USA evakuieren offenbar Botschaft in Kiew
Die USA warnen vor einer russischen Invasion in die Ukraine in der kommenden Woche. Laut einem Bericht plant die Biden-Regierung nun, die US-Botschaft in Kiew zu evakuieren.
Die US-Regierung hĂ€lt einen russischen Einmarsch in die Ukraine noch vor dem Ende der Olympischen Winterspiele in China am 20. Februar fĂŒr möglich. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP vom Samstagmorgen will das US-Verteidigungsministerium daher die Botschaft in Kiew evakuieren. Das komplette Personal soll, bis auf wenige Ausnahmen, auĂer Landes gebracht werden. Eine Rumpfbesetzung soll in die Westukraine verlegt werden, um eine kleine diplomatische Vertretung im Land zu lassen, berichtet AP in Bezug auf anonyme Regierungsquellen.
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Bereits Ende Januar waren die Familien von US-Botschaftsangehörigen dazu aufgerufen worden, die Ukraine zu verlassen. Der Evakuierungsplan, der laut AP am Samstag offiziell verkĂŒndet werden soll, spiegelt die wachsenden Sorgen der USA vor einem russischen Einmarsch wider.
Am Freitag erneuerte die US-Regierung ihren Aufruf an alle US-BĂŒrger, die Ukraine zu verlassen. "Wir sehen weiterhin Anzeichen fĂŒr eine russische Eskalation, einschlieĂlich neuer Truppen, die an der ukrainischen Grenze eintreffen", sagte der Nationale Sicherheitsberater von PrĂ€sident Joe Biden, Jake Sullivan, am Freitag im WeiĂen Haus. Er machte aber deutlich, dass er damit nicht sagen wolle, dass Putin eine Entscheidung fĂŒr eine Invasion getroffen habe.
Angriff könnte laut Geheimdiensten am Mittwoch starten
Die russische Regierung wies erneut die Darstellung zurĂŒck, sie plane eine Invasion in die Ukraine. Westliche Staaten verbreiteten diesbezĂŒglich Falschinformationen und wĂŒrden dabei von Medien unterstĂŒtzt, erklĂ€rte das AuĂenministerium in Moskau. Westliche Staaten versuchten damit, von eigenen aggressiven Handlungen abzulenken.
US-Journalisten der Sender PBS und CNN hatten zuvor mit Bezug auf Regierungsquellen berichtet, dass die US-Regierung davon ausgehe, dass Putin eine Invasion in der kommenden Woche bereits entschieden habe. Nach "Spiegel"-Informationen unterrichteten zudem sowohl der US-Geheimdienst CIA als auch das US-MilitĂ€r die Nato-Staaten, dass es neue Informationen gebe, nach denen der Angriff bereits am Mittwoch erfolgen könnte. Wie der "Guardian" berichtet, soll US-PrĂ€sident Joe Biden selbst verbĂŒndete Regierungschefs und Vertreter von Nato und EU bei einem GesprĂ€ch vor Putins Angriff gewarnt haben. Russland hat bislang den Vorwurf stets zurĂŒckgewiesen, in die Ukraine einmarschieren zu wollen.
USA schicken weitere Soldaten nach Polen
Möglich wĂ€re unter anderem ein schnelles VorrĂŒcken der russischen Armee auf die ukrainische Hauptstadt Kiew, sagte Sullivan vor Journalisten im WeiĂen Haus. Er warnte zugleich, eine russische Attacke wĂŒrde vermutlich mit "Luft- und Raketenangriffen" beginnen, die Zivilisten töten könnten. Dann könnte es eine Bodenoffensive geben, weswegen es dann kaum mehr möglich sein dĂŒrfte, das Land zu verlassen.
"Niemand könnte sich auf Luft-, Eisenbahn- oder Landverbindungen verlassen, nachdem ein MilitĂ€reinsatz begonnen hat", sagte er. Es werde in einem solchen Fall keinen Evakuierungseinsatz des US-MilitĂ€rs fĂŒr Amerikaner in der Ukraine geben.
"Ich werde mich nicht zu den Einzelheiten unserer Geheimdienstinformationen Ă€uĂern. Aber ich möchte klarstellen, dass der Einmarsch wĂ€hrend der Olympischen Spiele beginnen könnte, obwohl es viele Spekulationen gibt, dass er erst nach den Olympischen Spielen stattfinden wĂŒrde", so Sullivan weiter.
Biden hatte amerikanische StaatsbĂŒrger bereits am Donnerstag dazu aufgefordert, die Ukraine umgehend zu verlassen. Laut einem Pentagon-Vertreter entschieden die USA am Freitagabend zudem, in den kommenden Tagen zusĂ€tzliche 3.000 Soldaten nach Polen zu schicken. Anfang Februar hatten die USA bereits die Entsendung von 1.700 Soldaten angeordnet.
Putin und Biden wollen miteinander sprechen
Angesichts der weiter zunehmenden Spannungen im Ukraine-Konflikt wollen Russlands Staatschef Wladimir Putin und US-PrĂ€sident Joe Biden an diesem Samstag telefonieren. Nach Angaben des Kremls bat Washington um das GesprĂ€ch, dem WeiĂen Haus zufolge geht das GesprĂ€ch auf einen Vorschlag Russlands zurĂŒck.
Ein Vertreter der US-Regierung erklĂ€rte am Freitag (Ortszeit), Moskau habe ein Telefonat am Montag vorgeschlagen, schlieĂlich aber den Gegenvorschlag eines GesprĂ€chs schon an diesem Samstag akzeptiert. Biden verbringt das Wochenende in Camp David, dem Landsitz der US-PrĂ€sidenten im US-Bundesstaat Maryland.
Der ukrainische AuĂenminister Dmytro Kuleba hatte nach einem Telefonat mit seinem amerikanischen Amtskollegen getwittert: "In unserem GesprĂ€ch haben @SecBlinken und ich ĂŒber die gemeinsame Abwehr russischer Bedrohungen gesprochen. ZusĂ€tzlich zur MilitĂ€rhilfe sind die USA bereit, die ukrainische Wirtschaft verstĂ€rkt zu unterstĂŒtzen. Russland darf keinen Zweifel haben: Die Ukraine und ihre Partner sind zu entschlossenen MaĂnahmen zum Schutz unseres Landes bereit."
Von der Leyen: StrafmaĂnahmen wĂŒrden "massiv" ausfallen
Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen betonten die Nato-VerbĂŒndeten in einer Schalte am Freitag ihre Entschlossenheit, mit schnellen und harten Sanktionen auf einen möglichen russischen Einmarsch zu reagieren. In Berlin hieĂ es anschlieĂend, die Lage werde von den Teilnehmern aus EU und Nato als "sehr, sehr ernst" eingeschĂ€tzt. "Alle diplomatischen BemĂŒhungen zielen darauf ab, Moskau zur De-Eskalation zu bewegen", schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Twitter. "Es gilt, einen Krieg in Europa zu verhindern."
EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen hatte danach erklĂ€rt, im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine wĂŒrde die EU Sanktionen gegen Russlands Finanz- und Energiesektor verhĂ€ngen. Betroffen wĂ€re auĂerdem "die Ausfuhr von Hightech-Produkten", sagte von der Leyen. Die StrafmaĂnahmen wĂŒrden "massiv" ausfallen.
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Die deutsche Bundesregierung hat ĂŒber Wochen mit einer klaren Position zu Nord Stream 2 als Hebel im aktuellen Konflikt gehadert. Klarheit brachte ein Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-PrĂ€sident Joe Biden Anfang dieser Woche: Biden machte nach dem GesprĂ€ch auf einer Pressekonferenz deutlich, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus fĂŒr die bereits fertiggestellte Leitung bedeuten wĂŒrde.
Diese Position vertreten die GrĂŒnen bereits lĂ€nger. Wirtschaftsminister Robert Habeck (GrĂŒne) betonte auch am Freitag erneut, dass eine zugespitzte Situation in der Geopolitik aus seiner Sicht nicht ohne Konsequenzen fĂŒr die Genehmigung der Pipeline bleiben dĂŒrfe, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll. "Energiepolitik ist in diesen Zeiten immer auch Geopolitik", sagte Habeck.
Habeck: "Wir reden hier von Krieg in Europa"
Vor kurzem hatte das Projekt den nĂ€chsten Schritt hin zu einer möglichen Inbetriebnahme gemacht. Mit der GrĂŒndung einer deutschen Tochtergesellschaft war die Nord Stream 2 AG einer Auflage der Bundesnetzagentur nachgekommen. Im Falle eines positiven Bescheids der Bundesnetzagentur in Zertifizierungsverfahren ist anschlieĂend eine ĂberprĂŒfung durch die EU-Kommission vorgesehen.
Habeck betonte, die Situation in der Ostukraine mĂŒsse alle Menschen in Europa mit gröĂter Sorge erfĂŒllen. Sollte es nicht gelingen, sie mit diplomatischen Mitteln zu entschĂ€rfen, wĂŒrden im Fall einer weiteren kriegerischen Eskalation Sanktionen Russland "hart und schwer" treffen. Dies könne auch negative Folgen fĂŒr die deutsche Volkswirtschaft haben. "Es gibt im Grunde keine denkbaren Sanktionen, die Deutschland, Frankreich, die USA, Europa nicht ebenfalls auch beeintrĂ€chtigen, aber wir reden hier von Krieg in Europa, (...) da mĂŒssen solche Ăberlegungen dann im Zweifelsfall hintenanstehen", sagte der Minister.