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Galeria Karstadt Kaufhof: Experte zweifelt an Rettung durch Investoren


Experten über Galeria-Rettung
Vielen Filialen droht das Aus


12.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Galeria-Filiale in Bonn: Gelingt es den neuen Eigentümern, die verbleibenden Häuser der Kette zu retten? (Quelle: Ying Tang/dpa)

Bereits zum dritten Mal ist Galeria insolvent. Damit die Kaufhauskette endlich wieder Erfolgsnachrichten produziert, müssen deutliche Veränderungen vorgenommen werden, sagen Experten.

Aller guten Dinge sind drei: Das scheinen auch die Investoren der angeschlagenen Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zu denken. Immerhin durchläuft das Unternehmen derzeit sein drittes Insolvenzverfahren seit 2020. Dennoch sind sich der Amerikaner Richard Baker und der Deutsche Bernd Beetz mit dem Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus einig geworden.

"Wir sind froh, dass unser Plan einstimmig angenommen und unterstützt wird. Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das Warenhaus", erklärte Beetz bei Verkündung am Mittwoch.

Doch auf die Macht des Sprichworts allein sollte sich das Investorenkonglomerat nicht verlassen. Denn es gibt eine Reihe ungelöster Probleme und nach den Pleiten in der Vergangenheit sind Branchenexperten skeptisch.

Schwächelnde Standorte

Zum einen sind da die vielen Standorte mit jeweils großen Immobilien. Galeria betreibt noch 92 Filialen mit 12.800 Beschäftigten. Die neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof wollen voraussichtlich mehr als 70 der 92 Filialen fortführen. Welche Filialen geschlossen werden und welche erhalten bleiben, soll Ende April bekannt gegeben werden. Die 92 Standorte sind bereits eine deutlich reduzierte Anzahl der 172 Warenhäuser, die es bis 2020 noch gegeben hatte.

Man könne es sich nicht leisten, ein Boot zu haben, das "ein großes Leck habe, untergeht und die ganze Flotte" mitreiße, so Beetz. Gemeint sind damit unprofitable Standorte und ineffiziente Geschäftsstrukturen.

Manche Experten glauben, dass die Anzahl der Filialen in den kommenden Jahren noch deutlich stärker abnehmen wird. "Ich halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt", sagte etwa Jörg Funder, Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms. Es würden 50 bis 60 Häuser derzeit als profitabel eingeschätzt, schreibt die Handelsberatung BBE.

Der Deutsche Städtetag ist dennoch optimistisch, dass ein Neustart gelingen kann. "Viele Städte mit Galeria-Standorten werden heute aufatmen", so Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy am Mittwoch. Für die Städte zähle, dass den verbleibenden Standorten eine Zukunftsperspektive gegeben wird, auf die sie bauen könnten. "Das gilt vor allem für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Galeria-Filialen. Sie mussten wiederholt und seit Monaten um ihre Jobs bangen."

Gerade die Job-Unsicherheit sieht der Dortmunder Betriebsrat allerdings noch nicht überwunden. Denn noch stehe nicht fest, welche Standorte erhalten bleiben, sagt Christian Kalots: "Man fragt sich nach den Erfahrungen der letzten beiden Insolvenzen: Was wird aus jedem Einzelnen? Also bin ich betroffen oder nicht, oder ist mein Standort betroffen?", so Kalots. "Das sind Fragen, die da sind. Deshalb ist die Freude zurückhaltend."

Hohe Mieten

Ein besonderes Problem gibt es zudem mit den Immobilien selbst: Sie gehören nicht dem Unternehmen, sondern sind angemietet. Mit den Vermietern würden deshalb nun intensive Verhandlungen geführt, so Investor Beetz.

Doch das dürfte gar nicht so einfach werden, denn auch für viele Immobilien ist inzwischen ein Insolvenzverwalter zuständig. So gehören 18 Galeria-Standorte weiterhin René Benkos insolventer Signa-Gruppe. Laut der "Abendzeitung München" will Signa bei der Miete den neuen Galeria-Eigentümern entgegenkommen. Inwiefern das möglich ist, wird sich zeigen müssen. Immerhin wurde am Donnerstag bekannt, dass Signa in Österreich Konkurs angemeldet, also den Versuch der Sanierung aufgegeben hat.

Fehlende Investitionen

Auch die Investoren selbst rufen bei Branchenbeobachtern Skepsis hervor. Immerhin war Richard Baker als Chef des kanadischen Unternehmens HBC vor einigen Jahren Eigentümer von Galeria Kaufhof, verkaufte die Kette dann an Benko. Daraufhin kam es zur Fusion mit Karstadt und der unter Baker entlassene Kaufhof-Chef Olivier van der Bossche wurde zurückgeholt. Mehr zu Investor Baker lesen Sie hier.

Nun ist Baker wieder zurück und es ist noch unklar, was das für die Ausrichtung des Unternehmens und auch für van der Bossche bedeutet. "HBC hat sich vor Jahren aus dem europäischen Markt zurückgezogen und die Situation von Galeria am Markt ist bei Weitem schwieriger als noch vor knapp 10 Jahren", sagt Johannes Berentzen, Geschäftsführer der auf Handel spezialisierten Beratungsfirma BBE t-online. "Schwindenden stationären Umsätzen und fehlender Onlineverknüpfung stehen gewaltige Investitionsstaus und eine große, teure Verwaltung gegenüber." Er fällt daher ein deutliches Urteil: "Für mich ist das ein Rettungsversuch ohne Erfolgsaussichten."

Vor allem die angekündigte Investitionssumme hält er für deutlich zu niedrig angesetzt, um den Investitionsstau der vergangenen Jahre aufzulösen. "Die angekündigten 100 Millionen reichen nicht mal für Malerarbeiten. Es sind 10 bis 15 Millionen Euro je Standort erforderlich und das summiert sich schnell auf über eine Milliarde Euro", lautet die Schätzung von Berentzen.

Wie geht es weiter?

Was klar ist: Wenn eine Rettung gelingen soll, braucht es ein Konzept, mit dem neue Kundengruppen gewonnen werden. Nach eigenen Angaben hat Galeria zwar jährlich rund 200 Millionen Kunden, allerdings sind das vermehrt ältere Menschen. Damit auch junge Menschen Interesse an den Läden entwickeln, braucht es ein überzeugendes Konzept.

Die Probleme lägen vor allem bei Galeria selbst, nicht beim Modell Kaufhaus. Auch wenn der Marktanteil von Warenhäusern in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen habe, gäbe es einige Erfolgsgeschichten. "Das Geschäftsmodell Warenhaus ist nicht grundsätzlich aus der Zeit gefallen, sondern die Art und Weise, wie GKK es betreibt." Erfolgreiche Beispiele, wie das Kaufhaus Rid in Weilheim oder der Kaufring in München, zeigen laut Berentzen, dass Regionalität und Erlebnisse für Kunden wie Modenschauen und Workshops überzeugen können. Das Einkaufen müsse einen Mehrwert gegenüber dem deutlich schnelleren und bequemeren Online-Shopping bieten.

Das heiße allerdings nicht, dass Online-Shopping für Galeria keine Rolle spielen sollte. "Jeder stationäre Händler, der diesen Bedarf weiter bedienen möchte, muss auch konsequent online präsent sein, ob mit eigenem Shop oder über die Marktplätze", so Berentzen. Das sei bei Galeria in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden und müsse ebenfalls dringend nachgefasst werden. Ob die neuen Investoren es im dritten Anlauf schaffen, Galeria zukunftsfähig umzubauen, wird sich zeigen müssen.

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