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Diesel-Skandal: Die Autohersteller müssen haften – ohne Wenn und Aber


Diesel-Skandal
Die Autohersteller müssen haften – ohne Wenn und Aber


Aktualisiert am 25.09.2018Lesedauer: 3 Min.
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Der Ärger der Autobesitzer: Ein VW Tiguan, unterwegs auf der A 59, mit Protest-Slogan auf der Rückscheibe.Vergrößern des Bildes
Der Ärger der Autobesitzer: Ein VW Tiguan, unterwegs auf der A 59, mit Protest-Slogan auf der Rückscheibe. (Quelle: Wolfgang Rattay/reuters)

Im Streit um Diesel-Nachrüstungen steht mehr auf dem Spiel als die Autokonjunktur: Der Rechtsstaat muss beweisen, dass vor dem Gesetz doch jeder gleich ist.

Am kommenden Montag will die Bundesregierung entscheiden, wie es mit den 15 Millionen Dieselfahrzeugen in Deutschland weiter gehen soll. Sollen auch ältere Modelle technisch nachgerüstet, also umgebaut und mit Katalysatoren bestückt werden? Oder reicht doch neue Software aus, um möglichst viele dieser Autos auch weiter in den Innenstädten dulden zu können? Wenn nachgerüstet wird, auf wessen Kosten passiert das? Wären Abwrackprämien für Großstädter sinnvoller?

Es sieht so aus, als werde sich die Bundesregierung nun doch für Nachrüstungen und Prämien aussprechen. Und es sieht so aus, dass sich die Politik an den Kosten zumindest beteiligen wird. Das ist ein Fehler.

Die Politik will die Pendler nicht verprellen

Die Autoindustrie gilt immer noch als Schlüsselbranche für den Standort Deutschland. Geht es den Herstellern von Volkswagen, BMW oder Mercedes schlecht, bekommt auch ein großer Teil des deutschen Mittelstandes in der Zulieferindustrie Probleme. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen unmittelbar oder mittelbar an der Autokonjunktur. Das ist der Grund, weshalb Bundeskanzlerin und Verkehrsminister vorsichtig sind, wenn es um die Versäumnisse der Autoindustrie geht. Das ist auch der Grund, warum sie möglicherweise mitbezahlen werden.

Dazu kommt: In Hessen und Bayern werden in wenigen Wochen neue Landtage gewählt. Frankfurt und München aber sind Metropolen mit besonders vielen Einpendlern, die weite Wege haben. Je länger die Strecke ist, desto häufiger sitzen diese Pendler in einem Diesel-Pkw, desto wahrscheinlicher wären sie von einem Farbverbot oder einer teuren Nachrüstung betroffen. Auch das ist ein Motiv, warum die Bundesregierung den Autokonzernen und den Autofahrern entgegenkommen könnte. Man möchte keinen neuen Stoff für Politikverdrossenheit.

Autohersteller spekulieren auf wachsende Verkäufe

Bisher hatte sich Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegen technische Nachrüstungen gesträubt. Er hatte sich die Position der Autokonzerne zu eigen gemacht, wonach die Umrüstung zu teuer, zu unsicher und möglicherweise für die Motoren der betroffenen Autos schädlich sei. Das Kalkül der Industrie: Wenn die alten Dieselautos nicht mehr in die Innenstädte fahren dürfen, entscheiden sich deren Eigentümer schneller für ein neues Auto. Statt teurer Nachrüstung auf eigene Kosten wäre so ein schönes Verkaufsförderprogramm entstanden, bezahlt vom Verbraucher selbst.

Nun aber bröckelt die Front bei den Konservativen. Nach einer Entscheidung des Wiesbadener Verwaltungsgerichtes drohen schon in wenigen Wochen in der Frankfurter Innenstadt umfangreiche Sperrungen für Diesel-Autos. Ein Viertel der in Frankfurt zugelassenen Autos wäre davon betroffen, außerdem viele der rund 250.000 Autopendler, die jeden Tag zur Arbeit in die Metropole fahren. Kein Wunder, dass bei den Landtagswahlkämpfern die Bereitschaft zu helfen besonders schnell wächst.

Die Autohersteller müssen haften – ohne wenn und aber

Dennoch ist es falsch – jedenfalls, wenn es um die Motoren geht, deren Hersteller aktiv und wissentlich betrogen haben. Jedem Verkehrssünder ist klar, dass er für seine Fehler haften muss, jeder Handwerker zahlt, wenn er seinen Kunden Pfusch geliefert hat. Diese Haftung aber wird für die Autohersteller und ihre Eigentümer, die Aktionäre, ausgesetzt, wenn sich der Staat jetzt an den Nachrüstungen oder an Abwrackprämien für alte Diesel-Autos beteiligt.

Die Autokonzerne machen immer noch fürstliche Gewinne. Es ist kaum vermittelbar, dass am Ende der Steuerzahler – ähnlich wie in der Finanzkrise für die Banken – die Boni der Manager, die Dividenden der Aktionäre und dazu noch ein Konjunkturprogramm für die Branche bezahlen soll. Auch, wenn über zwölf Millionen Menschen in Deutschland täglich im Auto zur Arbeit fahren, und viele von ihnen von einer neuen Diesel-Subvention des Staates profitieren würden, lässt sich ein solches Programm nicht rechtfertigen. Hier geht es nicht um ein oder zwei Milliarden Euro aus der Staatskasse. Hier geht es um den Grundsatz, dass vor dem Gesetz jeder Bürger gleich ist: egal, ob er Vorstandsvorsitzender oder Installateur ist.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. In ihrem Buch „Regierung ohne Volk. Warum unser politisches System nicht mehr funktioniert.“ schreibt sie über die Probleme der deutschen Politik.

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