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Weltklimagipfel in Dubai: Das sind die Ergebnisse


Weltklimagipfel in Dubai
Der Anfang vom Ende


13.12.2023Lesedauer: 6 Min.
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Sultan Ahmed al-Dschaber (Archivbild): Der Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc hat den Vorsitz der COP28 inne.Vergrößern des Bildes
Sultan Ahmed al-Dschaber (Archivbild): Der Chef des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate hat den Vorsitz der COP28 inne. (Quelle: Bernd Elmenthaler/imago-images-bilder)

Der Weltklimagipfel in Dubai ist zu Ende und es gibt eine Einigung. Doch nicht alle sind damit zufrieden. Die Ergebnisse im Überblick.

Die Weltklimakonferenz musste in die Verlängerung gehen – nun aber steht ein Beschluss. In dem Abkommen wird erstmals festgeschrieben, dass sich die Weltstaatengemeinschaft auf eine Abkehr von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas verständigt, allerdings mit Hintertürchen. Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber erhob sich vor dem Plenum strahlend, applaudierte und sprach von einem "historischen Paket".

Aus deutschen Delegationskreisen hieß es, Außenministerin Annalena Baerbock sei ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Der deutschen Delegation herrsche "große Freude", dass die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen habe. UN-Klimachef Simon Stiell äußerte sich weniger euphorisch. Der Beschluss sei ein Schritt in die richtige Richtung, der aber nicht ausreiche: "Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende."

Die besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten fühlen sich hingegen übergangen. "Wir können nicht auf unsere Inseln zurückkehren mit der Botschaft, dass dieser Prozess uns betrogen hat", sagte eine Vertreterin Samoas. "Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden." Sie sagte, die Gruppe der Inselstaaten habe sich noch koordinieren müssen und sei nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen. Kurz zuvor hatte al-Dschaber den wenige Stunden zuvor veröffentlichten Textentwurf direkt zu Beginn der Plenarsitzung überraschend schnell mit einem Hammerschlag verabschiedet.

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Auch andere Beschlüsse des Klimagipfels sorgten für Ernüchterung, wie die Wahl des nächsten Gastgeberlandes. Die wichtigsten Ergebnisse des Gipfels im Überblick:

Abkehr von den fossilen Energien

Es war der strittigste Punkt bei den Verhandlungen in Dubai: der Ausstieg aus den fossilen Energien. Nach langem Hin und Her einigten sich die Staaten auf einen Kompromiss. Im Abschlusstext heißt es nun, es müsse einen "Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen" geben. Der Text lässt Hintertüren offen – wie die weitere Nutzung von Gas sowie den Einsatz umstrittener Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2.

Mit ihrer Forderung, eine weltweite "Abkehr" aus allen fossilen Energien zu beschließen, hatten sich Länder wie Deutschland gegen den vehementen Widerstand nicht durchsetzen können.

Etliche Länder hatten sich gegen einen festgeschriebenen Ausstieg ausgesprochen, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak und Russland. Der Generalsekretär des Ölkartells Opec forderte seine Mitgliedstaaten in einem Brandbrief gar dazu auf, Formulierungen, die auf einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen abzielten, abzulehnen.

Die Staaten verfolgten auf dem Gipfel ein anderes Ziel: Die Nutzung von Öl und Gas solle weiter möglich sein, wenn sogenannte CCS-Technologien, also Methoden zum Abscheiden und Speichern von CO2, angewandt werden. Diese Position wird ebenfalls vom Präsidenten des diesjährigen Weltklimagipfels, Sultan Ahmed al-Dschaber (Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate), vertreten und auch der US-Klimagesandte John Kerry hatte auf dem Gipfel noch einmal die Chancen von CCS betont.

Klimawissenschaftler und Umweltorganisationen warnen allerdings, dass diese Technologien noch nicht ausgereift seien und somit nicht schnell und zuverlässig genug dazu beitragen können, eine katastrophale Erderhitzung abzuwenden. Der Ausstieg gilt ihnen zufolge als wichtig, um noch eine Chance zu haben, bis 2050 klimaneutral zu werden. Denn etwa zwei Drittel der weltweiten Emissionen von Treibhausgas entstehen durch die Nutzung fossiler Energieträger, laut Weltklimarat müssen die Emissionen bis 2030 um mindestens 43 Prozent verringert werden, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustrieller Zeit zu begrenzen.

Nicht nur Experten und Klimaschützer forderten deswegen einen Ausstieg aus den fossilen Energien, sondern auch mehr als 100 Staaten. Eine Allianz von Staaten und Regionen – die sogenannte Beyond Oil and Gas Alliance – erklärte am Montag: "Wir können unsere Abkehr von Öl und Gas nicht länger hinauszögern." Neben Dänemark und Costa Rica – den Gründungsmitgliedern des Bündnisses – unterzeichneten auch Länder wie Frankreich und Spanien die Erklärung. Deutschland war nicht dabei, äußerte sich öffentlich aber ähnlich.

Ziel für erneuerbare Energien

Ebenfalls schwierig war der Weg hin zu einer Übereinkunft zum Ausbau der erneuerbaren Energien. 130 Staaten hatten sich schon früh der Forderung angeschlossen, die weltweiten Kapazitäten für Wasser-, Wind- und Solarenergie bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln. China, Russland und Indien verweigerten sich zunächst, im Entwurf von Montagabend aber ist die Forderung mit enthalten.

China hatte sich allerdings im November weniger formal in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA zur Verdreifachung der Erneuerbaren bekannt.

Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) allerdings reicht diese Einigung nicht annähernd aus, "um die Welt auf den Pfad zur Erfüllung der internationalen Klimaziele zu bringen." Selbst wenn diese Zusage und die zum Methanausstoß (vergleiche kommendes Kapitel) umgesetzt würden, würde dies nur 30 Prozent der bis 2030 benötigten Emissionsminderung ergeben.

Methan-Ausstoß soll reduziert werden

Es gilt als das vergessene Klimagas: Methan. Nach Angaben der UN ist es für ein Drittel der bisherigen Erderwärmung verantwortlich und damit nach CO2 der zweitgrößte Verursacher des Klimawandels. Es entsteht etwa, wenn Tiere pflanzliche Nahrung verdauen und wird von Kühen etwa durch Rülpsen in die Atmosphäre entlassen. Die Tierhaltung ist die wesentliche Quelle des Klimagases, es entsteht auch bei der Förderung von Öl, Gas und Kohle.

Die EU und die USA hatten bereits vor zwei Jahren eine internationale Vereinbarung angestoßen, um den Methanausstoß zu reduzieren. Dem "Global Methan Pledge" sind mittlerweile mehr als 150 Staaten beigetreten, in denen mehr als die Hälfte der von Menschen verursachten Emissionen anfallen. Sie wollen ihren Methanausstoß bis 2030 um mindestens 30 Prozent reduzieren. Allerdings fehlen China, Indien und Russland, die zu den fünf größten Verursachern gehören.

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In Dubai verpflichteten sich nun einerseits die USA, neue Standards einzuführen, die Öl- und Gasproduzenten dazu zu verpflichten, Methanlecks zu schließen. Zudem versprachen 52 Energieunternehmen, ihre Methanemissionen bis 2030 auf null zu senken. Den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zufolge, die in diesem Jahr den Vorsitz der COP stellen, sind die Unterzeichner für 40 Prozent der weltweiten Ölproduktion verantwortlich. Dazu gehört auch der Staatskonzern der VAE, Adnoc.

Sechs der weltgrößten Hersteller von Milchprodukten wollen ebenfalls Schritte einleiten, um den von ihnen verursachten Methanausstoß zu verringern. Danone, die Bel Group, General Mills, Lactalis USA, Kraft Heinz und Nestlé kündigten bei der Weltklimakonferenz an, ab Mitte 2024 ihre Methanemissionen offenlegen und ab Ende kommenden Jahres Methan-Aktionspläne vorlegen zu wollen.

Landwirte rund um den Globus bräuchten technische und finanzielle Hilfen, um mögliche Lösungen zu einer Senkung des Methanausstoßes – wie etwa Zusatzstoffe zum Futter – zu finden, sagte Danone-Vertreter Chris Adamo. Es gebe keine Wunderwaffe im Kampf gegen Methan, vielmehr müssten verschiedene Optionen für Bauernhöfe in den Regionen der Welt gefunden werden. Danone hatte in diesem Jahr angekündigt, Methanemissionen aus seiner Milchproduktionskette bis 2030 um 30 Prozent vermindern zu wollen.

Entschädigungsfonds für arme Staaten

Der erste große Durchbruch gelang direkt zu Beginn des Klimagipfels: Zum Auftakt sagten Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate überraschend 200 Millionen US-Dollar (etwa 183 Millionen Euro) für einen Entschädigungsfonds zu. Damit sollen Klimaschäden in besonders verwundbaren Staaten ausgeglichen werden.

Damit fließt erstmals Geld in den im vergangenen Jahr auf der UN-Klimakonferenz in Ägypten beschlossenen Fonds. Auch Großbritannien, die USA und Japan machten finanzielle Zusagen. Die Hilfen aus dem Geldtopf sollen etwa nach Unwettern oder langen Dürren, die auf die Erderwärmung zurückzuführen sind, in betroffene Regionen fließen.

Sabine Minninger, Klimaexpertin von Brot für die Welt, nannte die Ankündigung direkt zum Start der Konferenz einen "strategisch wichtigen Schachzug". Der Gastgeber und Deutschland zeigten damit auch Schwellen- und ölexportierenden Entwicklungsländern: "Der Fonds für Klimaschäden ist bereit, aufgefüllt zu werden." Diese hätten keine Ausrede mehr, sich vor einer finanziellen Ankündigung zu drücken.

Im Laufe der Konferenz kam nach dem Vorstoß Deutschlands und der Emirate ein Startkapital von insgesamt knapp 800 Millionen Dollar zusammen.

Klimaclub steht

"Jetzt kann es losgehen": Mit diesen Worten setzte Bundeskanzler Olaf Scholz am 1. Dezember den Startschuss für seinen Klimaclub. Es war das wichtigste Vorhaben des Kanzlers auf der Konferenz. Scholz hatte ihn bereits vor eineinhalb Jahren beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau als Gruppe besonders ambitionierter Staaten im Kampf gegen den Klimawandel gegründet. Nun ist der lose Zusammenschluss von 35 Ländern und der EU vollständig arbeitsfähig.

Gemeinsames Ziel ist es, industrielle Prozesse treibhausneutral umzubauen und das Wirtschaftswachstum von klimaschädlichen Emissionen zu entkoppeln. Das Problem: Einige der größten Produzenten klimaschädlicher Treibhausgase gehören dem Club nicht an, darunter China, Russland, Indien und Brasilien.

Nächstes Gastgeberland heftig umstritten

Eine Entscheidung gab es auch bei der Suche nach dem nächsten Gastgeberland. Die Konferenz wird abwechselnd in unterschiedlichen Staatenblöcken abgehalten, im kommenden Jahr ist die Region Osteuropa an der Reihe. Die UN-Statuten sehen vor, dass sich die betreffenden Staaten gemeinsam auf das Ausrichterland einigen. Russland hatte es in den Verhandlungen rundweg abgelehnt, dass Bulgarien oder ein anderes EU-Land den Zuschlag erhält.

Die Wahl fiel schließlich auf Aserbaidschan, also einen Staat, der wie die Gastgeber in diesem Jahr ebenfalls riesige Öl- und Gasvorkommen hat und damit viel Geld verdient. Der Öl- und Gassektor macht 90 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Aserbaidschan hat zudem ein Korruptionsproblem: Auf dem entsprechenden Index der Organisation Transparency International liegt es auf Platz 157 der 180 untersuchten Länder. Aserbaidschan steht zudem wegen seiner schlechten Menschenrechtslage in der Kritik.

Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, bezeichnete es als "höchst problematisch", dass mit Aserbaidschan nach Ägypten und den Emiraten "ein weiterer Ölstaat die Klimaverhandlungen leiten soll".

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP
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