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Corona-Krise | Made in Germany: Deutschland wird Maskenland


Heimische Produktion
Made in Germany: Deutschland wird Maskenland

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 20.03.2021Lesedauer: 5 Min.
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Masken-Mann: Das Ministerium von Peter Altmaier legte ein Förderprogramm zur Produktion von medizinischen und FFP-Masken über 90 Millionen Euro auf, damit es wieder eine nennenswerte Produktion der Schutzartikel in Deutschland gibt.Vergrößern des Bildes
Masken-Mann: Das Ministerium von Peter Altmaier legte ein Förderprogramm zur Produktion von medizinischen und FFP-Masken über 90 Millionen Euro auf, damit es wieder eine nennenswerte Produktion der Schutzartikel in Deutschland gibt. (Quelle: imago-images-bilder)

Masken und die Politik – kein erfreuliches Thema in den vergangenen Wochen. Ein Plan der Regierung scheint aber aufzugehen: Mehr Masken Made in Germany.

Durch das Förderprogramm des Bundes zur Produktion von medizinischen und FFP-Masken in Deutschland werden mehr Masken in Deutschland produziert als ursprünglich vorgesehen. Das geht aus Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hervor, die t-online vorliegen. Die Textilwirtschaft sieht darin einen Erfolg, im Großhandel gibt es allerdings Zweifel.

Im Frühjahr 2020 war die Not groß und für Masken wurde fast jeder Preis und manche Vermittlungsprovision bezahlt oder versprochen. Wegen Streitigkeiten um Abnahme und Qualität musste Gesundheitsminister Jens Spahn später ein Heer von Anwälten einschalten. Deutschland war in der Pandemie vom Weltmarkt abhängig, von in Wildwest-Manier weggekauften Lieferungen war in diesen Wochen die Rede. Ärzte fotografierten sich halbnackt, um gegen den Mangel an Schutzausrüstung zu protestieren.

Anfänge im April 2020

Es war auch die Geburtsstunde für ein deutsches Maskenprogramm, von dem eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums jetzt t-online sagt: "Es ist uns binnen weniger Monate gelungen, die gesamte Produktion von Masken wieder nach Deutschland zu holen – vom Filtervlies bis hin zu den Maschinen." In der Krise habe Deutschland lernen müssen, "dass wir die Produktion gerade bei Impfstoffen, medizinischen Produkten und Vorprodukten in Deutschland und Europa wieder stärken müssen".

Es sieht nach einem Erfolg für den Wirtschaftsminister Peter Altmaier und die Regierung aus, die aktuell für ihre Entscheidungen in der Corona-Krise alles andere als mit Lob überschüttet wird. Auch Altmaier muss sich im Moment viel Kritik anhören, das Krisenmanagement der Regierung wird kritisiert. Die Zahlen sprechen jedoch für ein eingehaltenes Versprechen.

Am 9. April 2020 hatte ein Stab zum Auf- und Ausbau der Produktion von persönlichen Schutzausrüstungen die Arbeit aufgenommen. Während die dringende Beschaffung vor allem beim Gesundheitsministerium lief, begann beim Wirtschaftsministerium am 20. Mai die "Bundesförderung von Produktionsanlagen von Schutzausrüstung und dem Patientenschutz dienender Medizinprodukte sowie deren Vorprodukte".

Förderprogramm mit drei Teilen

Das ist ein zum Juni erweitertes Förderprogramm mit drei Bausteinen und insgesamt 90 Millionen Euro Zuschuss: für Maschinen zur Produktion des zentralen Vorprodukts Vlies (40 Millionen Euro), in einem "Sprint-Programm" für Maschinen, mit denen sofort Masken hergestellt werden sollten (11,7 Millionen Euro) und für hochmoderne Anlagen, die die Produktion in Deutschland dauerhaft wettbewerbsfähig machen sollten (38 Millionen Euro). Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nannte es eine "überschaubare Größenordnung im Vergleich zu dem, was wir an Hilfen und Unterstützungszahlen ausgeben".

Inzwischen ist das Förderprogramm abgeschlossen, und alle Bewilligungen sind ausgesprochen. Die Investitionen in die geförderten Anlagen haben ein Volumen von 260 Millionen Euro, alle Anträge zusammen umfassten eine Milliarde Euro. Den Angaben aus den Förderanträgen zufolge ist der Plan aufgegangen, rechnet Bafa-Präsident Torsten Safarik vor: Rund 5,8 Milliarden OP-Masken und zwei Milliarden FFP2- und FFP3-Masken pro Jahr zusätzliche Produktion in Deutschland. "Wir haben unsere ambitionierten Ziele erreicht."

Ministerium: Bedarf bei 11 Milliarden Masken

Dazu kommt Schutzausrüstung, die Firmen hierzulande auch ohne Förderung herstellen. Das könnten weitere gut zwei Milliarden Masken sein, schätzt das Ministerium und erklärt: "Der Richtwert von zehn Milliarden zertifizierten Masken pro Jahr aus deutscher Produktion wird erreicht." Den Jahresbedarf in Deutschland schätzt das Ministerium in Pandemiezeiten auf elf Milliarden Masken.

Auch der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie nennt die Förderprogramme einen "Erfolg". Eine Sprecherin sagt t-online: "Die Engpässe bei den für die Maskenproduktion benötigten Vliesstoffe und Maschinen konnten mit der gemeinsamen Kraftanstrengung geschlossen werden." Die Förderprogramme seien dabei ein wichtiger zusätzlicher Anreiz gewesen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erlebte das live, als er den ersten Förderbescheid für den dritten Teil des Programms präsentierte: Zuschüsse für Maschinen für eine Produktion, die dauerhaft wettbewerbsfähig sein soll; die Firma Skylotec in Neuwied in Rheinland-Pfalz bekam dafür 3,2 Millionen Euro. Vor Corona produzierte das Unternehmen vor allem Absturzsicherungen fürs Klettern. Dann kam die Pandemie, und beim Unternehmen wurden anfangs Masken selbst genäht.

"Aber wir haben entschieden", erklärte Geschäftsführer Kai Rinklage, "dass wir langfristig denken und dann auch langfristig investieren müssen in eine Produktion, die auch nach Corona wettbewerbsfähig sein wird." Mit genügend Ingenieur-Know-How ließen sich Nachteile kompensieren. Die erste in Betrieb genommene Anlage wirft pro Sekunde 13 OP-Masken aus.

Großhändler: "Spüre nichts von deutscher Produktion"

Sein Unternehmen hätte auch ohne Förderung des Bundes in das neue Feld investiert, sagte er. Ob die Firma sich aber ohne Fördermittel für drei Bänder entschieden hätte, sei fraglich. Wenn nun im dritten oder vierten Quartal 2021 alle Anlagen liefen, werde die Kapazität bei einer halbe Milliarde Schutzmasken liegen, "qualitativ über dem Weltmarktniveau, preislich auf dem Niveau".

Das wird Achim Theiler, Geschäftsführer des Schutzausrüstung-Großhändlers Franz Mensch, gespannt verfolgen. "Die deutschen Masken haben vom Volumen, das wir verkaufen, einen Anteil von etwa drei bis fünf Prozent, und der Preis ist im Vergleich zur Importware rund zwei- bis dreimal höher", sagt Theiler. Er war damit bekannt geworden, dass er am 5. Februar 2020 Gesundheitsminister Jens Spahn in einer Mail dringend vor Engpässen bei der Schutzausrüstung gewarnt hatte – ohne Reaktion zu bekommen. Er sagt jetzt: "Es ist grundsätzlich sehr gut, dass es die deutschen Produktionen gibt. Aber bisher spüre ich sie nicht auf dem Markt."

Als im Dezember die Behörden die Umstellung auf FFP2-Masken entschieden und Apotheken Masken ausgeben sollten, seien bei weitem nicht genügend Masken im Land gewesen. "Es herrschte wochenlang eine Knappheit, und unsere Vertriebszahlen sind nach oben gegangen."

Viel mehr vom Grundstoff Vlies

Der Großhändler hat also wenig davon gemerkt, dass das Sprint-Förderprogramm des Bundes für schnell verfügbare Masken da schon abgeschlossen war. Mit der ausgeschöpften Obergrenze von zwölf Millionen Euro Förderung verbanden die Firmen Investitionen von 37 Millionen Euro. Ergebnis davon: neue Produktionskapazität von 2,5 Milliarden Masken. Hieß es. Exakt diese Menge hatte der Bund sich bei der Förderung zum Ziel gesetzt. Doch inzwischen muss das Bafa einräumen, dass die Zahl nicht mehr aktuell ist: "Durch Rückgaben und Widerrufe von Zuwendungsbescheiden haben sich die Produktionskapazitäten zwischenzeitlich leicht verringert." 2,3 Milliarden Masken, weil in sieben Fällen Firmen doch nicht mehr wollten oder nicht mehr sollten.

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Beim Vlies ist die angestrebte Produktionsausweitung in jedem Fall weit übertroffen – 4.000 Tonnen neue Produktion im Jahr hatte der Bund angestrebt, sogar 25.000 Tonnen zusätzlich sind Ergebnis der bewilligten Förderanträge.

Beim dritten Modul, der langfristigen Produktion, hat das Bafa kürzlich den 46. und letzten Antrag bewilligt. Gab es bei den beiden anderen Bausteinen bis zu 30 Prozent Zuschuss, zahlt der Staat hier bis zur Hälfte der Investitionen in Maschinen. 4,5 Milliarden zusätzliche Masken im Jahr hatte sich der Bund bei diesem Teil der Förderung gewünscht. Die Firmen, die wie Skylotec Zuschläge erhalten haben, haben sogar 5,5 Milliarden Masken versprochen.

Abnahmegarantien gibt es dafür nicht. Braucht es auch nicht, meint das Wirtschaftsministerium: Der Ansturm auf die Förderung und die umgesetzten Investitionen zeigten, "dass eine Investitionsförderung ohne Abnahmegarantien in diesen Fällen auch unternehmerisch sinnvoll war". Der Textilverband fordert aber: "Öffentliche Beschaffungsstellen müssen auch Made-in-Germany-Produkte ordern."

Inzwischen ist ein weiteres Förderprogramm angelaufen: Das gibt kein Geld für Maschinen, sondern Forschungsförderung. Bis zum 1. Juli können Unternehmen und Forschungseinrichtungen Konzepte für eine Schutzausrüstung der Zukunft einreichen. Mögliche Ansätze betreffen auch Masken: Sie könnten durch andere Materialien häufiger verwendbar oder länger lagerfähig sein, noch besser filtrierend wirken oder individuelle Passformen ermöglichen. Für den Zeitraum bis 2025 sind 163 Millionen Euro Fördergelder vorgesehen. Masken werden aus Sicht der Regierung noch lange wichtig bleiben.

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