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Moria-Brand: CDU-Abgeordnete fordern Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen


Brief an Seehofer
CDU-Abgeordnete fordern Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen

Von dpa, aj

Aktualisiert am 10.09.2020Lesedauer: 5 Min.
Norbert Röttgen: "Wir bitten Sie darum, dass Deutschland möglichst gemeinsam mit anderen EU-Staaten, aber notfalls auch alleine, 5.000 Flüchtlinge vom griechischen Festland aufnimmt."Vergrößern des BildesNorbert Röttgen: "Wir bitten Sie darum, dass Deutschland möglichst gemeinsam mit anderen EU-Staaten, aber notfalls auch alleine, 5.000 Flüchtlinge vom griechischen Festland aufnimmt." (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)
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Nach der Feuerkatastrophe in dem Flüchtlingslager Moria sind mehr als 12.000 Menschen obdachlos. Sollte es einen deutschen Alleingang bei der Aufnahme von Betroffenen geben? Darüber wird nun gestritten.

In einem Brief an Innenminister Horst Seehofer (CSU) haben 16 Bundestagsabgeordnete die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Elendslager auf Lesbos gefordert. "Angesichts der furchtbaren Bilder aus dem brennenden Moria und der menschenunwürdigen Lage im Camp wenden wir uns gemeinsam mit der dringenden Bitte an Sie, Griechenland konkrete Hilfe anzubieten", heißt es in dem Schreiben, das unter anderem von CDU-Vorsitzenden-Kandidat Norbert Röttgen unterzeichnet worden ist. Und weiter: "Wir bitten Sie darum, dass Deutschland möglichst gemeinsam mit anderen EU-Staaten, aber notfalls auch alleine, 5.000 Flüchtlinge vom griechischen Festland aufnimmt. Nur so kann die Situation vor Ort entspannt undGriechenland entlastet werden".

Laschet gegen deutschen Alleingang

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich dagegen ausgesprochen, dass Deutschland bei der Lösung der Flüchtlingsfrage in Europa mit einer einseitigen Aufnahme von Migranten vorangeht. Nach dem Brand im griechischen Lager Moria sei schnelle humanitäre Hilfe nötig, machte der Bewerber um den CDU-Parteivorsitz am Mittwochabend im ZDF deutlich.

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Darüber hinaus sei aber eine umfassende europäische Antwort nötig. "Hier wird man eine viel größere Lösung brauchen als nur einen deutschen Alleingang", sagte er. "Das ist nicht damit gelöst, dass alle nach Deutschland kommen." Sonst sei wenige Wochen später das Problem wieder da. "Es hilft auch nichts, wenn man es zu einer deutschen Aufgabe macht, es ist eine europäische." Sonst zögen sich die anderen EU-Länder zurück und wirkten nicht mit, erklärte er in der ARD.

Bei dem Feuer in der Nacht zum Mittwoch war das Migrantenlager auf der Insel Lesbos fast vollständig zerstört worden. Dort waren statt der vorgesehenen 3.000 Menschen mehr als 12.000 untergebracht. Athen ringt nun um die Unterbringung für Tausende obdachlose Menschen.

Laschet: "Wir brauchen erstmal ein paar Staaten"

Er teile genau den Ansatz und die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Der Innenminister muss jetzt mit seinen europäischen Kollegen eine Lösung finden", so Laschet im ZDF. Für eine Verteilung der Migranten sei dabei keine europaweit einheitliche Aufnahme nötig. "Wir brauchen erstmal ein paar Staaten", sagte Laschet. "Europäische Lösung heißt nicht: alle 27." Und: "Wenn ein Land wie Ungarn sagt, es macht bei dieser Lösung definitiv nicht mit, dann sollten wir es nicht mit Mehrheitsentscheidung zwingen."

Derweil hat der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller gefordert, in Deutschland 2.000 Migranten von dort aufzunehmen. Deutschland solle mit einem entsprechenden "Zeichen der Humanität" vorangehen, sagte der CSU-Politiker am Mittwochabend in der ARD. Müller betonte: "Das sind nicht die Flüchtlinge Griechenlands. Das sind Europas Flüchtlinge." Und daher sehe er auch Europa und die Europäische Union in der Pflicht, sich auf eine Lösung für die Flüchtlingskrise zu einigen.

Österreich und Niederlande lehnen Aufnahme klar ab

Österreich spricht sich unterdessen weiter strikt gegen eine Aufnahme von Migranten aus Moria aus. "Wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir hier nicht Signale ausschicken, die dann eine Kettenreaktion auslösen, der wir vielleicht nicht mehr Herr werden", sagte Außenminister Alexander Schallenberg am Mittwochabend in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB2". Würde das Lager durch Verteilung der Migranten auf europäische Staaten geräumt, wäre es bald wieder voll, sagte der Minister. Sobald die Tür nach Europa einen Spalt offen sei, würden sich sofort viele Migranten auf den Weg machen. Österreich wolle vor Ort in Griechenland Soforthilfe leisten.

Auch die Niederlande wollen keine Flüchtlinge aufnehmen. "Die Niederlande haben immer den Standpunkt vertreten, dass wir keine Menschen übernehmen", sagte die Staatssekretärin im Justizministerium, Ankie Broekers-Knol, dem TV-Sender RTL Nieuws am Mittwoch. Den Haag hatte Griechenland zuvor humanitäre Hilfe zugesagt. "Aber Flüchtlinge zu übernehmen, wie Deutschland das tun will, da ist die Antwort: nein."

Frankreich bot seine Unterstützung an. Das Land sei bereit, sich an der Solidarität zu beteiligen, sagte Regierungssprecher Gabriel Attal in Paris. "Frankreich hat sich nie seiner Verantwortung entzogen", sagte Attal. Nähere Angaben zu der möglichen Unterstützung machte er zunächst nicht. Das britische Innenministerium teilte zunächst mit, man beobachte die Situation in Griechenland und verwies auf die regulären Asyl- und Einreisebestimmungen Großbritanniens.

Hilfsangebote, aber keine Lösung

Mehrere Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen boten indes an, Migranten von den Inseln aufzunehmen und appellierten an Innenminister Horst Seehofer (CSU), den Weg zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen frei zu machen.

Auch die Bundesregierung hat Griechenland Hilfe angeboten. Wie diese Hilfe konkret aussehen wird, soll die griechische Regierung entscheiden. "Unsere Priorität ist jetzt die, dass wir vor Ort Hilfe leisten, im Rahmen dessen, was Griechenland braucht", sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, am Mittwoch in Berlin.

Auf die Frage, ob Seehofer jetzt bereit sei, Ländern und Kommunen, die sich schon länger zur Aufnahme von Geflüchteten aus Moria bereiterklärt hatten, dies zu gestatten, antwortete sein Sprecher: "Die aktuelle Situation stellt uns vor Herausforderungen, aber das ist kein Grund, unsere bisherige Rechtsordnung infrage zu stellen."

Sie sei tief traurig, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter. "Wir stehen mit den Mitgliedstaaten bereit, zu helfen." Priorität habe die Sicherheit jener, die ohne Obdach seien.

Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson schrieb auf Twitter, sie sei in Kontakt mit den griechischen Behörden und habe zugestimmt, den raschen Transfer und die Unterbringung der verbleibenden 400 unbegleiteten Kinder und Jugendlichen auf dem Festland zu finanzieren. Zudem werde ein Schiff gebracht, auf dem besonders verletzliche Migranten – etwa Schwangere und Kinder – untergebracht werden sollten.

Migrationskommissar Margaritis Schinas kündigte für Freitag an, man werde sich mit den griechischen Behörden und UN-Organisationen zusammensetzen, um zu sehen, was die EU-Staaten tun könnten, um die Situation zu mildern. "In ein paar Wochen" werde die Kommission ihren – seit längerem geplanten – Vorschlag für eine neue Asylpolitik vorlegen, sagte der Grieche im ZDF.

EU-Parlamentarier sehen Europa in der Pflicht

Der Grünen-Abgeordnete im Europaparlament Erik Marquardt sagte: "Wenn ich die Bilder sehe, dann glaube ich auch, dass dort das Fundament brennt, auf dem wir zusammenleben." Die Menschen müssten nun dringend von den griechischen Inseln gebracht werden.

Hessens Europaministerin Lucia Puttrich hat sich nachdrücklich gegen Forderungen gewandt, Migranten aufzunehmen. "Dieser Gewaltausbruch einiger darf nicht belohnt werden. Weder durch eine Verlegung in andere europäische Länder noch bei der Dauer oder dem Ergebnis des Asylverfahrens", sagte die CDU-Politikerin der "Bild"-Zeitung. "Die Bilder des brennenden Flüchtlingscamps lassen uns auch fragen, was einige Menschen dazu bringt, ihre sichere Unterkunft in Europa anzuzünden."

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Die Europäische Union solle aber zugleich "alles dafür tun, die Bedingungen in diesen Einrichtungen zu verbessern", sagte Puttrich. "Es ist mit Blick auf europäische Grundrechte eine Schande, wie teilweise mit den Flüchtlingen in den Einrichtungen umgegangen wird."

Tausende Menschen demonstrieren bundesweit

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Marian Wendt will keine Aufnahme der von dem Brand betroffenen Migranten in Deutschland. "Wer Feuer legt und Löschmannschaften angreift, kann nicht nach Deutschland geholt werden", sagte er der Zeitung.

Zahlreiche Menschen hatten bei Demonstrationen in mehreren Bundesländern von der Bundesregierung gefordert, Migranten von dort und von anderen Inseln der Ägäis in der EU und Deutschland aufzunehmen. In Berlin beteiligten sich am Mittwochabend laut Polizei rund 3.000 Menschen, in Hamburg mehr als 1.200 und in Frankfurt am Main 300.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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