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US-Außenminister Mike Pompeo in Deutschland: Die Risse sind spürbar


US-Außenminister in Deutschland
Der Kampf mit Trumps Scherbenhaufen

Von Patrick Diekmann

08.11.2019Lesedauer: 5 Min.
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Bayern, Grafenwöhr: US-Außenminister Mike Pompeo (4.v.l) steht mit US-Soldaten in Grafenwöhr zusammen.Vergrößern des Bildes
Bayern, Grafenwöhr: US-Außenminister Mike Pompeo (4.v.l) steht mit US-Soldaten in Grafenwöhr zusammen. (Quelle: dpa-bilder)

Zwei Tage lang war der US-amerikanische Außenminister Pompeo zu Besuch in Deutschland. Es war keine einfache Mission für den US-Außenminister, denn er musste Trumps Politik verteidigen. Das Konfliktpotential war groß.

Die Straßen sind dicht. Im Berliner Regierungsviertel hat die Polizei zahlreiche Kreuzungen auf der "Unter den Linden"-Allee abgeriegelt. Auch Fußgänger und Fahrradfahrer kommen nicht mehr durch. Ein Taxi-Fahrer redet wild auf die Polizei ein: "Ich habe einen Termin." Keine Chance. Auf der Allee steht für 20 Minuten das Leben still.

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Dann nähert sich eine riesige Fahrzeug-Kolonne. Mannschaftswagen der Polizei, Polizeimotorräder und drei gepanzerte, silberne SUVs. Nach und nach fährt die Kolonne an den wartenden Menschen vorbei. "Früher haben sie auch für mich die Straßen gesperrt. Ich war Rad-Profi", ruft ein älterer Herr, der an einer Ampel wartet. "Ist da Trump drin?", fragt ein junges Mädchen am Straßenrand seine Mutter. "Das fehlte uns noch, zum Glück nicht", entgegnet eine Polizistin auf der Straße, die die Unterhaltung aufgeschnappt hat.

Tiefe Gräben zwischen Deutschland un den USA

Es ist nicht US-Präsident Donald Trump, der den Verkehr in Berlin-Mitte zum Erliegen bringt, sondern sein Außenminister. Mike Pompeo. Eigentlich ist er 30 Jahre nach dem Mauerfall zum anstehenden Jubiläum hier. Nachdem Trump als US-Präsident bislang ein bilaterales Treffen auf deutschem Boden vermieden hatte, haben die USA die Feier zum Anlass genommen, ihren Chefdiplomaten zu senden.

Der Außenminister aus den USA reist in einer Zeit nach Deutschland, in der das Verhältnis zu Deutschland sehr belastet ist. Pompeo fällt die undankbare Aufgabe zu, Trumps Außenpolitik in Berlin zu erklären – und zu verteidigen.

Washington und Berlin sind sich bei vielen außen- und sicherheitspolitischen Themen zurzeit uneinig: Der US-Abzug aus Nordsyrien, das Atomabkommen mit dem Iran, die deutsch-russische Gaspipeline "Nord Stream 2" durch die Ostsee oder der mögliche Ausbau des 5G-Netzes durch das chinesische Unternehmen Huawei. Und das ist nur der Anfang.

Die außenpolitischen Gräben zwischen Deutschland und den USA werden aktuell lediglich durch die historisch gewachsene Freundschaft verdeckt, die beide Länder in den letzten 70 Jahren miteinander verbindet. Doch die Risse werden immer sichtbarer. Die Kritik an Trumps Politik schlägt Pompeo in Berlin an nahezu allen Stellen seines Besuches entgegen.

Trügerisches Heimspiel für Pompeo

Als Pompeos Fahrzeugkolonne an der US-Botschaft im Regierungsviertel hält, hat der US-Außenminister bereits ein Treffen mit Angela Merkel im Kanzleramt hinter sich. Dort wurden zwar viele warme Worte gewechselt, eine Annäherung bei den Streitthemen gab es nicht. Merkel sagte den USA zu, international mehr Verantwortung zu übernehmen, Pompeo nannte die Kanzlerin eine "große Freundin der Vereinigten Staaten". Das Vokabular des Stillstands.

Danach fährt Pompeo zum "Global Leaders Dialogue" in der Körber-Stiftung, einer Organisation, die sich für den deutsch-US-amerikanischen Dialog einsetzt und ihren Sitz im Nebengebäude der US-Botschaft hat. Ein Heimspiel für den US-Außenminister. Eigentlich. Später wird auch hier deutlich, dass die US-amerikanische Politik ziemlich kritisch beäugt wird.

Geladen sind 500 Gäste, darunter viele Politiker aus dem Bundestag, Journalisten und Vertreter der US-Botschaft. Unter den Zuhörern sind auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und CDU-Politiker Norbert Röttgen. Beide sitzen in dem Sitzungssaal in der ersten Reihe, warten auf die Rede des US-Außenministers.

Ein Gong ertönt, Pompeo betritt die Bühne. Er sprich zunächst über die Vergangenheit, den Sieg gegenüber den Kommunismus und den Fall der Berliner Mauer. Für ihn ist der Kalte Krieg ein Teil seiner Biographie, der 55-Jährige war als Soldat von 1987 bis 1989 in Bayern stationiert. "Zusammen haben wir den Kalten Krieg gewonnen", erklärt Pompeo. "Gegen den Kommunismus und das Böse." Applaus im Saal. Es ist die Vergangenheit, die beide Länder verbindet. Und die Erinnerung an früher, verfängt beim Publikum noch heute.

Kampf gegen die Feinde der Freiheit

In seiner Rede versucht der US-Politiker den Bogen zu schlagen: Von den Feinden von damals, zu denen von heute. "Wir müssen anerkennen, dass Freiheit niemals garantiert ist", sagt Pompeo. Es gebe bereits wieder neue autoritäre Strukturen. Man müsse erkennen, dass freie Staaten in einem Wettstreit der Werte mit unfreien Staaten stünden. "Das Schreckgespenst greift wieder um sich", warnt Pompeo. "Stehen wir in Einheit zusammen, stehen wir als Verbündete, als Freunde zusammen. Wenn Sie nicht führen, wenn Amerika nicht führt, wer wird es dann?"

Pompeo spricht über einen neuen Kampf gegen die Autokratien auf der Welt und dass die Freiheit verteidigt werden müsse. Mit den Feinden der Gegenwart meint er vor allem Russland, China und den Iran. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnet Pompeo als "früheren KGB-Offizier, der in Dresden stationiert war, und der in seine Nachbarländer einfällt". China sei ein autoritäres Regime, das seine Bevölkerung unterdrückt.

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Hier ist es mit der freundlichen Stimmung vorbei. Kaum einer applaudiert. Es zeigt sich, wo der Graben der deutsch-amerikanischen Beziehungen verläuft. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Es ist eine Würdigung der Verdienste der USA um die deutsche Wiedervereinigung und gleichzeitig die Unzufriedenheit mit der US-Außenpolitik, die sich noch mehr als früher ausschließlich den US-Interessen verschrieben hat. Denn bei Pompeos Warnungen vor Russland und China schwingt mit, dass Deutschland Gas und einen 5-G-Ausbau auch von US-Unternehmen bekommen könnte. Es geht auch um wirtschaftliche Interessen, besonders für den Geschäftsmann im Weißen Haus: Donald Trump.

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"Wir müssen es zusammen machen"

Die Bundesregierung hat angesichts der Trump-Politik erkannt, dass Deutschland sich von den USA politisch abnabeln muss. Merkel hatte am Tag des Pompeo-Besuches einen Ausschluss von Huawei erneut abgelehnt: "Wir machen keine Richtlinien für einzelne Anbieter." Eine ungewohnt deutliche Ohrfeige von der Kanzlerin für Washington.

Der US-Außenminister wirbt dennoch in diesen Fragen für eine Zusammenarbeit. Seine Rede schließt er mit folgendem Appell: "Es ist an uns, unsere Freiheit und unser Zukunft zusammen zu sichern", sagt er. "Wir müssen es zusammen machen, nie allein." Es ist eine Doppelstrategie der US-Regierung: Auf der einen Seite Trump, der auf Twitter wütet, Abkommen aufkündigt und Sanktionen erhebt. Auf der anderen sein Außenminister, der zusammenbrechende Brücken wieder reparieren muss. Die fehlende Berechenbarkeit von Washington – ein großes Problem für die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und ihren Partnern.

Nach seiner Rede stellt sich der US-Außenminister noch den Fragen des Publikums. Es gibt wieder Kritik für die US-Regierung. Diesmal am US-Abzug aus Nordsyrien. Pompeo verteidigt Trumps Entscheidung: Die USA seien nicht abgezogen und hätten die Kurden nicht sich selbst überlassen, sondern unterstützten diese weiter, sagte er. Die europäischen Verbündeten müssten ihren Bevölkerungen aber erklären, warum eine Stabilisierung auch für sie wichtig sei. Ansonsten drohe nämlich eine neue große Flüchtlingswelle nach Europa.

Zeit des Stillstandes

Zum Schluss wird Pompeo noch auf die Nato angesprochen. Und auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der das Bündnis am Vortrag in einem Interview als "hirntot" bezeichnete. "So viele gute Antworten darauf, aber zu viele Kameras", meint Pompeo. Das Bündnis müsse "wachsen und sich entwickeln", damit man sich den aktuellen Herausforderungen stellen könne. "Sonst besteht für die Nato die Gefahr, obsolet zu werden."


Die Veranstaltung endet mit höflichem Applaus. In Zeiten von großen bilateralen Konflikten gibt es wenig Jubel, auch nicht für einen Vertreter der US-Regierung. Pompeo verlässt den Saal. Draußen kommt für kurze Zeit wieder der Verkehr zum Erliegen. Der Besuch von Trumps Außenminister –ein Sinnbild des Stillstandes. Nicht nur im Berliner Stadtverkehr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material von Reuters
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