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Militärschlag: Israel nimmt Irans Atomanlagen ins Visier


Irans Atomanlagen im Visier
Kommt es zur nächsten Eskalation?


Aktualisiert am 21.05.2025Lesedauer: 6 Min.
Baurarbeiten an der unterirdischen Atomanlage Fordo: Dort wurde nun die Urananreicherung erhöhtVergrößern des Bildes
Bauarbeiten an der unterirdischen Atomanlage Fordo im Iran (Archivbild): Dort wurde nun die Urananreicherung erhöht. (Quelle: Maxar Technologies/ap)
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Israel erwägt einen Angriff auf Atomanlagen des Iran. Das erhöht die Spannungen in der Region und auf US-Präsident Donald Trump. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Informationen der US-Nachrichtendienste klingen beunruhigend. Demnach bereitet Israel offenbar einen Angriff auf Irans Atomanlagen vor. Das berichtete der Sender CNN unter Berufung auf amerikanische Geheimdienstquellen. Unklar sei, ob Israels Führung über die Pläne bereits eine endgültige Entscheidung getroffen habe, fügte CNN unter Berufung auf die Insider hinzu. Israel hält sich zu den Berichten derweil bedeckt.

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Ein Blick auf Israels Motive, Irans Atomanlagen und die Konfliktlinien in der Region.

Wie ist der Stand des iranischen Atomprogramms?

Die Islamische Republik Iran fährt ein weitreichendes Atomprogramm, offiziell allein zur zivilen Nutzung. Die Führung in Teheran verweist dabei gern auf die "nukleare Fatwa". Demnach sei die massenhafte Tötung mit Atomwaffen unvereinbar mit der islamischen Religion.

Gleichzeitig bestreitet Irans Führung das Existenzrecht Israels. So bezeichnete der religiöse Führer Ali Chamenei Israel etwa als "Geschwulst", das "entfernt werden" müsse.

Auch deshalb steht das iranische Atomprogramm unter Beobachtung. In mehreren Verträgen verpflichtete sich das Land zur Zurückhaltung. Doch gibt es Zweifel an der Einhaltung der Vereinbarungen.

So kommt die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer Analyse von Anfang Mai zu dem Schluss: Iran "reichert Uran auf bis zu 60 Prozent an, nutzt dafür mehrere Anlagen, setzt fortschrittliche Zentrifugentypen ein und experimentiert unter anderem mit Uranmetall – allesamt Verstöße gegen das Atomabkommen".

Laut der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO wurden rund 275 Kilogramm des iranischen Uranbestandes auf 60 Prozent angereichert – erlaubt wären 3,67 Prozent. Technisch ist damit nach Ansicht von Fachleuten der Sprung zu atomwaffenfähigem Uran mit einer Anreicherung von 90 Prozent nicht weit.

Die Stiftung Wissenschaft und Politik in ihrer Analyse weiter: "Iran ist der einzige NichtAtomwaffenstaat, der Nuklearmaterial in diesem Ausmaß produziert."

Worüber verhandelt Trump im Moment mit dem Iran?

Unter Vermittlung des Oman verhandelt die US-Administration von Präsident Donald Trump derzeit mit dem Iran über Teherans Atomprogramm. Dabei geht es um die Verlängerung eines Abkommens aus dem Jahr 2015, das im Oktober dieses Jahres ausläuft. "Ich würde ein Abkommen der anderen Alternative vorziehen, und ich denke, jeder in diesem Flugzeug weiß, was das ist, und das wird niemals schön werden", drohte Trump kurz vor der ersten Verhandlungsrunde in Rom im April offen mit militärischer Gewalt für den Fall eines Scheiterns.

Trump wünscht auch bei den Atomgesprächen einen schnellen Deal – wie in Russlands Krieg in der Ukraine. Wie im Ukraine-Krieg geht es Trump auch im Iran aber mehr um einen kurzfristigen persönlichen Erfolg als um eine längerfristige Stabilisierung der Region.

Die Warnung der SWP-Analyse ist deshalb eindringlich: "Die potenziellen Folgen einer atomaren Bewaffnung des Iran wären verheerend: ein nukleares Wettrüsten am Persischen Golf, ein atomarer Schutzschirm für Irans nicht staatliche Verbündete wie Hisbollah oder Hamas und eine erhebliche sicherheitspolitische Bedrohung für den israelischen Staat."

Weiter heißt es: "Iranische Atomwaffen wären zudem ein massiver Rückschlag für das nukleare Nichtverbreitungsregime (Non-Proliferation Treaty, NPT), das schon jetzt unter starkem Druck steht, unter anderem angesichts aktueller Erwägungen in Südkorea, nuklear aufzurüsten." Es geht um mehr als einen schnellen Erfolg.

Was kann Israel mit einem möglichen Militärschlag erreichen?

Israels Luftwaffe zerstörte schon 1981 und 2007 Kernanlagen in Irak und Syrien. 2010 legte der Computerwurm Stuxnet die iranische Atomanlage in Natanz lahm. Spuren weisen nach Israel und den USA als Urheber der Cyberattacke. Als Israels Armee im vergangenen Oktober die iranische Luftabwehr ausschaltete, erklärte Verteidigungsminister Israel Katz: "Es besteht eine breite Übereinstimmung im militärischen Entscheidungsstab, dass wir das iranische Atomprogramm vereiteln müssen, und es besteht Einigkeit darüber, dass dies machbar ist."

Doch sind die iranischen Atomanlagen weit verstreut. Sie reichen von Karaj im Norden bis zu Buschehr im Süden am Persischen Golf. Zentrale Anlagen wie Natanz und Fordo liegen unter der Erde. Nach Sabotageakten 2020 und 2021 wurden die Anlagen weiter in die Tiefe verlegt. Fachleute gehen von bis zu 100 Meter unter der Erde aus. Es bräuchte massive Waffen bei einem Luftangriff.

Einen Luftangriff brachten übrigens nicht nur Katz und Trump ins Spiel. Auch Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte, dass ohne ein erneuertes Abkommen mit dem Iran ein militärisches Vorgehen "fast unausweichlich" sein würde. Umso dringlicher wäre ein Erfolg der Diplomatie.

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Wer kann eigentlich noch mit wem in der Region?

Trumps jüngste Reise an den Golf brachte auch hier viel durcheinander. Dem US-Präsidenten geht es um Außenpolitik. Mehr aber noch um Geschäfte.

Nach all den herzlichen Umarmungen in Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wirkte Israel plötzlich diplomatisch isoliert. Vor allem nach dem Treffen Trumps mit Ahmed al-Scharaa, dem syrischen Übergangspräsidenten.

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Die Vereinigten Arabischen Emirate sind das einzige wichtige islamische Land in der Region, das diplomatische Beziehungen zu Israel unterhält. Eine Annäherung an Saudi-Arabien wurde durch den Terrorangriff der Hamas vom Oktober 2023 unterbunden.

Saudi-Arabien besitzt eine Schlüsselrolle in der Region. Lange an der Seite der USA setzt es auf eine eigenständigere Außenpolitik. Auch aus religionspolitischen Gründen – in Opposition zum schiitischen Iran – geht Riad nun auf Teheran zu. Auslöser war eine Terrorattacke der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen auf Ölanlagen in Saudi-Arabien im Jahr 2019. Das traf die Lebensader der konservativen Herrscherfamilie. Seither geht Riad zwar gegen die Huthi vor, versucht aber mit Blick auf den Iran zu deeskalieren.

Der Nahostexperte Emile Hokayem vom International Institute for Strategic Studies (ISS) kommt in einem Gastbeitrag in der "Financial Fimes" zu dem Schluss: "Trotz aller Feindseligkeit gegenüber dem Iran wollen die Golfstaaten keinen Krieg. Sie begrüßen die Schwächung des Iran, sind aber besorgt über die Überheblichkeit Israels."

Eine schwierige Gemengelage, auch für Donald Trump. Nicht zuletzt, weil die Staaten am Golf in vielen Konflikten versuchen zu vermitteln: Katar zwischen Israel und der Hamas, Oman zwischen den USA und dem Iran im Atomstreit.

Wie hält Israel dagegen?

Seit dem Terrorüberfall der Hamas im Oktober 2023 geht die Regierung von Benjamin Netanjahu an vielen Fronten in die Offensive – vorwiegend gegen die Verbündeten des Iran:

  • In Syrien, einem Langzeit-Verbündeten des Iran, versucht Israel seit dem Sturz des Diktators Baschar al-Assad neue Sicherheitslinien einzuziehen, unter anderem mit einem Vorrücken über die Golan-Höhen hinaus.
  • Gegen die Führung der Hisbollah im Libanon, ebenfalls an der Seite des Iran, startete Israel im September 2024 eine Anschlagsserie mit manipulierten Pager, einem Funkempfänger zur internen Kommunikation.
  • Gegen die radikal-islamische Hamas, vom Iran unterstützt, rückt Israels Armee seit wenigen Tagen weiter in einer Bodenoffensive im Gazastreifen vor. Der Gaza-Krieg ist nach dem Terrorangriff der Hamas im Oktober 2023 ausgebrochen.

Hamas-Führer Ismail Hanija wurde im Juli 2024 bei einem Besuch aus dem katarischen Exil in Teheran getötet – durch eine Bombe, die im Gästehaus der iranischen Regierung deponiert war. Offiziell bekannte sich Israel nicht zu dem Anschlag. Doch notierte die "New York Times" die fatale Wirkung für die Führung im Iran und sprach von "einem katastrophalen Versagen der Geheimdienste und der Sicherheitskräfte sowie einer enormen Blamage für die Revolutionsgarden".

Wie reagieren die Märkte?

Der Ölpreis legte am Mittwoch unmittelbar zu. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete 66,20 US-Dollar und damit 82 Cent mehr als am Vortag. Auch die Aktienmärkte reagierten verunsichert.

Im Jahresverlauf hatten sich die Ölpreise um knapp zehn Prozent verbilligt. Vor allem wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten durch Trumps Zollstreit. So war der Brent-Preis bis auf gut 58 Dollar und damit den tiefsten Stand seit dem Frühjahr 2021 gefallen.

Was machen Deutschland und Europa?

Neben den USA bemühen sich auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien in einem gemeinsamen Verhandlungsteam – Fachleute sprechen von E3 – um eine Lösung des Atomstreits mit dem Iran. Schon 2015 hatten die damalige EU-Außenbeauftragte Lady Catherine Ashton und Federica Mogherini eine Übereinkunft mit dem Iran angebahnt.

Azadeh Zamirirad, Forscherin an der Stiftung Wissenschaft und Politik, kommt in ihrer Analyse des Konflikts zu dem Schluss: "Europäische Politik sollte sich darum bemühen, eine militärische Eskalation zu verhindern. Zugleich muss sie bereit sein, im Ernstfall von ihrem schärfsten Instrument gegenüber dem Iran Gebrauch zu machen, dem 'Snapback'", sprich harten Sanktionen.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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