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Pharmakonzern Bayer bekommt neuen Chef – Baumann tritt ab


Nach anhaltender Kritik
Pharmakonzern Bayer bekommt neuen Chef

Von t-online, lw

Aktualisiert am 08.02.2023Lesedauer: 4 Min.
Werner Baumann: Nach 35 Dienstjahren geht er in den Ruhestand.Vergrößern des BildesWerner Baumann: Nach 35 Dienstjahren geht er in den Ruhestand. (Quelle: Malte Ossowski/SVEN SIMON/imago-images-bilder)
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Nach anhaltender Kritik von Investoren nimmt Bayer-Chef Werner Baumann vorzeitig seinen Hut. Ein Nachfolger steht bereits in den Startlöchern.

Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer bekommt einen neuen Chef: Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Werner Baumann geht Ende Mai nach 35 Dienstjahren in den Ruhestand. Zum 1. Juni übernehme US-Ingenieur Bill Anderson den Posten, wie das Unternehmen am Mittwoch in Leverkusen mitteilte.

Der 56-Jährige soll schon im April als Mitglied des Vorstands in das Unternehmen eintreten und dann eng mit Baumann zusammenarbeiten, um einen "reibungslosen Übergang sicherzustellen". "Ich könnte nicht glücklicher sein, heute anzukündigen, dass ich dem Team Bayer als CEO beitrete", postete Anderson auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn.

Die Entscheidung wurde demnach einstimmig vom Aufsichtsrat der Bayer AG gefällt. Das entsprechende "umfassende Auswahlverfahren" lief demnach bereits seit Mitte vergangenen Jahres, heißt es in der Mitteilung. Der 60-jährige Baumann hatte zuvor bereits angekündigt, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen – der eigentlich bis Ende April 2024 gelaufen wäre.

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"Wir freuen uns sehr"

"Wir freuen uns sehr, Bill Anderson als neuen CEO von Bayer begrüßen zu dürfen. Er ist der ideale Kandidat, um Bayer gemeinsam mit dem Team in ein neues, erfolgreiches Kapitel zu führen – und das in einer Zeit, in der sich der Innovationszyklus in der Biologie, Chemie und künstlichen Intelligenz stark verändert", sagte Norbert Winkeljohann, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Bayer AG, laut der Mitteilung.

Anderson habe eine "hervorragende Erfolgsbilanz" beim Aufbau starker Produktpipelines und bei der Umsetzung bahnbrechender biotechnologischer Entwicklungen in Produkte, so Winkeljohann. Darüber hinaus sei er eine "wahrhaft transformative Führungspersönlichkeit", die eine Kultur schaffe, die Innovationen vorantreibe, Produktivität und Leistung steigere und es den Menschen ermögliche, sich zu entfalten, sagte der Aufsichtsratschef.

Chaos um Baumann

Anderson ist ausgebildeter Chemieingenieur und hat in den vergangenen 25 Jahren verschiedene Führungspositionen in der Life-Science-Industrie innegehabt. "Zuletzt war er als CEO der Division Pharma von Roche tätig, wo er erfolgreich ein umfassendes Transformationsprogramm leitete, das zu zahlreichen erfolgreichen Neueinführungen von Produkten, einem erheblichen Umsatzwachstum und einer höheren Produktivität im gesamten Unternehmen führte", schreibt Bayer. Davor war Anderson CEO von Genentech, einem der Pionierunternehmen im Biotech-Bereich.

Die Bayer Aktiengesellschaft mit Sitz in Leverkusen ist ein börsennotierter Chemie- und Pharmakonzern mit insgesamt rund 99.600 Mitarbeitenden. In den vergangenen Jahren hatte es zunehmend Aufruhr um CEO Baumann gegeben, der seit 2016 die Position innehatte. Er stand seit der milliardenschweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto im Jahr 2018 unter Druck.

Mehrere Klagen in den USA

Nach dem Kauf von Monsanto sah sich Bayer mit zahlreichen Klagen konfrontiert, weil dessen Unkrautvernichtungsmittel Roundup bei längerem Gebrauch Krebs verursacht haben soll. Das hatte auch Folgen für den Börsenwert des Unternehmens. Im Juni 2022 scheiterte Bayern in einem wegweisenden Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat mit einem Berufungsantrag beim obersten US-Gericht.

Damals starb für Bayer zunächst die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag im Dauerkonflikt um juristische Altlasten, die der Agrarchemie- und Pharmakonzern sich mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf eingebrockt hatte.

Konkret ging es bei dem Antrag beim Supreme Court um die Überprüfung eines Urteils zugunsten des Klägers Edwin Hardeman, der glyphosathaltige Monsanto-Produkte für seine Krebserkrankung verantwortlich machte. Ihm waren 2019 nach einem Gerichtsprozess letztendlich gut 25 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen worden.

Bayer: Glyphosat verursacht keinen Krebs

Bayer weist vehement zurück, dass Glyphosat Krebs verursacht. Der Konzern argumentiert mit der Zustimmung von Aufsichtsbehörden und Studien, die belegen sollen, dass Unkrautvernichter wie Monsantos umstrittenes Roundup bei vorschriftsgemäßer Anwendung sicher seien.

Bayer hatte große Hoffnung darauf gesetzt, dass der Supreme Court die damalige Entscheidung kippt. Das hätte Signalwirkung für zahlreiche weitere Glyphosat-Klagen in den USA gehabt, von denen für den Dax-Konzern milliardenschwere Rechtsrisiken abhängen.

Doch überraschend kam die Entscheidung des obersten US-Gerichts, den Fall Hardeman nicht anzunehmen, nicht. Die Regierung von Präsident Joe Biden hatte dem Supreme Court bereits davon abgeraten. Das war eine durchaus beachtliche Kehrtwende – unter Vorgänger Donald Trump hatte sich Washington zunächst noch hinter Bayer gestellt.

"Wahrscheinlich krebserregend"

Die vielen Klagen, mit denen Bayer in den USA konfrontiert ist, stützen sich besonders auf eine Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie stufte Monsantos Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen ein.

Die US-Umweltbehörde EPA ist hingegen bislang mit Bayer auf einer Linie, sie hält Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung für sicher. Der Konzern hatte auch vor dem Supreme Court damit argumentiert, dass sein Unkrautvernichter Roundup von der EPA als unbedenklich eingestuft werde und US-Bundesrecht nicht mit einzelstaatlichen Gerichtsentscheidungen kollidieren dürfe.

"Fehlerhafte" Analyse

Doch kurz zuvor war auch das Umweltamt selbst mit seiner Glyphosat-Bewertung rechtlich unter Druck geraten. Die EPA wurde von einem Berufungsgericht angewiesen, die Gesundheitsrisiken erneut zu überprüfen. Die Richter störten sich in ihrem damaligen Urteil besonders daran, wie die EPA begründete, dass Glyphosat nicht krebserregend sei. Die zugrundeliegende Analyse sei "fehlerhaft" und stehe teilweise nicht im Einklang mit den Leitlinien der Behörde.

Der Trubel wirkte sich auch auf die Stimmung von Bayers Investoren aus: Im Frühjahr 2022 forderte einer der größten Aktionäre des Konzerns, der Staatsfonds Temasek aus Singapur, eine Absetzung des Vorstandsvorsitzenden Baumann. Temasek begründete dies "mit Bedenken hinsichtlich der operativen Leistung von Bayer unter Baumann". In Deutschland stieß die Forderung jedoch auf viel Kritik.

Verwendete Quellen
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