Sofortmaßnahmen nötig Krankenkassen in der Krise: Drohen kräftige Beitragssteigerungen?

Die gesetzliche Krankenversicherung steckt tief in den roten Zahlen. Der GKV-Spitzenverband schlägt Alarm und fordert Maßnahmen von der neuen Regierung.
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) fordert wegen der kritischen Finanzlage der Krankenkassen Sofortmaßnahmen durch die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). "Es braucht jetzt eine Akuttherapie, denn sonst gehen zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke", warnte die GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer in der "Rheinischen Post". Allein in den vergangenen drei Monaten hätten acht Kassen ihre Zusatzbeiträge erhöht.
Kurzfristig hält Pfeiffer noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz für notwendig. Dieses soll ein Ausgabenmoratorium für sämtliche Leistungsbereiche festlegen, um die Beitragssätze stabil zu halten. "Mit anderen Worten: Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen", forderte die GKV-Vorstandschefin. Das Moratorium müsse so lange gelten, bis durch geeignete Strukturreformen Einnahmen und Ausgaben wieder in ein Gleichgewicht gebracht worden seien.
Ministerin will nicht auf Reformkommission warten
Mit Blick auf die weitere Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung zeigte Pfeiffer sich optimistisch. "Die ersten Signale der Ministerin, dass sie die grundlegenden Probleme der GKV rasch und im Dialog mit der Selbstverwaltung angehen möchte, begrüßen wir sehr."
Warken hatte in ihrer ersten Rede als Ministerin im Bundestag erklärt, wegen der kritischen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht nur auf vorgesehene Kommissionsvorschläge warten zu wollen. Es werde "nicht ohne kurzfristige Maßnahmen gehen", sagte die CDU-Politikerin. Die gesetzlichen Krankenkassen hatten 2024 ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro verbucht. Union und SPD haben vereinbart, dass eine Reformkommission zur Krankenversicherung bis 2027 Vorschläge machen soll.
Günstigste Kasse erhöhte Beitrag zum 1. Mai
Unter den Krankenkassen, die zuletzt kurzfristig Beiträge erhöhten, gehört auch die zuvor günstigste bundesweit geöffnete Kasse, die bkk firmus. Zum 1. Mai stieg ihr Zusatzbeitrag von 1,84 auf 2,18 Prozent. Lesen Sie hier mehr dazu. Zum 1. April hatten bereits die BKK Salzgitter, die BKK VerbundPlus, die BKK24 und die mhplus BKK ihren Zusatzbeitrag erhöht. Bereits zum 1. Februar forderten die IKK und der Merck BKK einen höheren Zusatzbeitrag. Durchschnittlich verlangen die Kassen seit Jahresbeginn einen Beitragssatz von 17,52 Prozent des Bruttolohns – das sind etwa 1,2 Prozentpunkte mehr als noch 2024. Lesen Sie hier, wie Sie Ihre Krankenkasse nach einer Beitragserhöhung wechseln können.
Die GKV-Vorstandsvorsitzende Pfeiffer hatte vor diesem Hintergrund bereits Anfang Mai in der "Wirtschaftswoche" vor weiteren Beitragserhöhungen gewarnt und auf ein rasches Handeln der Politik gedrängt. Trotz Rekordbeitragssätzen sei die wirtschaftliche Situation der gesetzlichen Krankenkassen dramatisch: Die Reserven zusammengenommen machten nur noch sieben Prozent einer Monatsausgabe aus. Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, sprach von einer "alarmierenden Entwicklung, die es so in der Geschichte der GKV noch nicht gab und die Dramatik der finanziellen Lage deutlich macht." Reformen seien zwar unpopulär, aber nötig, um die Versorgung zu sichern.
- Nachrichtenagentur dpa
- Mit Archivmaterial
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