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Virologe Schmidt-Chanasit: Darum werden die Affenpocken nicht das neue Corona


Virologe über Affenpocken
"Virus unterscheidet nicht zwischen männlich oder weiblich"


Aktualisiert am 24.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit: Wie gefährlich können uns die Affenpocken werden?Vergrößern des Bildes
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit: Wie gefährlich können uns die Affenpocken werden? (Quelle: IMAGO / teutopress)

Am 7. Mai tauchte das Affenpockenvirus erstmals wieder außerhalb Afrikas auf. Bislang zählt die WHO 131 bestätigte Infektionsfälle weltweit. Kommt die nächste Pandemie auf uns zu?

Die Zahl der Infektionen mit dem Affenpockenvirus steigt. 131 bestätigte und 106 Verdachtsfälle wurden bislang von der WHO gemeldet – aus Kanada, den USA und mehreren europäischen Ländern. Auch in Deutschland wurden erste Fälle bekannt.

Düstere Erinnerungen werden bei vielen Menschen wach. Denn: Auch die Corona-Pandemie begann mit kleineren Ausbrüchen außerhalb Chinas und Virus überrollte dann die ganze Welt. Stehen wir erneut vor einer weltweiten Seuche? t-online hat den Virologen Jonas Schmidt-Chanasit befragt.

t-online: Herr Schmidt-Chanasit, werden die Affenpocken das neue Corona?

Jonas Schmidt-Chanasit: Nein, das ist sehr unwahrscheinlich.

Warum nicht?

Weil sich das Affenpockenvirus nicht so leicht überträgt wie das Coronavirus. Grundsätzlich kann man sagen: In den meisten beschriebenen Fällen war ein enger körperlicher Kontakt notwendig, um sich anzustecken. Und man kann dadurch die Kontaktnachverfolgung natürlich besser durchführen als bei einem Virus, das sich viel leichter überträgt, wie zum Beispiel das neue Coronavirus.

Jonas Schmidt-Chanasit
Jonas Schmidt-Chanasit (Quelle: IMAGO / teutopress)


Professor Jonas Schmidt-Chanasit ist Virologe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Es ist aber keine "Schwulenkrankheit", wie das ist den letzten Tagen kommuniziert wurde?

Nein, natürlich nicht. Das Virus unterscheidet nicht zwischen männlich oder weiblich, heterosexuell oder homosexuell. Es konnte aber beobachtet werden, dass die meisten der aktuellen Fälle bei Männern aufgetreten sind, die Sex mit Männern hatten. Daher ist es für die Prävention wichtig zu kommunizieren: Wenn jemand Fieber, Bläschen oder Pusteln hat und ein entsprechendes Risikoverhalten mit mehreren Sexualpartnern in kurzer Zeit, dann sollte man die Affenpocken differenzial-diagnostisch mit abklären.

Wie wird das Virus übertragen? Es gab Meldungen, es habe sich verändert, sei mutiert?

Die neuen Affenpockenvirus-Genomsequenzen sind den bereits bekannten Sequenzen zum Beispiel aus dem Jahr 2018 sehr ähnlich. Weitere Analysen werden jetzt zeigen, ob die geringen Sequenz-Unterschiede in Hinblick auf eine mögliche bessere Übertragbarkeit eine Rolle spielen.

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Bei diesem zoonotischen Virus finden die Übertragungen im Regelfall vom Tier auf den Menschen statt. Nun gab es mehrere Mensch-zu-Mensch-Übertragungen, die zu den bisher bestätigten Infektionen geführt haben. Übertragungen etwa durch kontaminierte Oberflächen sind aber eher unwahrscheinlich.

Aber es wird über Tröpfcheninfektion diskutiert …

Ja, aber das ist nicht dasselbe wie beim Coronavirus. Man muss also nicht nachvollziehen, wer mit wem eine Minute im selben Raum gewesen ist, sondern nur, mit wem man engen körperlichen Kontakt hatte.

Unter Corona war ja das besondere Problem, dass infizierte Menschen ohne Symptome das Virus weitergeben konnten …

Auch das ist beim Affenpockenvirus nicht sehr wahrscheinlich. Damit ist die Kontaktnachverfolgung wesentlich einfacher.

Und: Es gibt eine Impfung?

Ja, und die wirkt gut. Daher wird man diesen Ausbruch in den Griff kriegen können. Man könnte zum Beispiel alle Kontaktpersonen impfen oder besonders gefährdete Risikogruppen.

Nun sind ja die Pocken seit Ende der 70er Jahre als ausgerottet erklärt. Es gibt also derzeit in Deutschland nicht in jeder Apotheke Impfstoff gegen Pocken, der ja nachweislich eine Kreuzimmunität zu Affenpocken aufweist?

Ich weiß nicht genau, wie hoch die eingelagerten Bestände in Deutschland sind, das ist richtig. Aber wir werden diesen Impfstoff auch nicht in einem so großen Ausmaß benötigen wie beim Coronavirus.

Wie gefährlich sind denn die Affenpocken?

In Afrika gibt es je Affenpockenvirus-Stamm eine Fallsterblichkeit von ca. drei bis zehn Prozent. Allerdings kann man diese Situation nicht eins zu eins auf Europa übertragen, da unser Gesundheitssystem ganz anders aufgestellt ist und die Menschen in Afrika auch andere Grunderkrankungen haben. Wir haben in Europa also alle Möglichkeiten, diesen Ausbruch einzudämmen.

Herr Schmidt-Chanasit, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Jonas Schmidt-Chanasit
  • Eigene Recherche
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