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Krankenkassen lassen Ärzte bei Diagnosen extra schummeln


Geld aus Risikoausgleich
Krankenkassen wollen, dass Ärzte bei Diagnosen schummeln

Von dpa, t-online
10.10.2016Lesedauer: 2 Min.
Wer macht die Patienten auf dem Papier kränker, um an mehr Geld zu kommen?Vergrößern des BildesWer macht die Patienten auf dem Papier kränker, um an mehr Geld zu kommen? (Quelle: dpa-bilder)
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Die deutschen Krankenkassen versuchen, über Schummeleien bei Diagnosen an mehr Geld zu kommen. Der Chef der größten deutschen Krankenkasse TK, Jens Baas, räumte im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) ein: "Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren."

Dann gebe es mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich. "Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen." Es gebe sogar Verträge mit Ärztevereinigungen, die mehr und schwerwiegendere Diagnosen zum Ziel hätten.

Die Kassen ließen sich zudem in dieser Richtung von Unternehmensberatern beraten. Für all das hätten sie seit 2014 eine Milliarde Euro ausgeben, die für die Behandlung der Patienten fehle.

Verdacht besteht schon länger

Der Mechanismus ist im Grunde nicht neu. 2009 wurde der sogenannte morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich - kurz Morbi-RSA - eingeführt. Er sollte einen Ausgleich für Kassen schaffen, die aus welchen Gründen auch immer eine eher kränkere Kundschaft und damit höhere Kosten haben. Schon bald darauf keimte der Verdacht, dass die Kassen ihre Mitglieder oder Ärzte ihre Patienten auf dem Papier kränker machen, um an zusätzliches Geld zu kommen.

Eine direkte Manipulation ließ sich aber offenbar nicht nachweisen. Mit den Aussagen von Baas hat sich das nun geändert.

Manche Kassen bekommen mehr Geld als sie brauchen

Der TK-Chef sagte der "FAS" weiter, besonders intensiv würden die regionalen Kassen diese Schummelei betreiben. "Sie bekommen 2016 voraussichtlich eine Milliarde Euro mehr als sie für die Versorgung ihrer Versicherten benötigen." Gemeint seien dabei offenbar die Kassen der AOK, schreibt die Zeitung.

Aber auch seine Kasse könne sich dem nicht entziehen. Dennoch bekämen die Ersatzkassen, zu denen die TK zählt, in diesem Jahr 700 Millionen Euro weniger als sie ausgeben müssen. Ohne die Manipulationen könnte der Beitragssatz der TK 0,3 Prozentpunkte niedriger liegen.

"Ich möchte, dass das System manipulationsresistent gemacht wird", sagte Baas zur Begründung, warum er die Schummeleien seiner und der anderen Kassen öffentlich macht.

Schummelei auch mit Flüchtlingen?

Baas kritisierte aber auch die Bundesregierung. Sie wolle die Beiträge im Wahljahr 2017 stabil halten und überweise den Kassen deshalb 1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds. Begründet werde das jedoch mit den Kosten für die Behandlung von Flüchlingen.

"Die Flüchtlinge sind ein vorgeschobener Grund. Das ist unverantwortlich, weil es unnötig Ressentiments gegenüber Migranten schürt", sagte Baas. Bislang hätten die Kassen noch fast keine Zusatzkosten, weil derzeit meist noch die Kommunen die Behandlung bezahlten.

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