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Rente: Kopplung an Inflation – Wirtschaftsweise fordern Reformen


Vorschläge der Wirtschaftsweisen
Diese Ideen sollen die gesetzliche Rente retten


Aktualisiert am 08.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Senioren an der Ostseeküste: Die Rente gerät in Deutschland immer mehr in Schieflage. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Länger arbeiten, Renten an die Inflation koppeln und anders berechnen: Die Wirtschaftsweisen fordern mehrere Maßnahmen, um die gesetzliche Rente zu retten.

Die Deutschen werden immer älter – und wollen laut Umfragen immer früher in Rente gehen. Ein bekanntes Problem, auf das die Politik bislang jedoch kaum Antworten gefunden hat, obwohl die Zeit drängt: In den kommenden Jahren treten mehr und mehr Vertreter der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand, das Verhältnis von Einzahlern und Empfängern droht gefährlich zu kippen.

Umso mehr dringen jetzt die fünf Wirtschaftsweisen auf eine Lösung. Angesichts des demografischen Wandels haben sie am Mittwoch bei der Präsentation ihres Jahresgutachtens mehrere Vorschläge gemacht, um das Rentensystem nachhaltig zu reformieren und zukunftsfest zu machen.

Übergeordnetes Ziel müsse dabei sein, dass mehr Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, damit Deutschlands Wirtschaft im internationalen Vergleich nicht den Anschluss verliert. (Mehr zu den wirtschaftlichen Risiken in den kommenden Jahren lesen Sie hier.) Zugleich gehe es darum, dass die Finanzen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nicht in Schieflage geraten, damit auch künftige Generationen vom Umlagesystem profitierten. t-online stellt die drei zentralen Ideen der Experten zur Rettung der gesetzlichen Rente vor.

1. Alle sollten länger arbeiten

"Kernelement", so schreiben es die Ökonomen in ihrem Gutachten, müsse eine Koppelung des gesetzlichen Renteneintrittalters an die Lebenserwartung sein. Heißt also: Die Deutschen sollten länger arbeiten, weil sie schließlich auch länger leben.

Der Vorteil dieser schon oft vorgebrachten Idee wäre, dass die Arbeitnehmer mehr in die Rentenkasse einzahlen, der Topf, aus dem die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die Rentenbezüge finanziert, voller würde – und zugleich die Bezugsdauer der Renten sänke. Dadurch wiederum würde sich das Füllhorn der DRV langsamer leeren. Eine Win-win-Situation für die Finanzen der gesetzlichen Rente, zugleich aber eine Maßnahme, die bei vielen Bürgern jedoch im hohen Maße unpopulär ist und deshalb von der Bundesregierung derzeit ausgeschlossen wird.

Umso eindringlicher schreiben die Experten: "Zusammen mit einer aktienbasierten Altersvorsorge kann das Sicherungsniveau so auf Dauer deutlich gesteigert und die Armutsgefährdung im Alter vermindert werden." Doch selbst wenn sich die Ampelregierung dazu durchränge, bliebe ein Problem: Diese Reformoptionen entfalte ihre volle Wirkung erst langfristig, weshalb es auch andere Maßnahmen brauche, die schneller für eine Entlastung der DRV sorgen.

2. Mehr Rentenpunkte für Geringverdiener

Kurzfristig wirken könnte etwa eine Idee, die bislang kaum einer auf dem Zettel hatte: So wie Steuerzahler mit höherem Einkommen im Steuertarif stärker belastet werden, sollten Gutverdiener künftig auch überproportional niedrige Rentenansprüche erwerben. Menschen mit geringem Jahreseinkommen hingegen sollten höhere Ansprüche zustehen.

Konkret heißt das: Anders als bisher würde nicht mehr jeder Euro, den Arbeitnehmer in die Rentenkasse einzahlen, die gleichen Anrechte auf monatliche Rentenzahlungen bringen. Stattdessen wären die Beiträge von Geringverdienern mehr wert als die von Gutverdienern.

Diese Maßnahme sei nötig, um das Risiko von Altersarmut zu senken, heißt es in dem Gutachten. Zugleich wäre es eine Möglichkeit, Geld innerhalb einer Generation umzuverteilen, statt die Last immer mehr in Richtung Beitragszahler zu schieben. "Die jetzige Generation soll mehr dazu beitragen, das Rentensystem zu stabilisieren", sagte Schnitzer bereits vor einigen Wochen im Interview mit dem Nachrichtenpodcast "Lage der Nation". Die Jüngeren hätten schon genug zu leisten.

3. Bestandsrenten an die Inflation koppeln

Kurzfristig mehr Geld fürs System versprechen sich die Wirtschaftsweisen davon, die Bestandsrenten an die Inflation zu koppeln, statt wie derzeit an die Lohnentwicklung. Zwar ist die Teuerung aktuell noch relativ hoch, perspektivisch aber dürfte sie sich wieder auf dem Zielniveau der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent einpendeln.

Der Clou bei diesem Schritt: In normalen Zeiten, wenn die Verbraucherpreise langsamer steigen als die Löhne, würden die Ausgaben der Rentenkasse nicht mehr so stark wachsen. Für die Beitragszahler wäre das eine gute Nachricht, sie müssten nicht immer mehr ihres Bruttos an die DRV überweisen, um das Umlagesystem zu finanzieren. Rentner hingegen würden weniger stark vom gestiegenen Lohnniveau profitieren.

Zum anderen solle der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor verstärkt werden. Der Faktor ist Teil der Rentenanpassungsformel, mit der berechnet wird, wie stark die Rentenerhöhung zum 1. Juli eines jeden Jahres ausfällt (mehr dazu hier). Er berücksichtigt, wie sich das Verhältnis von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern entwickelt.

Sinkt die Zahl der Einzahler gegenüber der Zahl der Empfänger, wird auch der Nachhaltigkeitsfaktor kleiner – und die Rentenanpassung fällt geringer aus. Dieser Mechanismus soll nach Meinung der Wirtschaftsweisen künftig noch stärker ins Gewicht fallen. Mehr zum Nachhaltigkeitsfaktor lesen Sie hier.

Beamte einzahlen lassen? – Keine gute Idee

Ausdrücklich keine Lösung für das Finanzproblem der gesetzlichen Rente sehen die Sachverständigen in der Idee, künftige Beamten in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Zwar steige dadurch die Anzahl der Beitragszahlenden, und die DRV werde kurzfristig entlastet. "Bei Renteneintritt der zusätzlichen Beitragszahlenden verschwindet der entlastende Effekt jedoch und die Finanzierungsprobleme werden langfristig verschärft, da die Rentenbezugsdauer von Beamtinnen und Beamten überdurchschnittlich lang ist", so die Wirtschaftsweisen.

Sparen könnte man hingegen, indem die zusätzliche betriebliche Altersversorgung von Beamten gekürzt werde und von vornherein weniger Menschen in Deutschland verbeamtet würden. Denkbar seien zudem vorübergehende Entlastungen, wenn alle Selbstständigen in Zukunft verpflichtend fürs Alter vorsorgen müssten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Jahresgutachten 2023/2024 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
  • lagedernation.org: "Spezial: Monika Schnitzer, Wirtschaftswissenschaftlerin" (13. Juli 2023)
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