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Preisvergleich: Markenartikel sind in Deutschland teurer als im Ausland


Lebensmittelpreise im Ländervergleich
"Sie nehmen das Geld, wo sie es kriegen können"


Aktualisiert am 07.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Supermarktregal mit Süßigkeiten bei Edeka (Symbolbild): Für gewisse Markenartikel bezahlen Kunden in Deutschland deutlich mehr als in Supermärkten der Nachbarländer Frankreich oder Holland.Vergrößern des Bildes
Supermarktregal bei Edeka (Symbolbild): Für gewisse Markenartikel bezahlen Kunden in Deutschland mehr als in Supermärkten der Nachbarländer Frankreich oder Holland. (Quelle: Augst/Eibner-Pressefoto/imago-images-bilder)

Einige Markenprodukte kosten im deutschen Einzelhandel viel mehr als im Ausland. Weshalb? Ein Experte erklärt, warum die Preise langfristig fallen müssen.

Ein Produkt, fünf Preise: Coca-Cola, Milka und Pringles sind beliebte Markenartikel in deutschen Supermarktregalen. Was viele Kunden beim Einkauf nicht wissen: Sie müssen dafür teilweise tiefer in die Tasche greifen als die Menschen in anderen EU-Ländern wie Frankreich, Spanien, den Niederlanden oder auch in Großbritannien.

Darüber berichtete zunächst die "Bild"-Zeitung und zitierte Edeka-Chef Markus Mosa. "Wir Händler werden gezwungen, Markenartikel national einzukaufen, auch wenn das teurer ist und die Verbraucher in Deutschland unnötig belastet", sagte Mosa dem Blatt.

Was er damit meint: Die meisten großen Hersteller wie zum Beispiel Ferrero (Nutella, Hanuta, Duplo) haben ihre Vertriebsstrukturen nach Ländern ausgerichtet – und können so etwa in Portugal andere Preise von den Supermärkten und Händlern verlangen als in Deutschland.

Große Preisunterschiede bei Markenartikeln

Edeka-Chef Mosa moniert: "So halten sie in vielen Märkten die Preise möglichst hoch" – und die Konzerne täten "alles, damit ihre Produkte die Grenzen nicht passieren". Dass der Edeka um die Ecke sein Nutella also einfach beim Ferrero-Ableger in Portugal bestellt, ist nicht ohne Weiteres möglich.

t-online hat den Preischeck gemacht und Markenprodukte von Konzernen wie Barilla, Nestlé, Mondelēz, Kraft Heinz Company, Coca-Cola, Unilever, Procter & Gamble und Kellogg Company im Ländervergleich angeschaut. Dabei zeigte sich, dass Kundinnen und Kunden in Deutschland derzeit tatsächlich für eine Reihe von Markenprodukten mehr bezahlen als in Supermärkten anderer europäischer Länder.

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"Sie nehmen das Geld, wo sie es kriegen können"

Die Unterschiede, das zeigt die Tabelle, sind zum Teil groß. Doch woran liegt das?

Einer, der diese Frage beantworten kann, ist Thomas Roeb. Er ist Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und kennt sich aus mit den Strukturen im Einzelhandel. "Vereinfacht formuliert könnte man sagen: Die Hersteller verlangen so hohe Preise, weil sie es können", sagt er im Gespräch mit t-online.

"Sie nehmen das Geld, wo sie es kriegen können." Die Hersteller würden die Preise unter anderem nach der Kaufkraft und der Markentreue in den jeweiligen Ländern ausrichten. Und da diese in Deutschland höher seien als beispielsweise in Spanien oder Frankreich, müssten die Kunden hierzulande auch mehr zahlen. Roeb: "Salopp könnte man die Haltung der Konzerne so beschreiben: Die machen das schon mit."

"Preissituation war vermutlich lange für Händler und Hersteller attraktiv"

Deutschland ist mit einer Bevölkerung von 83,2 Millionen der größte einzelne Absatzmarkt in der EU. Händler wie Rewe oder Edeka, so könnte man annehmen, dürften damit eigentlich mehr Gewicht bei der Preisverhandlung mit den Herstellern haben.

Roeb kann das Argument nachvollziehen – ist aber dennoch skeptisch. "Die Preissituation war vermutlich lange für beide Seiten attraktiv", sagt er. "Wenn sich der Preis für einen Markenartikel auf einem hohen Niveau einpendelt, sind die Margen zumeist nicht nur für den Hersteller, sondern auch für die Händler attraktiv. Es profitieren beide."

Im Klartext: Es sei gut möglich, dass die Händler in Deutschland durch die höheren Preise an Produkten auch deutlich mehr verdient hätten als Händler in Frankreich oder Spanien. "Wenn ein Artikel für zwei Euro verkauft wird, kann ein Händler leichter 70 Cent daran verdienen als bei einem Verkaufspreis von 1,50 Euro", so Roeb.

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Das Problem dabei: Die Inflation bringt diesen unausgesprochenen Deal ins Wanken. Auch in Deutschland greifen angesichts der steigenden Preise viele Kunden tendenziell eher zur günstigeren Eigenmarke als zum Markenartikel – manche gehen gleich zum Discounter. Das wiederum sei für Händler wie Rewe oder Edeka ein Problem, die ein Interesse daran hätten, dass die Kundinnen und Kunden weiterhin Markenartikel kaufen, an denen sie mehr verdienen können.

"Preise müssen runtergehen"

"Die Händler achten nun vermehrt darauf, günstiger bei den Herstellern einzukaufen, um den Kunden bei den Markenartikeln preislich entgegenkommen zu können", sagt Roeb. Entsprechend hart seien die Verhandlungen mit den Herstellern derzeit – nicht zuletzt, weil die Händler einen Preiswettbewerb untereinander möglichst vermeiden wollten.

Wie das ausgeht, wird sich erst noch zeigen. "Die Markenartikler glauben, sie kommen mit den Preiserhöhungen durch. Die Händler glauben es nicht. Das Ergebnis des Streits wird sich im Markt, an den Konsumentenreaktionen zeigen. Im Moment sieht es eher so aus, als hätten die Händler recht", sagt der Handelsexperte. Das laufe darauf hinaus, dass die Hersteller der Markenartikel preislich nachgeben müssten. Schließlich sei es auch im Interesse der Markenkonzerne, ihre Produkte weiter in Deutschland verkaufen zu können. Seine Prognose: "Langfristig werden die Preise runtergehen müssen, weil es weder im Interesse der Händler noch der Hersteller ist, dass der Preisabstand zwischen dem Eigenmarkt und den Markenartikeln zu groß wird."

Werden Barilla-Nudeln, Pringles-Chips und Coca-Cola-Dosen also bald so billig wie in Frankreich, England und Spanien? Laut Roeb kommt das auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher an. "Solange Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen, gibt es keinen Anlass, Preise zu senken. Aber diese Bereitschaft scheint nicht mehr in der Form gegeben zu sein."

Verwendete Quellen
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