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Tagesanbruch: Die spanische Route, US-Brandbrief, Winterkorns Notgroschen


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Ruediger Schmitz

30.07.2018Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Flüchtlinge an der spanischen KüsteVergrößern des Bildes
Flüchtlinge an der spanischen Küste (Quelle: Marcos Moreno/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Nach der Türkei, Griechenland und Italien ist jetzt Spanien das bevorzugte Ziel der Flüchtlinge aus Afrika. Allein seit Freitag brachte die spanische Seenotrettung mehr als 1.400 Bootsflüchtlinge vor der Südküste des Landes in Sicherheit.

Die bisherige Hauptroute von Libyen nach Italien ist inzwischen weniger frequentiert. Die neue Populistenregierung in Rom lässt kaum mehr Bootsflüchtlinge ins Land. Seit libysche Behörden verstärkt gegen Schlepper vorgehen, brechen außerdem immer mehr Flüchtlinge von Algerien und Marokko auf.

Seit Jahresbeginn kamen nach Angaben der Internationalen Migrationsorganisation (IOM) in Spanien knapp 21.000 Flüchtlinge an. In Italien waren es rund 18.100 und in Griechenland rund 15.500. Zusätzlich hätten fast 3.000 Migranten versucht, über die in Nordafrika gelegenen spanischen Gebiete Melilla und Ceuta einzureisen, teilte die IOM mit.

Die Zahlen zeigen, wie wenig die italienischen Maßnahmen an der Situation ändern. Jeder Physikschüler, jeder Geologiestudent, jeder Häuslebauer kennt den Spruch: Wasser sucht sich seinen Weg. Nun sind Menschen kein Wasser, aber analog gilt das Wasser-Gleichnis natürlich auch für den Flüchtlingsstrom im Mittelmeer. Wenn die eine Grenze geschlossen wird, fließt der Strom trotzdem weiter und sucht sich dann einen anderen Weg.

Immer klarer wird: Eine Lösung für Europa kann nur europäisch erfolgen.

Der Vordenker des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei, Gerald Knaus, hat ein Aufnahmezentrum für Migranten in Spanien vorgeschlagen. "Warum richten Deutschland, Frankreich und die Niederlande nicht gemeinsam mit Madrid ein Aufnahmezentrum in Spanien ein?", sagte Knaus.

Dort sollten Asylentscheidungen ähnlich wie in den Niederlanden innerhalb weniger Wochen getroffen werden und unabhängige Anwälte faire Verfahren sichern. Anerkannte Flüchtlinge könnten auf Deutschland, Frankreich, Spanien und die Niederlande verteilt werden. Wer abgelehnt werde, müsse sofort in die Herkunftsländer zurück.

Spaniens Innenminister Grande-Malaska machte sich am Samstag bei einem Besuch in der südspanischen Hafenstadt Algeciras ein Bild von der Lage. Der Sozialist kündigte an, dass dort in Kürze ein Auffanglager für 600 Migranten eröffnet werden soll. Auch er forderte mehr Beistand der EU-Partner.

Eine weitere Katastrophe spielt sich derweil nahezu unter Ausschluss der europäischen Öffentlichkeit ab. Auch wenn es keine genauen Zahlen gibt: Experten sind sich einig, dass auf dem Weg durch die Sahara und die Sahelzone noch mehr Menschen sterben als im Mittelmeer.

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Die USA sind aus dem Atomdeal mit Iran ausgestiegen - Deutschland hingegen will ihn beibehalten. Und ist bereit, gemeinsam mit Europa dem Mullah-Regime dafür wirtschaftlich entgegenzukommen.

Das führt zu Verwerfungen im transatlantischen Verhältnis: In einem Brandbrief an die deutsche, die französische und die britische Botschaft haben prominente US-republikanische Senatoren nun die europäischen Regierungen gewarnt, die US-Sanktionen gegen den Iran "zu umgehen oder zu untergraben" und mit Konsequenzen gedroht.

Das könnte zum Problem werden - denn die EU hat schon längst ein Gesetz beschlossen, das die europäischen Unternehmen vor US-Strafmaßnahmen schützen soll. Lesen Sie hier den gesamten Brief.

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Der Konflikt birgt erhebliche soziale Sprengkraft: Trotz anderslautender Wahlversprechen soll das Renteneintrittsalter in Russland deutlich erhöht werden. Zehntausende gingen am Wochenende gegen den Beschluss auf die Straße, der im Schatten der WM durchgewunken werden sollte.

Vor allem die Kommunistische Partei, Gewerkschaften und linke Gruppen mobilisierten gegen das Reformpaket. Viele skandierten "Putin ist ein Dieb" und "Weg mit dem Zaren" - die Beliebtheitswerte des Präsidenten sind seit Bekanntgabe der Reform deutlich zurückgegangen. Auch gegen Regierungschef Dmitri Medwedew richtet sich der Unmut.

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Auch eine Woche nach dem Rücktritt von Mesut Özil ist die Debatte noch nicht abgekühlt. Die Rassismus-Vorwürfe gegen die DFB-Spitze wiegen schwer.

Gül Keskinler, ehemalige Integrationsbeauftragte des DFB, warf dem Verband am Wochenende Versäumnisse in der Einbeziehung von Migranten vor. Ist das tatsächlich so? Kann der Fall Özil die Jugendarbeit in Deutschland nachhaltig beeinflussen?

Diese Frage hat mein Kollege Alexander Kohne dem ehemaligen Bundesliga-Profi Otto Addo gestellt. Addo ist als Talente-Trainer bei Borussia Mönchengladbach angestellt und musste sich als Jungprofi die Frage stellen, ob er für Ghana oder Deutschland spielen will. Er wählte damals Ghana – aus gutem Grund. Warum sich Addo heute anders entscheiden würde und wie er zum Thema Özil steht, lesen Sie heute Morgen auf unserer Seite.

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Vom Wasserträger zum Champion: Als Helfer für den viermaligen Sieger Christopher Froome war Geraint Thomas in die Tour de France gegangen, nach drei kräftezehrenden Wochen steht er selbst ganz oben auf dem Treppchen des berühmtesten Radrennens der Welt.

Geraint Thomas aus Wales ist der neue Sieger der Grande Boucle und hat mit dem Tour-Sieg den Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Der Sieg kommt ziemlich überraschend, hatte man Froome doch klar die Kapitänsrolle im Team Sky zugesprochen. Aber Thomas nutzte die Schwächephasen seines Kapitäns eiskalt aus, mauserte sich im Laufe der Rundfahrt nach einer makellosen Leistung auf allen Etappen selbst zum Kapitän und feierte in Paris im Gelben Trikot des Siegers.

Froome wird es verschmerzen. Er selbst landete noch auf dem Podest und gönnt seinem alten Weggefährten den Sieg, mit dem er von 2008 bis 2009 gemeinsam im Team Barloworld fuhr. Und die Heldengeschichte tut der Sportart gut, die zuletzt für viele nur noch eine Doping-Leistungsschau war – mit Froome in der Hauptrolle.

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Was war das wieder für ein dramatisches Formel-1-Rennen am Wochenende. Während Lewis Hamilton an der Spitze einsam seine Runden drehte, sah Sebastian Vettel lange wie der Drittplatzierte des Großen Preises von Ungarn aus. Doch mit einem beherzten Überholmanöver kurz vor Rennende sicherte sich der Ferrari-Star noch den zweiten Platz und hielt den Schaden in der WM-Gesamtwertung damit in Grenzen.

Ganz andere Probleme hatte dagegen Max Verstappen. Der Youngster fiel wenige Runden nach dem Start aus - entsprechend heftig waren seine verbalen Entgleisungen nach dem Rennen.

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Seit gut einer Woche ist mein Kollege Alexander Kohne in Rottach-Egern am Tegernsee unterwegs. Dort beobachtet er die Saisonvorbereitung von Borussia Mönchengladbach im Trainingslager. Dabei hat er zwei interessante Spieler gesehen, die neu in der Bundesliga sind und für viel Furore sorgen können.

Alassane Pléa ist Franzose und Gladbachs teuerster Einkauf aller Zeiten. Was ihn auszeichnet und warum er sich noch steigern muss, lesen Sie hier.

Mindestens ebenso interessant ist die Geschichte über Andreas Poulsen. Der dänische U19-Nationalspieler hat eine ganz besondere Fähigkeit: Seine Einwürfe sind bis zu 40 Meter weit. Damit kommt er von der Außenlinie bis zum Elf-Meter-Punkt. Dafür hat er sogar einen eigenen Spezial-Coach. So könnte Poulsen eine echte Geheimwaffe für die Borussia werden.

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WAS STEHT AN?

Wir schauen gespannt auf die neuen Entwicklungen im Fall Winterkorn. Gegen den früheren VW-Chef, dessen Rolle im Abgasskandal die Staatsanwaltschaft gerade klären will, wird nun wohl auch wegen Steuerhinterziehung ermittelt.

Laut Medienberichten soll Winterkorn insgesamt rund zehn Millionen Euro in die Schweiz auf ein Konto seiner Frau transferiert haben, ein Zufallsfund bei der Auswertung seiner beschlagnahmten Akten. Für den "Notgroschen", wie die Staatsanwaltschaft es nennt, hätte er mehr als eine halbe Million Euro Schenkungssteuer zahlen müssen.

Winterkorns Anwalt erwägt, Strafanzeige wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen zu stellen. Eine Sonntagszeitung beschreibt mit Verweis auf die Ermittlungsakten detailliert einzelne Einkäufe Winterkorns, Bonuszahlungen und Überweisungen an Familienmitglieder. Angaben über die persönlichen Vermögensverhältnisse und Steuerfragen, so der Anwalt, hätten nichts in den Akten zu den Abgasermittlungen zu suchen.

Die Affäre kommt zu keiner guten Zeit für Winterkorn: Angesichts der Dieselaffäre drohen ihm hohe Schadensersatzansprüche von VW, sollten ihm Pflichtverletzungen nachgewiesen werden. Schon alleine das ist ein schlimmer Absturz für den ehemaligen Herrn über ein 650.000-Mitarbeiter-Unternehmen, der sich um jedes Detail bis hin zu den Spaltmaßen kümmerte.

Der Fall Winterkorn zeigt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Ihm werden Marktmanipulation und Betrug vorgeworfen, nichts davon konnte bislang bewiesen werden. Zu den goldenen Zeiten der deutschen Industrie hätte jemand wie er solche Vorwürfe einfach aussitzen können.

Nun muss er nicht nur anschauen, wie sein Audi-Kollege Rupert Stadler in Haft sitzt, sondern muss darüber hinaus befürchten, dass sich die Braunschweiger Staatsanwälte verfahrenstechnisch von der US-Justiz inspirieren lassen: Dort sind bereits mehrfach Personen, gegen die eigentlich wegen etwas anderem ermittelt wurde, wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden.

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WAS LESEN?

Kennen Sie Reborn-Puppen? Ich kannte sie nicht, bis ich die Reportage von Sofie Czilwik gelesen hatte: Es sind Puppen, die Babys täuschend ähnlich sehen. Wer kauft solche Puppen, wer fährt mit ihnen im Kinderwagen herum, wer lässt ihnen ein künstliches Herz einsetzen? Und was macht das mit den Menschen, die eine solche Puppe besitzen?

Die Autorin hat für ihre Reportage "Die Frau, die ihre Puppen liebt" eine dieser Frauen getroffen und für das evangelische Magazin "Chrismon" einfühlsam darüber berichtet. Dank unserer Kooperation mit "Chrismon" können wir die anrührende Reportage auch auf unserer Seite präsentieren.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche.

Ihr Rüdiger Schmitz-Normann
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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