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Galeria Karstadt Kaufhof: Sind die Schließungen der Tod der Innenstädte?


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Galeria-Filialen vor dem Aus
Ist das der endgültige Tod der Innenstädte?


Aktualisiert am 14.03.2023Lesedauer: 5 Min.
Der Kaufhof in der Gelsenkirchener Innenstadt ist geschlossen: Dutzende Häuser sind von den Schließungen im Zuge des Insolvenzverfahrens betroffen.Vergrößern des Bildes
Der Kaufhof in der Gelsenkirchener Innenstadt ist geschlossen: Dutzende Häuser sind von den Schließungen im Zuge des Insolvenzverfahrens betroffen. (Quelle: Ingo Otto/imago-images-bilder)
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Das Aus für 52 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof wird sichtbare Spuren hinterlassen – nicht nur im Konzern. Es trifft auch die ohnehin schon leidenden Innenstädte.

Es gleicht einem Beben in Deutschlands Fußgängerzonen: Galeria Karstadt Kaufhof, die letzte große Kaufhauskette des Landes, schließt Dutzende Filialen. Schon wieder.

Nachdem das Unternehmen bereits in der Vergangenheit immer wieder ins Straucheln geraten war, sich die einstigen Konkurrenten Karstadt und Kaufhof 2019 vereinten, um dann 2020 zunächst mehr als 50 Filialen zu schließen, schrumpft das Warenhaus-Imperium nun weiter: Lediglich 77 Standorte sollen offen bleiben, 52 Filialen sollen bis spätestens Januar 2024 schließen.

Was heißt das für die Mitarbeiter des Konzerns? Was wird aus den leer stehenden Immobilien? Und ist das Galeria-Aus erst der Anfang des großen Innenstadtsterbens? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen, die sich Deutschland jetzt stellt.

Welche Galeria-Filialen schließen – und welche bleiben erhalten?

Geschlossen werden sollen jene Filialen, die schon länger als defizitär gelten, also nicht mehr genug Gewinn abwerfen. Das sind vor allem die Zweigstellen, die in kleineren Großstädten stehen, zum Beispiel Leverkusen, oder Häuser, die schon rein äußerlich in die Jahre gekommen sind und auch deshalb weniger Kunden anlocken – etwa der Karstadt am Berliner Leopoldplatz.

Insgesamt sollen 21 Warenhäuser bereits bis zum 30. Juni dieses Jahr schließen. Für weitere 31 Filialen soll Ende Januar 2024 Schluss sein. Die komplette Liste aller Häuser auf der Streichliste des Konzerns finden Sie hier.

77 Filialen sollen geöffnet bleiben. Das sind vor allem jene Häuser in Premiumlagen, wo weiter viel Laufkundschaft zu erwarten ist, also Filialen, die absehbar profitabel sind. Die komplette Liste der Warenhäuser, die weiter geöffnet bleiben, finden Sie hier.

Dabei ist jedoch möglich, dass diese Liste noch länger wird. Denn: Auch bei Sparrunden in der Vergangenheit mussten am Ende nicht alle Karstadt-Kaufhof-Filialen, die auf der Streichliste standen, tatsächlich den Betrieb einstellen. Jetzt könnte es ebenfalls sein, dass der Kaufhauskonzern mit der Liste Druck auf die örtliche Politik, vor allem aber auf die Vermieter der Immobilien ausüben will. Senken diese aus Angst, keinen Nachmieter zu finden, die Miete, könnte es für einige Filialen – wie etwa die Karstadt-Niederlassung in Bremen – womöglich doch noch weitergehen.

Was wird aus den Mitarbeitenden?

Im Zuge des Insolvenzverfahrens des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof werden nach Angaben des Gesamtbetriebsrates mehr als 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Betroffenen erhielten eine Abfindung in Höhe des zweifachen Monats-Brutto-Entgelts, hieß es in einer Erklärung. Ihre Zukunft ist erst einmal ungewiss – was Erinnerungen an die rund 25.000 "Schlecker-Frauen" wach werden lässt.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) setzt darauf, dass möglichst viele Mitarbeitende eine neue Beschäftigung finden. Es gebe die Möglichkeit, eine Transfergesellschaft einzurichten, um die Menschen bei einer beruflichen Neuorientierung zu unterstützen, sagte Heil am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart aber fair". "Ich hätte mir gewünscht, dass man betriebsbedingte Kündigungen vermeiden kann. Wenn das nicht der Fall ist, ist das das richtige Instrument." Auch die Bundesagentur für Arbeit werde mithelfen, dass die Betroffenen Anschluss fänden, so Heil.

Die angekündigten Schließungen lösten bei den Beschäftigten heftige Emotionen aus. "Da sind gestern sehr, sehr viele Tränen geflossen", berichtete Anja Sabrowski, Mitglied des Betriebsrates am Standort in Gelsenkirchen, am Dienstagmorgen im WDR. Als man in einer Telefonkonferenz von den Plänen erfahren habe, sei das "wie ein Schlag in die Magengrube" gewesen. Lesen Sie hier mehr dazu.

Was bedeutet die Galeria-Krise für Deutschlands Innenstädte?

Nichts Gutes, so viel steht fest. Denn die Gebäude, in denen die Galeria-Warenhäuser untergebracht sind, sind bisweilen alt, sehr groß und fungieren vielerorts als sogenannte Anker für die Innenstädte, die Kunden anlocken und auch in angrenzende Geschäfte ziehen sollen.

Stehen diese Immobilien künftig leer, wird es schwierig, eine geeignete Nutzung, geschweige denn einen Mieter zu finden. Mancher spricht bereits vom "Tod der Innenstadt". Andere sind optimistischer und sehen im drohenden Abriss der Gebäude eine Chance für eine neue, andere Form von City-Zentren.

Stefan Genth, Chef des Handelsverbands Deutschland (HDE), gehört zu jenen, die sich sorgen, vor allem um den Einzelhandel selbst. "Seit 2019 haben wir rund 41.000 Geschäfte verloren", sagte er t-online. "Das ist eine dramatische Entwicklung, die Spuren in unseren Innenstädten hinterlässt." Meist sei der Einzelhandel der Grund für den Innenstadtbesuch. Für starke Stadtzentren brauche es daher auch in Zukunft einen starken Einzelhandel. "Kaufhäuser und Einkaufszentren sind hier grundsätzlich von großer Bedeutung, als zentrale Frequenzbringer und Orte der Begegnung", so Genth.

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, ist ebenfalls der Meinung, dass die Schließungen den Städten einiges abverlangten. Doch er hat auch Hoffnung: "Trotz aller Schwierigkeiten wird vielerorts die Entscheidung auch als städtebauliche Chance verstanden", sagte er t-online. Die Städte fingen "nicht bei null" an.

Es gebe schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen könne: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstlerateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehrgenerationenhaus oder Wohngebäude, erklärt Dedy. Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits neu genutzt würden, seien dafür gute Beispiele. "Die Innenstädte werden sich weiter verändern", fügt Dedy hinzu, obgleich das "kein Selbstläufer" sei.

Es brauche Ideen, Planung, Ausdauer, aber auch die nötigen finanziellen Mittel. Notwendig sei etwa, dass die von Galeria-Karstadt-Kaufhof-Schließungen betroffenen Städte auch jetzt noch Förderanträge für Restmittel des 250-Millionen-Programms "Bundesprogramm Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" einreichen können.

Dirk Binding, Handelsexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), betont die Wichtigkeit eines attraktiven Einzelhandelsangebots. Das sei entscheidend für die wirtschaftliche Zukunft der Stadtzentren, sagte er t-online. "Wenn große Vollsortimenthäuser schließen, haben es die umliegenden Einzelhändler erfahrungsgemäß schwerer, die Kunden weiterhin vor Ort zu halten." Jetzt komme es darauf an, dass alle relevanten Akteure – von der Wirtschaft über die Kommunalpolitik bis hin zu den Immobilieneigentümern – gegensteuerten. "Sonst drohen häufig weitere Schließungen und eine Verödung der Innenstadt", warnt Binding.

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Was sind die Pläne für die übrigen Galeria-Häuser?

Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohnaccessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten.

Die Ausgestaltung der einzelnen Häuser und der angebotene Service sollen sehr viel flexibler an die Anforderungen vor Ort angepasst werden, heißt es dem "Handelsblatt" zufolge in Unternehmenskreisen.

Abgesehen von den maximal sieben Filialen in Metropolen, die weiter dem klassischen Warenhauskonzept folgen werden, soll danach für den restlichen Bestand die Pilotfiliale Kassel zum Vorbild werden, die das Warenhaus zu einer Art Marktplatz erweitert, heißt es in dem Bericht. Prägend sei dabei die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern. So gebe es dort im Warenhaus ein städtisches Bürgerbüro, einen Concept-Store, in dem Produkte aus der Region angeboten werden, Paketstationen oder Carsharing-Angebote.

Welche Ketten trifft es als Nächstes?

Das lässt sich konkret nur schwer sagen. Fakt aber ist: Der Druck durch den wachsenden Onlinehandel macht auch anderen Ketten mit großen Verkaufsflächen und damit verbundenen hohen Mieten zu schaffen – und sorgt für ähnliche Entwicklungen wie bei Galeria Karstadt Kaufhof.

So haben jüngst etwa die Elektronikhändler Mediamarkt und Saturn, die ohnehin Teil desselben Konzerns sind, verkündet, dass sie ihre Marken bündeln wollen, was zumindest äußerlich an den Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof erinnert.

Harte Einschnitte dürfte absehbar auch der Modehandel erwarten. In den vergangenen Jahren haben unter anderem die Ketten H&M, C&A sowie Primark bestehende Filialen geschlossen, die Schuhkette Görtz machte die Hälfte ihrer Geschäfte dicht, der Modehändler Orsay gab im vergangenen Jahr gar alle 197 Filialen auf. Und mit dieser Entwicklung dürfte es vorerst weitergehen. So läuft etwa beim Modehändler Peek & Cloppenburg Düsseldorf ein Schutzschirmverfahren, dessen Ausgang noch offen ist.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an den Handelsverband Deutschland
  • Anfrage an den Deutschen Städtetag
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