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Rentenreform: Beamte und Selbstständige bald in die gesetzliche Rente?


Anstehende Reform
Nur so lässt sich das Rentensystem stabilisieren

MeinungEin Gastbeitrag von H. Buslei, J. Geyer und P. Haan (DIW)

18.05.2025 - 10:14 UhrLesedauer: 4 Min.
Rentner zählt GeldscheineVergrößern des Bildes
Rentnerin mit Geldscheinen (Symbolbild): Eine Rentenreform ist dringend nötig. (Quelle: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn/dpa-bilder)
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Sollten Beamte und Selbstständige künftig in die gesetzliche Rente einzahlen? Sozialministerin Bärbel Bas hat eine Debatte angestoßen. Diese war notwendig, finden Experten des DIW.

In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue schwarz-rote Bundesregierung vereinbart, eine Rentenkommission einzusetzen, um die Zukunft des Alterssicherungssystems zu untersuchen. Zwar fehlen detaillierte Angaben zur Zusammensetzung und zum konkreten Auftrag der Kommission. Doch die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hat bereits einen Vorschlag eingebracht.

Bas plädiert dafür, auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, um die Einnahmen zu erhöhen. Denn die Rentenkasse gerät absehbar unter Druck, wenn jetzt die großen Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen.

Die Debatte um diese Reform ist wichtig und sollte besser früh als spät geführt werden. Schon jetzt zeichnen sich kontroverse Positionen ab – von der Einschätzung, dies sei ein notwendiger Schritt zur Stabilisierung des Rentensystems. Bis hin zur Kritik, es handle sich um ein Nullsummenspiel oder gar durch die Einbeziehung der Gruppen um die Illusion eines Schneeballsystems. Angesichts der vielen beteiligten Interessengruppen und der komplexen ökonomischen Zusammenhänge gibt es erheblichen Interpretationsspielraum.

Eine Einbeziehung neuer Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung führt zunächst zu zusätzlichen Einnahmen im Umlageverfahren, da aus diesen Gruppen selbst noch niemand eine Rente bezieht. Dieser sogenannte "Einführungsgewinn" könnte die Rentenkassen über Jahrzehnte entlasten, da es lange dauert, bis neue Rentenanwartschaften aufgebaut sind.

Diese Entlastung würde über die Mitte des Jahrhunderts hinausreichen und könnte ein wichtiger Baustein sein, um den finanziellen Druck infolge des demografischen Wandels abzufedern. Zwar werden langfristig auch steigende Ausgaben anfallen, doch deren Umfang lässt sich heute nur schwer abschätzen – ähnlich, wie es 1975 schwierig gewesen wäre, die Herausforderungen des Jahres 2025 präzise vorherzusagen.

Zu den Autoren

Hermann Buslei ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Staat im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Johannes Geyer ist stellvertretender Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin.

Peter Haan ist Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin und Professor für empirische Wirtschaftsforschung an der Freien Universität Berlin.

Welche Folgen eine Einbeziehung für Selbstständige und Rentner hätte

Jede Gruppe, die einbezogen werden soll, bringt eigene Besonderheiten und Herausforderungen mit, die beachtet werden müssen.

Selbstständige: Bei Selbstständigen ohne obligatorische Alterssicherung besteht eine Versicherungslücke. Ohne Pflichtversicherung sparen viele zu wenig für das Alter und könnten später auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sein – ein Risiko, das die Solidargemeinschaft trägt. Eine Pflichtversicherung könnte nicht nur die Rentenkasse stabilisieren, sondern auch das soziale Sicherungssystem entlasten. Schätzungen zufolge könnte dies die Rentenbeiträge langfristig um bis zu einem Beitragspunkt senken. Ohnehin ist zu fragen, warum es gerade diese Gruppe ist, die keinem Versicherungszwang unterworfen ist. Immerhin mutet man dies allen anderen Erwerbstätigen zu.

Beamten: Hier ist die Lage komplexer. Beamtinnen und Beamte stehen in einem besonderen Dienstverhältnis, das ihnen ein finanziell abgesichertes Berufsleben garantiert. Eine Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung würde steuerfinanzierte Beiträge zur Rentenkasse bedeuten und damit eine Verbesserung für die Rentenversicherung – eine Umlagerung der Kosten, die insgesamt aber wenig am staatlichen Finanzierungsbedarf ändern würde. Zudem wäre eine Reduktion der Pensionsansprüche politisch und rechtlich schwierig umzusetzen. Der Staat kann bei den Beamten also nur wirklich sparen, wenn er auch die Absicherung reduzieren würde.

Ein pragmatischer Ansatz wäre, künftig weniger Berufsgruppen zu verbeamten. Stattdessen könnten mehr Beschäftigte als Angestellte arbeiten, ähnlich wie es Österreich bereits umgesetzt hat. Dort wurde das Beamtenrecht reformiert, die Zahl der hoheitlichen Tätigkeiten reduziert und die Pensionsregelungen an das allgemeine Rentensystem angeglichen. Das hat die öffentlichen Pensionsausgaben spürbar entlastet.

Auch in Deutschland könnte eine solche Reform die Rentenversicherung stärken, wobei der Effekt wegen der in Deutschland bedeutsameren Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst geringer ausfallen dürfte. Dabei müsste der Übergang schrittweise erfolgen, etwa indem nur neu eingestellte Staatsbedienstete weniger häufig verbeamtet werden. Langfristig würden dann Beamte und Angestellte ähnliche Versorgungsansprüche haben, was dann aber eine Verschlechterung für viele Beamte bedeuten würde. Der Effekt wäre zwar geringer als bei einer vollständigen Abschaffung des Beamtenstatus, aber immer noch spürbar.

Abgeordnete: Auch Abgeordnete weisen Besonderheiten auf, etwa die befristete Dauer ihrer Amtszeit. Eine Integration in die gesetzliche Rentenversicherung müsste diese Besonderheiten berücksichtigen, um für diese Gruppe eine faire Lösung zu finden.

Dieser Vorwurf greift zu kurz

Der Vorwurf, dass die Integration von Beamten, Abgeordneten und Selbstständigen in die Rentenversicherung ein Nullsummenspiel sei, greift also zu kurz. Ebenso wie der Vorwurf, dass es im schlimmsten Fall aufgrund der im Durchschnitt hohen Lebenserwartung von Beamten sogar eine negative Rechnung für die Rentenversicherung sei.

Reformen, die neue Beitragszahlende in die Rente holen, können die Rentenversicherung über Jahre entlasten, auch wenn das Entlastungsvolumen je nach Ausgestaltung begrenzt ist. Die Einbeziehung neuer Gruppen ist kein Allheilmittel, sondern nur ein Teil einer umfassenderen Rentenreform. Die Entlastung sollte in jedem Fall dazu genutzt werden, das System der Alterssicherung so zu reformieren, dass das Rentensystem auch nach Wegfall der "Einführungsdividende" auf soliden Füßen stünde.

Klar ist aber, eine solche Reform wäre nur ein erster Schritt und weitere sind notwendig. Unter anderem sollte auch die private Altersvorsorge gestärkt werden, etwa durch Regulierung privater Anbieter oder staatliche Vorsorgeangebote, die verlässliche Renditen oberhalb der Lohnwachstumsrate ermöglichen. Das wäre ein weiterer Schritt, das Rentensystem langfristig zu stabilisieren.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinungen der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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