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Geiseldrama in Gaza: Stelldichein der Spezialeinheiten


Geiseldrama in Gaza
Stelldichein der Spezialeinheiten

Von t-online, mk

Aktualisiert am 19.10.2023Lesedauer: 4 Min.
imago images 120177332Vergrößern des BildesNavy Seals der US-Marine: Hält sich die Spezialeinheit für einen Einsatz in Gaza bereit? (Quelle: Michalis Karagiannis via www.imago-images.de)
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Mindestens 203 Geiseln hält die Hamas im Gazastreifen gefangen. Spezialeinheiten aus aller Welt bereiten sich auf einen möglichen Einsatz vor.

Bei den Massakern am 7. Oktober in Israel haben palästinensische Terroristen nicht nur mindestens 1.400 Menschen ermordet und 4.500 weitere zum Teil schwer verletzt, sie haben auch mindestens 203 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Unter ihnen sind auch viele Ausländer, das Schicksal der meisten Entführten ist völlig ungewiss. Inzwischen haben mehrere Länder Spezialeinheiten in die Region entsandt, die auch für die Befreiung von Geiseln ausgebildet sind – ein Überblick.

"Späher des Generalstabs"

In Israel selbst sollen sich die Sajeret Matkal für ihren Einsatz bereithalten, zu Deutsch "die Späher des Generalstabs". Wie der Name schon andeutet, ist die Einheit direkt der Armeeführung unterstellt und kann im Krisenfall auf militärische Ressourcen zugreifen, zum Beispiel Scharfschützenteams oder Sprengstoffexperten. Kernaufgaben der Sajeret Matkal sind Terrorismusbekämpfung, gezielte Tötungen und die Befreiung von Geiseln. Öffentlich bekannt wurden die Sajeret Matkal erst 1976 durch einen Einsatz in Uganda.

Damals hatten palästinensische Terroristen ein Flugzeug der Air France auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris entführt. Mit mehr als 100 israelischen Geiseln an Bord landete die Maschine schließlich auf dem Flughafen von Entebbe. Dort stürmten die Sajeret Matkal das Terminal, in dem die Menschen gefangen gehalten wurden und töteten alle sieben Geiselnehmer. Bei dem Feuergefecht starben auch drei Geiseln, 20 ugandische Soldaten und der Kommandeur der Sajeret Matkal, Jonathan Netanjahu – der ältere Bruder des heutigen Premierministers Benjamin Netanjahu.

Sie schalteten schon bin Laden aus

Die US-Regierung hat nach dem Überfall der Hamas den Flugzeugträger "U.S.S. Gerald R. Ford" ins östliche Mittelmeer verlegt und Militärberater nach Israel geschickt, die bei der Aufklärung und Planung einer möglichen Bodenoffensive in Gaza helfen sollen. Darüber hinaus sollen sich Spezialkräfte der US-Armee "in einem nahegelegenen europäischen Land" für einen möglichen Einsatz bereithalten, berichtete "The Messenger". Um welche Spezialeinheit es sich handelt, ist unklar. Infrage kommen nach Angaben des Magazins aber nur zwei Kommandos.

Die sogenannte Delta Force der US-Armee ist bekannt für geheime Einsätze hinter feindlichen Linien, aber auch für rechtlich fragwürdige Aktionen im In- und Ausland. 2004 wurde ihr vorgeworfen, Gefangene im Irak misshandelt zu haben. Auch Misserfolge gehen auf ihr Konto – zum Beispiel die gescheiterte Festnahme eines Warlords 1993 in Somalia, die zum Verlust von 18 US-Soldaten und drei Black-Hawk-Hubschraubern führte. Einen besseren Ruf genießt die zweite infrage kommende Spezialeinheit.

Der größte Triumph des Team Six der US-Navy Seals war die Tötung Osama bin Ladens am 2. Mai 2011. Mit zwei getarnten Hubschraubern flog die Truppe nachts quer durch Pakistan bis nach Abbottabad, wo sich der Terrorchef seit Jahren versteckt gehalten hatte. Bin Ladens Terrorgruppe Al-Qaida war verantwortlich für die Terrorangriffe in den USA am 11. September 2001. Bin Ladens angeblicher Todesschütze wurde erst kürzlich wegen Körperverletzung festgenommen.

Vorbild vieler Spezialtruppen

Der Hamas-Terror in Israel hat auch die britische Armee alarmiert. Die Spezialeinheit SAS arbeite mit den israelischen Sajeret Matkal und der US-Delta Force an Plänen zu möglichen Geiselbefreiungen, berichtet das britische Portal "inews" unter Berufung auf Armeeangehörige. "Sie werden nicht zögern, in diese schwierige Umgebung reinzugehen", zitiert "inews" eine Quelle aus dem Umfeld der Truppe. Der Special Air Service der britischen Armee wurde 1941 während des Zweiten Weltkriegs gegründet und gilt als Vorbild für viele militärische Spezialeinheiten.

Den Kampf gegen Terroristen und die Befreiung von Geiseln übernimmt beim SAS eine eigenständige Einheit, der Counter Terrorist Wing (CTW). Die Truppe wurde nach den Erfahrungen der Olympischen Spiele 1972 in München gegründet. Bei dem Sportfest hatten palästinensische Terroristen neun israelische Athleten aus dem Olympiadorf entführt. Bei einem Befreiungsversuch durch die bayerische Polizei wurden alle Geiseln getötet. Insgesamt töteten die Terroristen elf Sportler und einen Polizisten. In Deutschland führte das Olympia-Attentat zur Gründung der Grenzschutzgruppe 9 oder GSG 9, die zur Bundespolizei gehört.

Auch Deutschland schickt Spezialkräfte

Angehörige der GSG 9 sind nach dem Hamas-Terror offenbar nach Zypern verlegt worden, gemeinsam mit Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und Spezialkräften der Marine. Sie sollen sich bereithalten für eine Evakuierung deutscher Staatsangehöriger unter militärischem Schutz, heißt es aus Bundestagskreisen. Das bedeutet, die Retter können im Zweifel auch von der Schusswaffe Gebrauch machen, der Bundestag kann die Gewaltanwendung nachträglich absegnen.

Als mögliches Szenario gilt eine Ausweitung des Konflikts auf den Libanon. In dem Fall könnten die Spezialeinheiten deutsche Staatsangehörige sicher aus dem Land geleiten. Einen Auftrag zur Befreiung der Geiseln haben die deutschen Soldaten und Polizisten nicht, berichtete "Bild". Auch deutsche Staatsbürger, die im Gazastreifen gearbeitet haben und diesen nun dringend verlassen wollen, fallen in den Zuständigkeitsbereich der GSG9, hieß es.

Angehörige appellieren an Bundesregierung

Fraglich ist wohl, ob eine Befreiung der Geiseln überhaupt möglich ist. Die Hamas verfügt über ein weit verzweigtes Netz von Tunneln. Es ist unwahrscheinlich, dass sich alle Gefangenen an einem Ort befinden. Für die Bewachung der Opfer ist eine eigenständige Abteilung der Terrorgruppe zuständig. Insgesamt halten sich in dem Küstenstreifen Tausende schwer bewaffneter Extremisten auf. Solche Umstände dürften selbst erfahrene Spezialeinheiten an ihre Grenzen bringen. Zumal die Hamas droht, Geiseln umzubringen und Videos davon zu veröffentlichen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) setzt sich derzeit auf einer Nahostreise für die Freilassung der Geiseln ein. Unter den Verschleppten befinden sich mindestens neun Deutsche. Die Bundesregierung hat derzeit keinen Kontakt zu ihnen. Anfang der Woche veröffentlichte die Hamas ein Video, das eine 21-jährige Geisel der Terrorgruppe zeigen soll. Die Angehörigen der deutschen Geiseln hatten sich zuletzt mit einem Appell an die Bundesregierung gerichtet.

Verwendete Quellen
  • themessenger.com: US Sends Hostage Rescue Experts to Israel and Puts Special Ops ‘Door Kickers’ on Alert (englisch)
  • inews.co.uk: SAS ready to assist Israel’s elite forces in any rescue attempt of UK hostages (englisch)
  • Material der Nachrichtenagentur dpa
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