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Kampfpanzer-Poker: Wladimir Putin lacht Deutschland aus


Kampfpanzer-Poker um den Challenger 2
Putin lacht uns aus

MeinungEin Kommentar von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 11.01.2023Lesedauer: 4 Min.
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"Finte" und "Unsinn": So ordnet der renommierte Militärexperte Carlo Masala bei t-online zwei wichtige Entwicklungen im Ukraine-Krieg ein.

Großbritannien wird wahrscheinlich Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Damit erledigen die Briten den Job der Deutschen. Peinlich für die Bundesregierung.

Es ist ein Trauerspiel: Die Kampfpanzer-Debatte zieht sich in Deutschland bereits seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hin. Doch lange Zeit passierte nichts. Die Bundesregierung bremste, obwohl die Panzer bereitstanden und stehen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat es geschafft, den Westen so zu verunsichern, dass dieser dringend benötigte Waffensysteme nur langsam und vorsichtig an die Ukraine liefert.

Doch wo sind eigentlich Deutschlands rote Linien und warum hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) sie gezogen? Hat Putin uns gedroht?

Diese Fragen beantwortet kein westlicher Staats- und Regierungschef. Niemand weiß, warum auch Scholz noch immer so zurückhaltend ist. Im politischen Berlin geistern dazu zahlreiche Theorien herum – sie reichen von einem Kanzler, der vorsichtig sei, um eine Eskalation des Krieges zu vermeiden, bis zu Leopard-2-Panzern, die technisch nicht einsatzbereit seien.

Egal, was nun stimmt: Diese Kommunikation ist fatal. Und sie schadet Deutschland auch international – denn die Bundesrepublik tut in der Ukraine-Krise eigentlich viel. Wahrgenommen aber wird sie nur als Panzerbremser.

Das ist auch die Schuld von Scholz, der sich viel zu wenig erklärt. Nun liefert Deutschland zwar Schützenpanzer, aber schließt den Kampfpanzer Leopard 2 davon aus – als würde das für Russland einen Unterschied machen. Putin kann uns auslachen.

Kostbare Zeit wird verspielt

Die Ukraine braucht auch Kampfpanzer westlicher Bauart, um in einem langen Abnutzungskrieg gegen die russische Armee bestehen zu können. Das wussten viele westliche Experten und Politiker seit Monaten – schließlich hatte die ukrainische Armee schon im Sommer 2022 mehr als die Hälfte ihrer eigenen Panzer verloren, und auch die vorhandenen Panzer aus sowjetischer Produktion im Westen waren limitiert. Der von Deutschland initiierte Ringtausch war letztlich nur ein Spiel auf Zeit, und er wurde vom Verteidigungsministerium schlecht organisiert und orchestriert.

Die Folge: Das politisches Rumgeeiere und die langen Debatten in der Panzerfrage haben wichtige Zeit für die Ukraine verschenkt. Unnötig.

Immerhin: Allmählich findet in den USA, in Frankreich und auch in Deutschland ein Umdenken statt. Frankreich liefert einen Spähpanzer, die USA und Deutschland geben die Schützenpanzer Bradley und Marder an die Ukraine. Das sind wichtige Schritte – nur kommen sie viel zu spät.

Wir dürfen nicht vergessen, dass verschenkte Zeit in diesem Krieg immer Menschenleben kostet. Denn hätte die Ukraine schon im Herbst mehr und bessere Panzer gehabt, hätte man mutmaßlich mehr Gebiete erobern können. Der russischen Armee wäre es im Nordosten schwerer gefallen, neue Verteidigungslinien zu errichten. Mehr Ukrainer wären befreit gewesen und würden nun Folter und Vertreibung entgehen. Hätte, wäre, würde. Es ist nicht passiert.

Video | Das kann der Schützenpanzer Marder
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Quelle: t-online

Challenger-2-Lieferung ist militärisch nicht sinnvoll

Nun erwägt Großbritannien sogar die Lieferung des Kampfpanzers Challenger 2. Damit würde die letzte Panzerhürde fallen, denn bislang hat der Westen keine Kampfpanzer westlicher Bauart an die Ukraine abgegeben. Dann wäre diese lange Panzerdebatte in Deutschland vorbei. Endlich.

Es ist wahrscheinlich, dass der britische Kampfpanzervorstoß mit den westliche Alliierten abgesprochen wurde – auch mit Deutschland. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) war gerade erst in London – mutmaßlich hat sie mit ihrem britischen Amtskollegen James Cleverly auch über die Panzerfrage gesprochen. Trotzdem wäre die Lieferung von Kampfpanzern durch Großbritannien vor allem eines: irre peinlich für Deutschland.

Der Challenger 2 ist militärisch nicht der richtige Panzer für die Ukraine. Die Briten möchten höchstens ein Dutzend abgeben, und es lohnt sich im Prinzip eigentlich nicht, die Ukrainer daran auszubilden. Ersatzteile für den Challenger 2 können nur aus Großbritannien oder dem Oman kommen, denn mehr Länder benutzen den Kampfpanzer nicht.

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Das laute Nachdenken über die Abgabe von britischen Kampfpanzern an die Ukraine bezweckt also nur, eine politische Barriere einzureißen: Liefert ein Nato-Mitglied Kampfpanzer, werden andere nachziehen, wenn es nötig ist.

Dabei richten sich nun alle Augen auf Deutschland. Logistisch nämlich ist nur die Lieferung des Leopard 2 wirklich sinnvoll. Der Kampfpanzer wurde in 18 Länder exportiert, der ukrainische Bedarf an Munition und Ersatzteilen könnte in Europa kollektiv geschultert werden. Strategisch ist das der richtige Schritt.

Unverständnis über fehlende Kommunikation

Deshalb hatten Spanien und skandinavische Länder bei der Bundesregierung angefragt, ob sie ihre Leopard-Panzer exportieren dürfen. Deutschland lehnte ab. Warum zögert Scholz?

Putin wird wahrscheinlich keinen Atomkrieg beginnen, weil er in der Ukraine Leopard- statt Marder-Panzer auf dem Gefechtsfeld sieht. Auch wird die Nato nicht durch den Leopard 2 in den Krieg gezogen. Schließlich betrachtet Moskau den Westen ohnehin schon als Kriegspartei und verbreitet das auch fleißig in seiner Propaganda.

Vielleicht haben Scholz und die übrigen westlichen Staats- und Regierungschefs ja gewichtige Gründe für ihre zögerliche Unterstützung und für ihre Unnachgiebigkeit in der Panzerfrage. Doch diese haben sie bislang nicht benannt.

Stattdessen agiert der Bundeskanzler in dieser Krise oft so wie seine Vorgängerin Angela Merkel. Er handelt in der Panzerfrage erst, wenn der Druck so groß ist, dass es sich nicht mehr vermeiden lässt. Wer bei Deutschland Führung bestellt, muss warten, bis ein anderes Land Führung liefert – oder bis ein Signal aus den USA kommt. Scholz führt nicht, er wird eher geschubst. Dabei muss auch die Bundesrepublik in dieser Krise nun mutig sein, darf sich nicht immer hinter anderen Partnern verstecken. Oder sie muss endlich sagen, welche gewichtigen Gründe dagegen sprechen.

Der aktuelle Kurs aber ist falsch.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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