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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Berater Harald Christ "Den 'Hofnarren' hätte sich Scholz sparen können"

Er bleibt zwar oft im Hintergrund, aber kennt Friedrich Merz, Olaf Scholz und Lars Klingbeil gut: Unternehmer Harald Christ. Ein Gespräch über die neue Regierung – und Fehler der alten.
Außerhalb des politischen Berlins ist Harald Christ weitgehend unbekannt. Warum sollte es auch anders sein? Er bekleidet keinen Spitzenposten in der Politik, ist mittlerweile nicht mal mehr Parteimitglied.
Im Parlament und Kanzleramt aber kennt den Investor, Berater und Mäzen quasi jeder. Er gilt als bestens vernetzt, von den meisten Spitzenpolitikern hat er die Privatnummer im Handy: hier eine SMS, da ein kurzer Anruf. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer, ein alter Bekannter Christs, sagte über ihn: "Es gibt keinen, der einflussreicher ist, auch ohne Amt, als Harald Christ."
Christ war 31 Jahre lang Mitglied der SPD, sollte sogar Wirtschaftsminister unter Frank-Walter Steinmeier werden – doch dieser verlor die Wahl. 2019 verließ Christ dann die Sozialdemokraten, trat wenige Monate später der FDP bei. Enttäuscht über das Ampel-Aus und die Kommunikation rund um das "D-Day-Papier" der Liberalen kehrte er der Partei im Dezember 2024 den Rücken.
Der Unternehmer empfängt t-online in seinem großzügigen Büro mit Blick auf den neu gestalteten Berliner Gendarmenmarkt: schwere Ledercouch, ein Foto von Willy Brandt, darunter ein stattliches Schiffsmodell, das Christ an sein schlechtestes Investment erinnern soll.
t-online: Herr Christ, Sie haben Friedrich Merz öffentlich aufgefordert, Regierungspersonal nach Qualifikation und nicht nach Geschlecht oder Landesproporz auszuwählen. Hat er das geschafft?
Harald Christ: Wenn ich mir die bisherigen Ernennungen von Friedrich Merz anschaue, finde ich das mutig. Da ist viel Expertise sichtbar. Was mir aber aufgefallen ist: Unter den für die CDU Nominierten von Merz ist niemand mit wirklicher Regierungserfahrung. Das muss aber kein Nachteil sein.
Welche Personalie hat Sie besonders überrascht?
Der Digitalminister Karsten Wildberger zum Beispiel hat mich positiv überrascht. Es ist eine gute Entscheidung, jemanden zu holen, der eine lange Historie aus der Wirtschaft mitbringt. Gerade bei einem neuen Ministerium, das hoffentlich mit ausreichend Verantwortung und Budget ausgestattet wird, ist das ein vielversprechender Ansatz. Warum nicht jemanden nehmen, der nicht aus dem klassischen Politikbetrieb kommt?
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Was müsste Herr Wildberger als Allererstes angehen?
Ich denke, Herr Wildberger weiß sehr genau, was zu tun ist. Er hat eine vielseitige und langjährige Management-Expertise und mir steht es nicht zu, quasi von der Seitenlinie Ratschläge zu geben. Nur so viel: Es wäre sinnvoll, sich auch starke Staatssekretäre mit Erfahrung aus dem politischen Betrieb und Netzwerk zu suchen. Die braucht er, denn er selbst hat diese Erfahrung bislang nicht. Ich würde außerdem empfehlen, zum Start nicht zu viel anzukündigen, sondern das neue Ministerium erst einmal ordentlich auszustatten.
Eine andere Personalie mit Wirtschaftshintergrund ist Katherina Reiche. Glauben Sie, dass sie Deutschland aus der Krise führen kann?
Sie legen die Messlatte zu hoch. Ich schätze Frau Reiche sehr, aber es ist nicht allein ihre Aufgabe, Deutschland aus der Krise zu führen. Das wird Aufgabe von Friedrich Merz und dem ganzen Kabinett sein. Ich hoffe, dass sie sich nicht in Streit verheddern, sondern gemeinsam vorangehen – denn die Wählerinnen und Wähler erwarten jetzt Ergebnisse.
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Ist es ein starkes Zeichen, dass Persönlichkeiten wie Reiche oder Wildberger jetzt in die Politik gehen – trotz möglicherweise höherer Gehälter in der Wirtschaft?
Diese Frage stellt sich so gar nicht.
Ach nein?
Frau Reiche war ja zuvor schon viele Jahre in der Politik. Danach hat sie ihren Weg in der Wirtschaft erfolgreich fortgesetzt. Jetzt kann sie ihre Ideen und Konzepte an höchster Stelle aus einer Ministerrolle heraus umsetzen. Dabei spielt das Einkommen keine Rolle. Die Menschen, die sich für solche Aufgaben entscheiden, tun das nicht aus materiellen Gründen. Ich vermute dasselbe bei Wildberger: Er hat eine erfolgreiche Karriere, viele Jahre gut verdient – und stellt sich jetzt für diese Aufgabe zur Verfügung. Ein solches Engagement verdient Respekt.
Zur Person
Harald Christ (geboren 1972) ist Unternehmer und Geschäftsführender Gesellschafter der Beratungsfirma Christ & Company. Mit zahlreichen Firmenbeteiligungen wurde er zum Millionär. Politisch war er bis 2019 in der SPD aktiv, wechselte 2020 zur FDP und amtierte dort zwei Jahre als Bundesschatzmeister. Anfang Dezember 2024 trat er aus der FDP aus. Christ spendete bereits mehrere Hunderttausend Euro an SPD, FDP, CDU und Grüne – zur "Stärkung der Parteiendemokratie".
Sie fordern einen Vertrauensvorschuss für Schwarz-Rot. Wie lange geben Sie der Koalition?
Ich begrüße es sehr, dass Friedrich Merz die Sommerpause verkürzen will. Jetzt muss geliefert werden: bei der Migration, beim Wohnungsbauturbo, Verteidigung, Ertüchtigung unserer Infrastruktur, digitalen Souveränität, Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum, um nur einige zu nennen. Nicht alles wird sofort gehen. Aber es braucht sichtbare Entscheidungen. Das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik muss gestärkt werden. Im Erwartungsmanagement sollte man aber auch ehrlich sein und nicht zu viel versprechen. Ich wünsche mir eine erfolgreiche Regierungsarbeit für unser Land – und zwar für die vollen vier Jahre.
Die CDU hat aber vor der Wahl vollmundig angekündigt: Wir müssen nur gewählt werden – dann kommt das Wachstum zurück.
Solche Aussagen sind für mich keine verlässliche Messgröße. Vor jeder Wahl gibt es große Ankündigungen, die sich danach relativieren. Ich messe die Regierung ab dem Moment, wo sie im Amt ist – nicht vorher. Ich habe den Eindruck, es werden schon "Zeugnisse" vergeben, bevor überhaupt mit der Arbeit begonnen werden konnte. Willy Brandt hat gesagt: Mehr Demokratie wagen. Ich würde heute sagen: Mehr Optimismus wagen.
Gilt dieser auch für das massive Schuldenpaket von Schwarz-Rot, das viele scharf kritisieren?
Ich finde es gut und sehr richtig, dass Deutschland sich den geopolitischen und makroökonomischen Realitäten stellt und den Mut hat, dieses Sondervermögen aufzusetzen. Es sind neue Schulden, ja – aber ich sehe das für unsere Volkswirtschaft nicht als gefährdend an. Im Gegenteil. Es ist notwendig. Wir waren bei einer Staatsverschuldung von etwa 63 Prozent, sie steigt jetzt vielleicht auf 80 Prozent. Das ist ein Niveau, auf dem wir auch nach früheren Krisen schon einmal waren. Wir haben deutlich mehr Spielräume als andere Industriestaaten – die sollten wir jetzt auch nutzen. Es geht darum, Deutschland fit für die Zukunft zu machen – übrigens auch für die jüngeren Generationen.
Glauben Sie wirklich, dass es Deutschland gelingen kann, wieder auf Wachstumskurs zu kommen – obwohl viele andere Länder derzeit daran scheitern?
Unterschätzen Sie nicht die deutsche Wirtschaft, unseren Mittelstand, auch nicht die Wissenschaft und Forschung. Die Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit sind enorm. Schauen Sie zurück: Zwischen dem Ende der 90er- und Anfang der 2000er Jahre wurde Deutschland als "kranker Mann Europas" bezeichnet. Alles schien verloren, schwierig, nicht umsetzbar – die Zeitungen waren voll davon. Und dann kam ab 2005 der längste wirtschaftliche Aufschwung der Nachkriegsgeschichte. Was damals gelungen ist, kann wieder gelingen. Es muss sogar gelingen.
Also: Friedrich Merz mit der Agenda 2030?
Ich wünsche mir, dass Friedrich Merz ein erfolgreicher Bundeskanzler wird. Dass diese Bundesregierung sich konsequent an die Arbeit macht und, ohne zu viel zu streiten, zeigt, dass wir in Deutschland wieder vorankommen. Ich wünsche mir das auch für Lars Klingbeil. Ich schätze ihn sehr, er ist eine hervorragende Wahl für das Amt des Vizekanzlers und Finanzministers. Er hat in den vergangenen Wochen eine bemerkenswerte Performance gezeigt – strategisch, inhaltlich und durchsetzungsfähig. Die schwarz-rote Koalition muss erfolgreich sein. Denn wenn das misslingt, will ich mir gar nicht ausmalen, was uns 2029 bevorstehen könnte. Es ist im Interesse von uns allen, dass diese Regierung gut funktioniert. Es geht um unsere Zukunft.
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Sie haben Merz und Klingbeil genannt – aber nicht Saskia Esken. Aktuell tobt eine Debatte um ihre Person innerhalb der SPD. Was halten Sie davon?
Diese Debatte ist Sache der SPD. Ich bin kein Mitglied mehr und maße mir da kein Urteil an. Ich kann nur sagen: Einer der Gründe für meinen Austritt war damals auch Saskia Esken. Inzwischen habe ich das für mich persönlich relativiert und würde das heute nicht mehr so formulieren. Ich bin mit ihr im Reinen, sehe auch ihre Leistung und wünsche einen fairen Umgang mit ihr.
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Sie werden mehrfach als derjenige beschrieben, der ohne Amt die meiste Macht im politischen Berlin hat. Gefällt Ihnen das?
Ich kommentiere grundsätzlich nicht, was über mich geschrieben wird. Für mich spielt meine Herkunft eine Rolle: Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Ich habe gelernt, dass man selbst etwas leisten muss, um unabhängig zu werden. Das war mir in meinem Leben wichtig, und das habe ich auch erreicht. Ja, darauf bin ich auch stolz. Dafür habe ich hart gearbeitet und tue das jeden Tag immer noch. Alles andere nehme ich zur Kenntnis.
Ein Gedanke liegt nicht fern: Hätten Sie auch für ein Ministeramt bereitgestanden?
Nein. Ich trage Verantwortung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und meine Unternehmen. Wenn man in Deutschland ein Ministeramt übernimmt, muss man von jetzt auf gleich alles andere zur Disposition stellen. Das hätte ich in so kurzer Zeit nicht leisten können. Abgesehen davon, dass ich auch nicht wollte. Das heißt aber nicht, dass ich für immer ausschließe, noch einmal Verantwortung zu übernehmen. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig. Situationen können entstehen, in denen man auch gefordert wird. Unabhängig davon versuche ich inhaltlich, mich dort zu engagieren, wo es der Sache dient und es auch gewollt ist.
Das heißt, Sie schließen auch nicht aus, später wieder in eine Partei einzutreten?
Richtig.
Und in welche?
2009 bin ich als Kandidat für das Wirtschaftsministerium angetreten – unter Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier für die SPD. Wir haben die Wahl verloren. Hätten wir gewonnen, hätte ich das Amt ohne Zögern angetreten. Ich war 31 Jahre Mitglied der SPD, dann fünf Jahre in der FDP. Ich fühle mich auch heute noch der Sozialdemokratie sehr nah. Es braucht daher nicht viel Fantasie. Ich würde mich völlig unglaubwürdig machen, wenn ich nur aus taktischen Gründen in eine Partei einträte, zu der ich nie gehört habe. Wir werden sehen, ich fühle mich sehr wohl in meiner heutigen Rolle ohne Parteibuch und unterstütze gerne die Parteien der demokratischen Mitte.
Wie sehr trauern Sie denn der Ampelregierung hinterher?
Ich trauere in meinem Leben grundsätzlich nichts hinterher. Ich lebe im Hier und Jetzt und akzeptiere Realitäten, wie sie sind.
Klingt etwas pathetisch.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Ampel ihre Regierungszeit anständig zu Ende bringt. Dafür wird man gewählt und schließt Koalitionen in einer Demokratie. Das gehört bei mir zu einer Verantwortung dazu. Nicht, weil die Ampel alles gut gemacht hätte, sondern weil die Menschen in Zeiten wie diesen Stabilität in der Politik erwarten.
Das geht dann auch in Richtung Christian Lindner?
Ich habe mit Christian Lindner das besprochen, was zu besprechen war – das Ergebnis war mein Parteiaustritt. Aber man muss auch deutlich sagen: Die FDP verdankt Lindner sehr viel. Ich wünsche ihm und auch der FDP alles Gute.
Sie haben im Februar eine Party veranstaltet, auf der es zwischen dem Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Berliner Kultursenator Joe Chialo zu einem Zwischenfall gekommen ist. Chialo hat nun – aus anderen Gründen – seinen Rückzug von dem Posten angekündigt.
Ich habe das kommentiert mit: Jetzt weiß jeder, wann ich Geburtstag habe (lacht). Spaß beiseite: Gefallen hat mir das nicht. Ich habe klar gesagt: keine Bild- oder Tonaufnahmen, keine Berichterstattung auf meiner privaten Geburtstagsfeier. Es sollte ein geschützter Raum sein – in einer zugegeben politisch angespannten Woche. Viele Gäste, auch Journalistinnen und Journalisten, haben den Austausch genutzt – auch mit dem Kanzler. Zwei Wochen später gab es dann doch eine Berichterstattung.
Immerhin soll Scholz den CDU-Senator einen "Hofnarren" genannt haben, manche warfen Scholz daher Rassismus vor – Chialo aber nicht. Verletzt fühlte er sich dennoch.
Ich kann verstehen, dass sich ein Betroffener angefasst gefühlt hat – und das bedaure ich auch. Aber rassistisch war das nicht. Olaf Scholz ist kein Rassist.
Haben Sie mit den Betroffenen noch einmal gesprochen?
Ich habe mit allen, die an der Diskussion teilgenommen haben, Kontakt gehabt. Ich habe auch versucht, mit dem betroffenen Kultursenator Herrn Chialo ein Gespräch zu führen. Doch bis heute kam es nicht dazu. Chialo hat meine Kontaktversuche zumindest bis heute nicht erwidert. Für mich ist das Thema inzwischen abgeschlossen. Nachdem nun bekannt geworden ist, dass Joe Chialo sein Amt aufgibt, wünsche ich ihm auf diesem Wege alles Gute für die Zukunft. Ich werde auch nächstes Jahr wieder alle einladen – auch jene, die berichtet haben.
Hatten Sie den Eindruck, dass die Debatte Einfluss auf die Wahl hatte?
Nein. Die Wahl war vorher schon verloren. Aber es war ein unnötiges Handicap auf den letzten Metern.
Wie bewerten Sie das mit Blick auf Olaf Scholz?
Ich habe größte Hochachtung vor Olaf Scholz. Wer ihn kennt, weiß, dass er kein Rassist ist und sehr wertschätzend mit Menschen umgeht.
Und die Beleidigung "Hofnarr"?
Den "Hofnarren" hätte sich Scholz besser sparen können. Aber das ist wie bei Satire: Die einen lachen, die anderen fühlen sich angegriffen. Bei einem Kanzler werden aber andere Maßstäbe gesetzt.
Was, glauben Sie, wird Olaf Scholz nach seiner Kanzlerschaft tun?
Das müssen Sie ihn fragen! Aber mal ernsthaft: Er ist 66, er ist Anwalt, er hatte ein Leben vor der Politik. Er war Senator in Hamburg, Abgeordneter, SPD-Generalsekretär, Arbeits- und Sozialminister, Erster Bürgermeister, Finanzminister, Bundeskanzler. So jemand muss nichts mehr erreichen. Aber ich würde es mir wünschen, dass er der neuen Regierung und dem Parlament mit seiner Erfahrung weiterhin zur Seite steht. Ich bedaure, dass er seine Kanzlerschaft nicht zu Ende führen konnte. Er war Kanzler in einer historisch beispiellosen Zeit: Krieg in Europa, Energiekrise, Inflation, explodierende Zinsen, Wiederwahl von Donald Trump. Er hat auch vieles richtig gemacht. Ich glaube, seine Amtszeit wird man rückblickend anders bewerten als heute. Dazu ist es jetzt noch zu früh.
Gilt das auch für Robert Habeck?
Ja. Auch wenn es Fehler gab – das Heizungsgesetz zum Beispiel hätte ich so nicht gemacht. Robert Habeck ist für mich ein anständiger, authentischer Politiker, der nah bei den Menschen war. Ich fand seinen Stil erfrischend und er tat seiner Partei auch gut.
Sie sind ein sehr erfolgreicher Investor – aber haben auch Fehler gemacht. Welches Geschäft bereuen Sie besonders?
Oh ja, immer mal wieder. Zum Beispiel 2007 habe ich vier Bulk-Schiffe gekauft – große Massengutfrachter. So ein Ding hat damals bis zu 70 Millionen Dollar gekostet. Und ich bin mit denen ab 2010 voll in die Schifffahrtskrise gerauscht. Das war eine prägende Erfahrung. Der Schaden war spürbar – aber ich habe es gut verkraftet. Ich habe mich an meine Mutter gehalten, die sagte: "Mach dir keinen Kopf – du hättest das Geld sowieso nicht ausgegeben." Und damit hatte sie auch recht!
Wird man bei so großen Verlusten demütig?
Ja, das wird man. Auch wenn mir viele das nicht auf den ersten Blick zutrauen: Ich halte Demut für eine wichtige Eigenschaft im Leben. Niemand – auch nicht der amerikanische Präsident – ist allmächtig oder unersetzlich auf dieser Welt und schon gar nicht für ewig.
Und wo sehen Sie sich persönlich in zehn bis fünfzehn Jahren?
Ich sehe mich weiterhin als Unternehmer und als jemand, der sich auch künftig politisch einbringt. Beides wird mich wohl mein Leben lang begleiten. Ich bin seit Anfang dieses Jahres bereits jetzt schon nicht mehr in den Geschäftsführungen der Beratungsgesellschaften. Die Nachfolgeregelung für meine Unternehmen ist bereits abgeschlossen: Meine Stiftung wird alles irgendwann übernehmen. Somit möchte ich mit dem, was ich erreicht habe, dem Land etwas zurückgeben: Demokratie stärken, gesellschaftliche Vielfalt fördern und Brücken bauen, statt zu spalten.
Herr Christ, vielen Dank für das Interview!
- Persönliches Interview mit Harald Christ