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WHO warnt vor Hefepilz "Candida auris" – Wer besonders gefährdet ist


Infektionszahlen steigen
Weltweiter Hefepilz-Ausbruch alarmiert die Behörden


Aktualisiert am 06.04.2023Lesedauer: 3 Min.
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Candida auris (Illustration): Der Hefepilz kann besonders Immungeschwächten gefährlich werden.Vergrößern des Bildes
Candida auris (Illustration): Der Hefepilz kann besonders Immungeschwächten gefährlich werden. (Quelle: Kateryna_Kon via www.imago-image)

Die WHO warnt vor einer neuen Gesundheitsgefahr. In den USA wird ein "dramatischer" Anstieg der Infektionsfälle mit einem Hefepilz verzeichnet.

Bereits im Oktober warnte die WHO vor der Ausbreitung des Hefepilzes Candida auris. Besonders alarmierend ist seine derzeitige Ausbreitung in den USA. Was steckt hinter der neuen Gesundheitsgefahr? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist Candida auris?

Es handelt sich um einen krankheitserregenden Pilz, der wegen seiner besonderen Art des Wachstums ("hefeartig") zu den Hefepilzen zählt. Erstmals wurde er 2009 in Japan entdeckt. Bei der 70-jährigen Patientin wurde er im Ohr nachgewiesen, daher auch der Name ("auris", lateinisch für Ohr). Nachträglich untersuchte Proben deuten darauf hin, dass sich bereits 1996 ein Kind in Südkorea infiziert hatte. Candida auris ist gegen einige Medikamente zur Bekämpfung von Pilzbefall ("Antimykotika") resistent, so auch gegen einige Desinfektionsmittel. Er wird über Schmierinfektionen übertragen und kann sich zum Teil monatelang auf Oberflächen halten.

Wie wirkt sich eine Infektion aus?

Gesunde Menschen können asymptomatisch infiziert sein, merken also häufig nichts von ihrer Infektion. Gefährlich kann der Pilz für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem werden, es ist also besonders tückisch in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen. Hier kann er zum Beispiel durch medizinische Instrumente, Katheter oder Beatmungsschläuche übertragen werden, etwa wenn der Pilz gegen die eingesetzten Desinfektionsmittel resistent ist. Die WHO erläutert: "Candida auris ist ein weltweit verbreiteter pathogener Hefepilz, der eine invasive Kandidose (Pilzinfektion – Anmerkung der Redaktion) im Blut, Herz, Zentralen Nervensystem, Augen, Knochen und inneren Organen verursachen kann".

Es kommt unter anderem zu Infektionen der Harnwege, von Wunden und zu Blutvergiftungen. Die Mortalität, also die Sterberate, ist recht hoch. Befällt der Pilz die inneren Organe, liegt sie zwischen 29 und 53 Prozent – so die WHO.

Wie breitet sich der Pilz aus?

In den USA registrierte die dortige Gesundheitsbehörde (CDC) einen rasanten Anstieg der Fälle. Die Infektion ist in dem Land seit 2019 meldepflichtig. Wie aus einer neuen Studie hervorgeht, stieg die Zahl der Fälle von 476 im Jahr 2019 auf 756 im Jahr 2020 und auf 1471 im Jahr 2021 – fast eine Verdopplung zum vorhergehenden Jahr.

Die Dunkelziffer dürfte jedoch höher sein, weil auf die Infektion nicht immer getestet wird und sie damit auch nicht immer als eindeutiger Verursacher der Erkrankungen identifiziert wird.

2022 – so zeigt eine interaktive Karte der CDC – waren es über 2.400 bestätigte Fälle.

Infektionen wurden in 28 der 50 US-Staaten und in der Hauptstadt Washington nachgewiesen. "Das ist besorgniserregend", erklärte der Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen, Oliver Kurzai, gegenüber der dpa: "Das sind schon erhebliche Fallzahlen, dabei ist der Pilz noch nicht mal in allen Bundesstaaten verbreitet."

Besonders bedrohlich bei Candida auris ist: Die ermittelten Stämme des Pilzes waren zu einem hohen Prozentsatz gegen gängige Bekämpfungsmittel immun.

Wie ist die Situation in Deutschland?

Hierzulande sind Infektionen mit Candida auris bislang noch sehr selten. Allerdings: Auch bei uns ist ein rapider Anstieg der Fälle zu verzeichnen, wenn auch auf einem niedrigen Niveau: 2015 wurde der Pilz zweimal nachgewiesen, bis 2022 waren es jedoch schon 41 – erklärt Dr. Alexander-Maximilian Aldejohann vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie an der Universität Würzburg in der "Pharmazeutischen Zeitung".

Doch: In Deutschland ist eine Infektion nicht meldepflichtig, damit dürfte die Dunkelziffer höher sein. In Deutschland leben rund vier Millionen Bundesbürger mit einer eingeschränkten Immunabwehr (etwa durch chronische Krankheiten und/ oder durch Immunsuppression in der Therapie). Für sie könnte der Pilz zur Gefahr werden.

Wieso taucht der Pilz plötzlich weltweit auf?

Neben den USA meldeten in Europa Länder wie Spanien, Italien und Griechenland Ausbrüche in Krankenhäusern, auch in England wurden Fälle bekannt. Aber auch aus anderen Weltregionen kommen Berichte über den Pilz – etwa aus Südamerika, Südafrika, Südasien und Japan. Warum das passiert, dazu gibt es noch keine abschließende Erklärung. US-Forscher der Johns-Hopkins-Universität vermuten einen Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Die zunehmende Erderwärmung könnte Candida auris dazu gezwungen haben, sich an höhere Temperaturen anzupassen. Denn: Eigentlich gedeihen Pilze bei unserer relativ hohen Körpertemperatur von 37 Grad nicht. "Wir glauben, dass C. auris das erste Beispiel für eine Pilzart ist, die diese thermale Barriere durch die Anpassung an die Erderwärmung überwunden hat", erklärte der Wissenschaftler Arturo Casadevall 2019.

Eine andere Theorie stützt sich auf die Tatsache, dass viele Candida-auris-Stämme gegen gängige Pilzmittel wie Azole resistent sind. Der Verdacht: Durch deren großflächigen Einsatz in der Landwirtschaft könnten Resistenzen entstanden sein, wie die WHO vermutet.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • WHO-Warnung": "WHO fungal priority pathogens list to guide research, development and public health action" ( 25.10.2022)
  • Johns Hopinks-Universität: "On the Emergence of Candida auris: Climate Change, Azoles, Swamps, and Birds" (23.07.2019)
  • Pharmazeutische Zeitung: "Verdopplung der Candida-auris-Infektionen in den USA" (27.03.2023)
  • CDC-Pressemitteilung: "Worsening Spread of Candida auris in the United States, 2019 to 2021" (20.03.2023)
  • CDC: "Tracking Candida auris" ( 14. 02. 2023)
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
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