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HomePolitikTagesanbruch

Eklat um Philipp Amthor: CDU-Jungstar nicht käuflich? Nun ja...


Was heute wichtig ist
Nicht käuflich? Nun ja.

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 17.06.2020Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Der 27-jährige Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor galt als Nachwuchshoffnung der CDU.Vergrößern des Bildes
Der 27-jährige Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor galt als Nachwuchshoffnung der CDU. (Quelle: imago images)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Politiker sind auch nur Menschen. Ein abgedroschener Satz, aber er passt, wenn wir in diesen Frühsommertagen auf das Personal im Berliner Regierungsviertel blicken. Manches gelingt, anderes nicht, Erfolg und Scheitern liegen mitunter nah beieinander.

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Da ist erstens Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die nach dreieinhalb Monaten Corona-Krisenmanagement ein Zwischenfazit ziehen kann: Die Opferzahl ist mit etwas mehr als 8.800 Verstorbenen vergleichsweise moderat geblieben, auch wenn jeder Toter einer zu viel ist. Zugleich werden die Schäden der Kontaktsperre immer offensichtlicher. Die Regierungschefin hat in der Pandemie nicht alles, aber vieles richtig gemacht: Anders als in der Flüchtlingskrise 2015 hat Merkel früh transparent kommuniziert und den Bürgern ihren Kurs erklärt. Sie hat die bunte Truppe der Ministerpräsidenten zumindest zu Beginn auf eine gemeinsame Strategie eingeschworen. Sie hat gemeinsam mit Frankreichs Präsident Macron ein wegweisendes europäisches Hilfsprogramm initiiert und so der röchelnden EU neues Leben eingehaucht. Sie hat Führungsstärke bewiesen.

Da ist zweitens Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der mit so viel Wumms das Steuergeld um sich wirft, dass einem schier schwindelig werden kann. Auf das großspurig angekündigte Konjunkturpaket folgt nun die Rechnung: Enorme 218,5 Milliarden Euro neue Schulden will Deutschlands oberster Kassenwart in diesem Jahr machen. Die schwarze Null wird nicht gerissen, sie wird gesprengt. Sehr viele Arbeitnehmer werden sehr lange arbeiten müssen, um diese Summe zu erwirtschaften. Ob sich die Investition am Ende auszahlt oder Deutschlands Probleme eher noch vergrößert, bleibt abzuwarten.

Da ist drittens Außenminister Heiko Maas (SPD), der zwar in Jerusalem und Warschau bella figura macht, aber den Draht nach Washington verloren hat. Bis auf eine Rumpftruppe von 25.000 Mann will US-Präsident Donald Trump alle amerikanischen Soldaten aus Deutschland abziehen, um die Bundesregierung zu bestrafen: Sie gibt in seinen Augen nicht genug Geld fürs Militär aus. Da wüsste man gern Genaueres: Welchen Standort trifft es wie stark? Stellt die US-Regierung nun auch die Sicherheitsgarantie für die Bundesrepublik ernsthaft infrage oder ist das Ganze eher Wahlkampfgetöse? "Wir haben noch keine genaueren oder detaillierten Informationen darüber, wann wo was umgesetzt werden soll", sagt Heiko Maas. Trumps Unberechenbarkeit hin, Deutschlands Pazifismus her – plastischer kann ein deutscher Chefdiplomat seine Ahnungslosigkeit nicht eingestehen. Dabei kann Außenpolitik nie den Weg des geringsten Widerstands gehen, sie ist meistens ein Zickzackkurs durch dorniges Gestrüpp. Wenn Deutschland es nicht schafft, wenigstens verlässliche Kommunikationskanäle zu seinem wichtigsten Sicherheitspartner aufrechtzuerhalten, sollten die Alarmglocken schrillen. Zumal der Ärger des US-Präsidenten über das deutsche Verteidigungsbudget lange bekannt ist.

Da ist viertens Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der ebenso wie seine Vorgänger in vielen schönen Reden angekündigt hatte, endlich die Löcher im deutschen Mobilfunknetz zu schließen, aber die Einlösung des Versprechens Jahr um Jahr schuldig blieb. Die Telekom und Vodafone ließen ihre Muskeln spielen und weigerten sich beharrlich, wenig lukrative Regionen ans Netz zu bringen. Im Zuge der neuen deutschen Füllhorn-Politik löst Herr Scheuer das Problem nun mit Steuergeld und lässt selbst Funkmasten an entlegenen Orten aufstellen. Der Steuerzahler übernimmt’s. Auf eine Milliarde mehr oder weniger kommt es im Schuldenhaushalt nun ja nicht mehr an. Das kann man Pragmatismus nennen – oder Verschwendung.

Und da ist fünftens und letztens Philipp Amthor, Bundestagsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern und Nachwuchshoffnung der CDU, der sich von einem windigen Digitalunternehmen einspannen und lukrative Aktienoptionen spendieren ließ. Er war sich nicht zu schade, beim Wirtschaftsminister für die Firma zu lobbyieren, legt nun aber Wert auf die Feststellung, dass er "nicht käuflich" sei. Nun ja. Wer die Recherche der "Spiegel"-Kollegen gelesen hat, dem drängt sich ein anderer Eindruck auf: Da hat sich einer vom Glanz des Geldes mitreißen lassen und seine Pflicht vergessen. Und nun macht er den Fehler, den so viele Affärenpolitiker machen: Sie gestehen ihr Vergehen nur scheibchenweise ein und trippeln unbeholfen dem Ausgang entgegen. Gestern Abend wurde bekannt, dass Herr Amthor seinen Platz in einem Bundestags-Untersuchungsausschuss räumt. Wir können davon ausgehen: Dabei wird es wohl nicht bleiben.

So sind sie, die Politiker: Menschen wie du und ich, mal vorbildlich, mal fehlbar, die eine prinzipientreu, der andere suspekt. Wer ein politisches Amt übernimmt, leistet einen wichtigen Dienst für unsere Demokratie. Er nimmt Strapazen auf sich, die zurecht ordentlich entlohnt werden. Mancher aber möchte größer erscheinen, als er ist, und mehr genießen, als er sich leisten kann. Champagner in St. Moritz, im Privatjet nach New York, solche Dinge.

Politiker sind auch nur Menschen. Deshalb sollten sie an menschlichen Maßstäben gemessen werden. Wer viel entscheiden muss, der macht auch mal Fehler. Bleiben sie im Rahmen der demokratischen Spielregeln, sind sie entschuld- oder zumindest erklärbar. Erweckt aber jemand den Anschein, seine Privilegien als Mandatsträger auszunutzen, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen, überschreitet er eine Grenze, die in einem Rechtsstaat nicht überschritten werden darf. Da hilft es dann auch wenig, den Fehler nur zu bedauern und Besserung zu geloben. Da hilft erstens Aufklärung und zweitens ein Neustart: Mandat zurückgeben, neu bewerben. Es sind schon Leute über geringere Vergehen gestürzt als Philipp Amthor. Mit 27 Jahren hat er alle Zeit der Welt für einen politischen Neuanfang. Er sollte sie nutzen, statt fortan den Ruch des Bestechlichkeitsverdachts mit sich herumzuschleppen. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Wenn er vorher reinen Tisch macht.


WAS STEHT AN?

Bundeskanzlerin Merkel trommelt heute Nachmittag die Ministerpräsidenten zusammen. Es geht um die Corona-Lage, die Energiewende, den Mobilfunk-Netzausbau, die künftigen Beziehungen zu Großbritannien und die Zusammenarbeit mit China. Ich würde sagen: Die Themen reichen für mindestens zehn Nachmittage.

Das Bundeskabinett will den Nachtragshaushalt gegen die Corona-Krise verabschieden. Wenn Sie den Tagesanbruch bis hierhin aufmerksam gelesen haben, kennen Sie die Zahl ja schon.

Philipp Amthor will sich heute Abend in der Sitzung des CDU-Kreisvorstands Ludwigslust-Parchim als Kandidat für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Wohl eher keine gute Idee.

Bundesverkehrsminister Scheuer stellt sein Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Juli vor. Es geht um die Digitalisierung der Mobilität und klimafreundlichen Verkehr. Wir sind gespannt.

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Beim Treffen der Innenminister von Bund und Ländern geht es vor allem um das Problem des Rechtsextremismus. Wie groß es ist, sehen die Minister in Frankfurt, wo der Mordprozess gegen den Neonazi Stephan E. begonnen hat.

Die EU-Kommission wappnet sich gegen Pekings Macht. Heute stellt sie ihr Strategiepapier gegen Firmenübernahmen durch Drittstaaten wie China vor. Konkrete Gesetzesvorschläge folgen aber wohl erst im kommenden Jahr. Sollte besser nicht zu lange dauern.

Die Verteidigungsminister der Nato-Staaten beratschlagen über Donald Trumps angekündigten Teilabzug aus Deutschland. Vielleicht können sie hinterher ja Außenminister Maas briefen.


WAS LESEN?

Was wäre, wenn Donald Trump die Präsidentschaftswahl im November verliert, aber seine Niederlage nicht akzeptiert? Das Szenario, das in einer Demokratie wie eine absurde Vorstellung klingt, wird in den USA längst ernsthaft debattiert. Und tatsächlich könnte der Präsident versuchen, Schwachstellen im US-Wahlsystem auszunutzen, erklärt unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold.


Nordkoreas Diktator Kim hat das Verbindungsbüro zu Südkorea sprengen lassen. Ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit, analysiert unser Außenpolitikredakteur Patrick Diekmann – denn die Betonkommunisten stehen mit dem Rücken zur Wand.


Wer in diesen Wochen seinen Abschluss an der Uni macht und ins Berufsleben starten will, hat es schwer. Viele junge Menschen klagen über schlechte Job-Perspektiven, manche beschweren sich, dass ihnen ihre Chancen gestohlen würden. Statt zu jammern sollten die Jungen mal ihre Eltern und Großeltern fragen, welche Erfahrungen die gemacht haben, meint unsere Kolumnistin Ursula Weidenfeld. Denen ging es nämlich ähnlich.


Haben Sie die neue Corona-Warn-App schon heruntergeladen? Wer danach sucht, findet eine ganze Menge Apps. Mein Kollege Jan Mölleken erklärt Ihnen, wie Sie garantiert die richtige installieren und was Sie bei der Einrichtung beachten sollten.


Der Bund will die Lufthansa mit rund neun Milliarden Euro retten – etliche Reisende warten dagegen noch auf Geld von der Airline, weil ihre Tickets verfallen sind. Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller hält das für ein Unding. Am liebsten hätte er, dass Wirtschaftsminister Altmaier bei Lufthansa-Chef Carsten Spohr anruft und ihm Beine macht, sagt er im Interview mit meinem Kollegen Mauritius Kloft.


WAS AMÜSIERT MICH?

Wie geht das nun mit dieser App?

Ich wünsche Ihnen einen gesunden Tag.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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