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Rente – individueller Renteneintritt: "Die CDU fordert Maloche bis zum Tod"


Politiker zum CDU-Vorschlag
Individueller Renteneintritt: "Die CDU fordert Maloche bis zum Tod"


Aktualisiert am 05.12.2020Lesedauer: 4 Min.
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Ältere Frau bei der Arbeit im Hochbeet (Symbolbild): CDU-Fachpolitiker hatten vorgeschlagen, das einheitliche Renteneintrittsalter abzuschaffen. (Quelle: photothek/imago-images-bilder)

CDU-Politiker forderten, das einheitliche Renteneintrittsalter abzuschaffen. Was halten die anderen Parteien davon? t-online hat die Rentenexperten der anderen Fraktionen zu dem radikalen Vorschlag befragt.

Das Wichtigste im Überblick


Vor einigen Tagen sorgten CDU-Politiker mit einem Vorschlag für Aufsehen. Der Bundesfachausschuss Soziale Sicherung und Arbeitswelt der Partei hatte einen Beschluss vorgelegt: Das einheitliche Renteneintrittsalter sollte entfallen – und durch ein individuelles ersetzt werden. Erreicht werden solle das in einem Stufenmodell, in dem es stärkere Anreize für längeres Arbeiten geben soll, etwa in Form höherer Zuschläge.

Wie der individuelle Renteneintritt genau aussehen soll, ließen die Politiker zunächst zwar offen. Wörtlich heißt es in dem Vorschlag nur, dass "die unterschiedlichen sozialen Lebenssituationen sowie die weitere Entwicklung der Lebenserwartung bei den weiteren Überlegungen zu berücksichtigen" seien. Trotzdem sorgt die Idee schon jetzt für Wirbel, wie eine Umfrage unter den übrigen Parteifraktionen im Bundestag ergab.

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SPD

Der rentenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ralf Kapschack, findet die Diskussion um die Rente grundsätzlich gut. "Allgemein freue ich mich, dass beim Thema Rente etwas Bewegung in die CDU gekommen ist", sagte er t-online.

Zum Vorschlag der Arbeitsgruppe, das einheitliche Renteneintrittsalter abzuschaffen, sagte Kapschak: "Verbesserungen beim Übergang vom Berufsleben in die Rente sind so ein Thema. Jede und jeder die können und möchten, sollen gerne über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten." Anreize dafür sollten verbessert werden, wie die CDU dies auch fordert.

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"So ganz durchdacht scheint mir der Vorschlag einer individualisierten Renteneintrittszeit jedoch nicht", sagte er. Der SPD-Politiker befürchtet, dass "am Ende doch wieder alle länger arbeiten sollen". "Das wäre abzulehnen, denn schon jetzt schaffen es jedes Jahr 170.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht, die Regelaltersgrenze zu erreichen."

FDP

Johannes Vogel, Sprecher für Rentenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, lobte die CDU-Idee: "Wenn die CDU signalisiert, über einen flexibleren Renteneintritt nachdenken zu wollen, ist das gut." Die FDP fordere das bereits seit Jahren. "Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass Politiker entscheiden, wann die Menschen in Rente gehen."

Vogel spricht sich für das schwedische Rentenmodell aus. "Dort gilt eine einfache und faire Regel: Wer früher in Rente geht, bekommt weniger, wer später geht, bekommt mehr Rente", sagte er t-online. Das schaffe Anreize für ein längeres Arbeitsleben. Ein flexibler Renteneintritt passe auch besser zu Menschen, die nicht ihr ganzes Leben von einem "starren Zeitschema" abhängig sein wollten.

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Dass der CDU-Vorschlag jedoch zeitnah umgesetzt werde, glaubt Vogel nicht. "Wenn eine politische Mehrheit für einen flexiblen Renteneintritt vorhanden ist, dann gäbe es nichts, was einer solchen Reform im Wege stehen würde", sagte er. "Leider hat die CDU seit Jahren genau hier, bei der Frage echter rentenpolitischer Reformen, fast jede Glaubwürdigkeit verspielt."

So kritisiert der FDP-Mann, die CDU habe noch 2017 einen Vorschlag zum flexiblen Renteneintritt in den Koalitionsverhandlungen strikt abgelehnt. "Ihr Regierungshandeln war in den letzten zwei Wahlperioden auch insgesamt geprägt von der Rückabwicklung wichtiger Reformen", sagte Vogel. "Rentenpolitische Selbsttherapie der Union ist also nötig und wir Freie Demokraten freuen uns am Ende über jeden Mitstreiter beim Einsatz für ein Rentensystem, auf das sich alle Generationen verlassen können."

Die Grünen

Der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Markus Kurth, kritisiert den CDU-Vorschlag scharf. "Eine Abschaffung des Renteneintrittsalters bedeutet in dieser Schlichtheit eine Umverteilung zulasten der Arbeitnehmer", sagte er t-online. "Denn die CDU unterschätzt die Komplexität der Situation von älteren Beschäftigten, wenn sie den Renteneintritt mechanistisch an die Lebenserwartung koppelt. Für viele Menschen in belastenden Berufen und mit gesundheitlichen Einschränkungen wäre dies im Ergebnis eine Rentenkürzung."

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Die große Herausforderung der kommenden Jahre werde es sein, den "differenzierten Folgen des demographischen Wandels mit ebenso differenzierten Antworten gerecht zu werden", so Kurth. Er geht davon aus, dass das Thema längeres Arbeiten noch nicht vom Tisch ist. Wenn sich die Beschäftigungsbedingungen altersgerecht verbessern, "eröffnen sich Chancen für eine unbefangene Diskussion über ein gesünderes und längeres Arbeiten", sagte Kurth.

Die Linke

"Ich lehne den Vorschlag, die Regelaltersgrenze abzuschaffen, rigoros ab", sagte indes Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, t-online. Die Regelaltersgrenze – und die Altersgrenzen für eine vorgezogene, abschlagsfreie Altersrente ab künftig 65 Jahren – seien sehr wichtige "Orientierungsrahmen für die gesetzliche Rente und für die gesamte Lebensplanung der Beschäftigten", so Birkwald.

"Hinter dem Vorschlag aus der CDU verbirgt sich ausschließlich der schlecht verklausulierte Versuch, aus der falschen 'Rente erst ab 67' eine Rente erst ab 69, 70 oder gar 85 zu machen."

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Menschen, die am Ende ihres Arbeitslebens krank oder arbeitslos würden, müssten dann noch höhere Rentenkürzungen als bis dato in Kauf nehmen, kritisiert er. Diese seien mit bis zu 14,4 Prozent aber schon heute viel zu hoch. "Mit anderen Worten: Die CDU fordert Arbeiten bis zum Umfallen oder Maloche bis zum Tode."

"Echte Konzepte oder gesetzliche Initiativen für altersgerechtes Arbeiten oder altersgerechte Arbeitsplätze sucht man bei dieser Bundesregierung und auch bei der kompletten Union vergeblich." Birkwald fordert etwa Weiterbildungsangebote für ältere Arbeitslose. Diese seien "immer noch Mangelware".

AfD

Auch die rentenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Ulrike Schielke-Ziesing, kritisierte den CDU-Vorschlag und seine mögliche Umsetzung. "Im Ergebnis halte ich diesen Vorschlag für zu kompliziert und ungerecht, außerdem für technisch schlecht umsetzbar", sagte sie. "Der Sinn dieser Flexibilisierung soll ja die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sein."

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Unklar bleibe etwa, welche Zeiten als Versicherungszeiten gelten. "Es wird außerdem beispielsweise für Akademiker zu einem sehr späten Rentenbezug kommen, was sicherlich als ungerecht wahrgenommen wird", sagte Schielke-Ziesing.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • "Beschluss zur Rentenpolitik des BFA Soziale Sicherung und Arbeitswelt vom 30. November 2020"
  • Statements von Kapschack, Vogel, Schielke-Ziesing, Birkwald, Kurth
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