr berücksichtigt worden.

Woran das Verfassungsgericht jedenfalls nicht rütteln wird, ist die Neubewertung des Grundbesitzes an sich. Denn die hatte es schließlich selbst verlangt. Demnach muss ein realistischer Wert auch bei Erbschaften von Immobilien angelegt werden – nicht nur bei der Grundsteuer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • iwd.de: "Die Last des Erbes"
  • iwkoeln.de: "Stellungnahme zu Freibeträgen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer"
  • abendzeitung-muenchen.de: "Finanzminister Lindner reagiert auf Söder-Anschuldigungen: 'Man sollte bei der Wahrheit bleiben'"
  • sueddeutsche.de: "Bayern reicht im Juni Verfassungsklage gegen Erbschaftsteuer ein"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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