Küsschen beim Staatsbesuch Macron umgarnt den protzenden Trump

Es ist ein Staatsbesuch mit viel Körperkontakt: Frankreichs Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump tragen in Washington ihre Freundschaft zur Schau. Während Trump protzt, verfolgt Macron einen Plan.
Anschließend standen politische Gespräche auf dem Programm. Sie sollen sich um Themen wie den Konflikt in Syrien, den Atomdeal mit dem Iran und um Handelsfragen drehen. Im Rosengarten war danach eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden Präsidenten vorgesehen.
Persönliche Sympathien
Trump bereitete Macron gestern einen großen Empfang. Die Präsidenten Frankreichs und der USA betonen jedenfalls ihre Nähe, so verschieden Stil und Programme auch sind.
Was aber wird an konkreten Ergebnissen übrig bleiben, wenn 1200 Kirschenzweige abgeräumt und Frühlingslämmer verzehrt sind?
Für Trump geht es in der internationalen Politik vor allem darum, wie gut er persönlich mit jemandem kann. Land und Regierungschef bewertet er dabei oft ganz verschieden. China stellt er ein ums andere Mal in den Senkel, aber Präsident Xi Jinping kann er kaum oft genug loben. Russland kritisiert er öffentlich harsch, zu Wladimir Putin will er ein gutes Verhältnis. Großbritannien findet er klasse, dort besitzt er einen Golfplatz, aber mit Theresa May wird er nicht warm. Japan schilt er für seine Handelspolitik, aber Premier Shinzo Abe ist ihm "wahrer Freund".
Unterschiedlicher Politikstil
Und Macron? Kurz vor der Ankunft rühmte der 40-Jährige nochmals seine "besondere Beziehung" zum 71-jährigen Trump, und wie gut man miteinander arbeite. Im Gepäck hat der Europäer aber lauter Forderungen, die so gar nicht auf der Linie des Amerikaners liegen: Der Konflikt in Syrien, der Atomdeal mit dem Iran und die Handelsstreitigkeiten zwischen Trump und der EU. Trump denkt Politik als Schlacht, will alles gewinnen, Kompromisse gelten ihm als schwächlich.
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Dass die beiden so gut miteinander klarkommen, ist überraschend. Hier der Populist und Vertreter von "America First", dort ein bekennender Vertreter des Multilateralismus, der die Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihren Abschottungskurs mit einem pro-europäischen Wahlkampf besiegt hat. Dort Trump, der auf Twitter Beschimpfungen in die Welt posaunt und auf Benimm pfeif; hier Macron, der den Philosophen Hegel zitiert und über die Bedeutung der Kultur für seinen Werdegang spricht
Großes Schaufenster
Am Anfang stand ein Händedruck, bei dem sich die Knöchel weiß gefärbt haben sollen. Als die beiden auf dem Nato-Gipfel in Brüssel das erste Mal nach der Wahl des Franzosen aufeinander trafen, war ihr Handschlag wie eine Kraftprobe. Da sah alles nach Konfrontation aus. Doch der Franzose hat es geschafft, einen Draht zu Trump zu finden. Im Umgang mit dem schwer berechenbaren, oft jähzornigen US-Präsidenten setzt Macron auf persönliche Nähe. Dabei äußert er inhaltlich immer wieder deutliche Kritik an Trumps Positionen.
Als der Amerikaner die Abkehr vom Pariser Klimaabkommen verkündete, verdrehte Macron sogar dessen Wahlkampfslogan: Unter dem Motto "Make Our Planet Great Again" rief er amerikanische Klima-Wissenschaftler auf, nach Frankreich zu kommen.
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Der Staatsbesuch ist nun für beide eine große Inszenierung. Der Amerikaner spricht in hohen Tönen von Macron, vor allem seit der dem US-Präsidenten am französischen Nationalfeiertag im Juli 2017 ein Spektakel bot. Die "Le Monde" schreibt, dass Trump manchmal Zeitungsausschnitte etwa über die bessere Wirtschaftslage in Frankreich in den Élyséepalast schicke, versehen mit handschriftlichen Kommentaren wie "great job": "tolle Arbeit".
Zwei Outsider
Die Denkfabrik Atlantic Council analysiert, Macron verstehe vielleicht besser als die meisten ausländischen Spitzenpolitiker, dass er auf politischer Ebene Unabhängigkeit demonstrieren könne, wenn er Trump auf persönlicher Ebene schmeichele und Respekt erweise.
Macrons fließendes Englisch, seine Erfahrung in der freien Wirtschaft, sein Outsider-Status und das Fehlen einer engen Beziehung zu Trumps Vorgänger Barack Obama habe ihm eine einzigartige Position verschafft, um ein Vertrauensverhältnis mit Trump aufzubauen.
Macron nutzt sie.
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Dabei mag auch helfen, dass das Handelsdefizit der USA gegenüber Frankreich deutlich geringer ist als gegenüber Deutschland. Und dass Paris viel näher am Nato-Ziel liegt, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Beides sind Themen, die Trump am Herzen liegen. Mit den gemeinsamen Luftangriffen in Syrien hat Paris sich auch militärisch als enger Partner für Trump erwiesen.
Macron als "europäischer Anführer"
Am Ende wird dennoch entscheidend sein, was diese demonstrativ gute Beziehung politisch bringt. "Macron soll also der europäische Anführer sein, der Trumps Ohr hat", kommentiert die Zeitung "Le Figaro" und fragt zum einen, ob diese Stimme Gehör findet und zum anderen nach konkreten Ergebnissen. Gut möglich, dass sie ausbleiben werden.
Falls der Amerikaner im Mai das Atomabkommen mit dem Iran platzen lässt oder die Europäer nicht dauerhaft von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausnimmt, könnten in Frankreich kritische Stimmen zu Macrons US-Kurs lauter werden.
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"Unsere starken bilateralen Beziehungen ermöglichen es uns, unsere Meinungsverschiedenheiten konstruktiv anzusprechen", versicherte Macron vor seiner Washington-Reise dem US-Magazin "Vanity Fair". Macrons Berater stapeln allerdings eher tief.
Aus dem Élyséepalast hieß es nur: "Wir hoffen natürlich, dass dieser Staatsbesuch nützlich sein wird." Das Weiße Haus ließ wissen, man wolle eine bereits "fantastische Freundschaft" feiern. Trump und Macron würden in Washington gewiss ihren weiteren Weg diskutieren – wie detailliert, sei schwer zu sagen.
- dpa
- Eigene Recherchen