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Haftstrafe für Uli Hoeneß wohl immer wahrscheinlicher


Experten sehen schwarz
Haftstrafe für Hoeneß wohl wahrscheinlicher

Von dpa-afx, dpa, reuters, t-online, afp
Aktualisiert am 11.03.2014Lesedauer: 4 Min.
Uli Hoeneß mit seiner Frau Susi beim Verlassen des Gerichts in MünchenVergrößern des BildesUli Hoeneß mit seiner Frau Susi beim Verlassen des Gerichts in München (Quelle: dpa-bilder)
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Es geht um viele Millionen - aber mit dieser Summe hatte niemand gerechnet: Gleich zum Auftakt des spektakulären Steuerprozesses hat Uli Hoeneß eingeräumt, nicht wie ihm vorgeworfen 3,5 Millionen Euro, sondern über 18 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Experten halten nach dieser Enthüllung eine Haftstrafe für den FC-Bayern-Präsidenten für immer wahrscheinlicher. Die Höhepunkte des ersten Verhandlungstages im Überblick.

"Das sind ja gigantische Zahlen. Und das wirft ein wirklich dunkles Licht auf diese Selbstanzeige", kommentierte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, die von Hoeneß genannte Summe gegenüber dem TV-Sender N24. Er fügte hinzu: "Ich sehe mittlerweile eine Gefängnisstrafe am Ende des Tunnels."

Der Münchner Wirtschaftsexperte und promovierte Jurist Manuel Theisen sagte, dies sei nun eine ganz andere Dimension. "Es geht nicht nur um eine knapp fehlerhafte Selbstanzeige." Man müsse auch überlegen, ob es weitere Beteiligte gegeben haben könnte. "20 Millionen Euro. Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass es einen Mann und ein Konto betrifft", sagte Theisen am Rande des Prozesses.

Steuer-Strafrechtler Arne Lißewski erwartet nun weitere Maßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen Hoeneß. "Da ist es möglich, dass eine Nachtragsanklage vonseiten der Staatsanwaltschaft erhoben wird", so der Krefelder Jurist. "Die Staatsanwaltschaft wird bemüht sein, diese 15 Millionen in den Prozess einzubinden", fügte Lißewski hinzu.

Verlustvorträge zu Unrecht geltend gemacht

Am ersten von vier Verhandlungstagen vor dem Landgericht München II warf Staatsanwalt Achim von Engel Hoeneß vor, etwas mehr als 33 Millionen Euro an Kapitalerträgen, Spekulationsgewinnen und sonstigen Einkünften verschwiegen zu haben. Damit habe er rund 3,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen.

Dazu komme, dass der Angeschuldigte zu Unrecht Verlustvorträge privater Veräußerungsgeschäfte in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro erhalten habe, hieß es im Anklagesatz. Damit kann unter dem Strich der steuerpflichtige Betrag aus Veräußerungsgewinnen gedrückt werden.

Doch kurz darauf gestand Hoeneß bei seiner Aussage einen Betrag, der rund fünfmal so hoch ist wie die von der Staatsanwaltschaft angenommenen 3,5 Millionen Euro. "Ich bin froh, dass jetzt alles auf dem Tisch liegt. Ich werde alles dafür tun, dass dieses für mich bedrückende Ereignis abgeschlossen wird", betonte er.

"Ich habe Steuern hinterzogen. Mir ist bewusst, dass daran auch die Selbstanzeige nichts ändert", sagte Hoeneß vor dem als knallhart geltenden Richter Rupert Heindl. "Ich habe aber gehofft, mit meiner Selbstanzeige einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen." Im dunklen Anzug und mit weinroter Krawatte gab sich der Macher des FC Bayern in Anwesenheit seiner Ehefrau Susi vor allem reumütig.

"Bin kein Sozialschmarotzer"

Er achtete auch darauf, auf seine Verdienste zu verweisen. "Ich bin kein Sozialschmarotzer", rief er. In den letzten Jahren habe er an die fünf Millionen Euro für soziale Zwecke gespendet und in den letzten zehn Jahren mehr als 50 Millionen Euro an Steuern in Deutschland gezahlt.

Daneben berichtete Hoeneß von seiner Zockerei an der Börse. So habe er Unsummen herumgeschoben. Alles fing nach Hoeneß' eigener Schilderung harmlos an: 1975 eröffnete er als frisch gebackener Fußball-Weltmeister ein erstes Konto in der Schweiz. Mit seiner Frau Susi, die das Verfahren in Blickweite zu ihrem Mann im Prozess verfolgt, hatte er die Freundschaft zu einem Mitarbeiter der Bank Vontobel aufgebaut.

"Habe gezockt und war verrückt"

Hoeneß kaufte und verkaufte bei Vontobel, Tag und Nacht, meist per Telefon und meist Devisen: So lassen sich die Geschäfte zusammenfassen, die sich laut Richter Rupert Heindl zu dermaßen vielen Kontobewegungen läpperten, dass alleine in den Jahren 2003 bis 2009 die Kontoauszüge über 70.000 Blatt Papier füllten.

An einem Tag habe Hoeneß mal eben 18 Millionen Euro verzockt, berichtete der Richter aus den Unterlagen. "Ich habe gezockt und war verrückt", beschrieb Hoeneß selbst sein Handeln. Ab dem Jahr 2006 habe sich das Glück dann aber gewendet: "Es wurde richtig eng." Sein Freund, der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, habe ihm mit Millionenbeträgen aus der Patsche geholfen.

Zu einem wichtigen Streitpunkt entwickelte sich am ersten Prozesstag die lange Zeit fehlende Dokumentation der Schweizer Geschäfte. "Ich hatte keinen Überblick. Letztlich war alles ein großes Durcheinander", sagte Hoeneß.

Am Nachmittag sagten zwei Steuerbeamte als Zeugen aus. Ein weiterer inzwischen pensionierter Steuerfahnder, der Hoeneß bei der Erstellung seiner Selbstanzeige geholfen hatte, wollte die Aussage mit dem Hinweis auf eine mögliche Ordnungswidrigkeit, derer er sich selbst beschuldigen müsste, verweigern. Obwohl das Gericht den Verweigerungsgrund nicht anerkannte, las Richter Heindl stattdessen eine frühere Aussage vor.

Selbstanzeige als Knackpunkt

Angesichts der neuen enormen Zahlen scheint sich die Lage für Hoeneß zuzuspitzen. Die zentrale Frage bleibt aber, wann der Fußballmanager seine Selbstanzeige auf den Weg gebracht hat. Es blieb vor Gericht zunächst strittig, ob das Magazin "Stern" zum fraglichen Zeitpunkt bereits einen Vorabbericht mit seinem Namen veröffentlicht hatte.

Hoeneß hatte zum Teil Mühe, entsprechenden Fragen des Richters Rupert Heindls zu folgen, und wich bei den Antworten offenbar von der Strategie seiner Anwälte ab. "Herr Hoeneß, jetzt kommen Sie mal auf den Punkt", blaffte ihn sein erfahrener Verteidiger Hanns Feigen an, der auch den wegen Steuerhinterziehung verurteilten ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel vertrat.

Gerichtssprecherin Andrea Titz wollte sich nach dem Ende des ersten Verhandlungstages nicht konkret zu Konsequenzen aus Hoeneß' spektakulären Geständnis äußern. "Man hat einen größeren Schaden, aber er hat auch ein Geständnis abgelegt zu Dingen, die noch gar nicht bekannt waren." Was das für die Prozessdauer oder gar das Strafmaß bedeute, sei noch nicht absehbar.

Auf Steuerhinterziehung stehen bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen zehn Jahre. Der Prozess ist auf vier Tage angesetzt. Das Urteil wird für Donnerstag erwartet.

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